III.


Der bedeutete Cardinal-Tod.

[9] Der Tod ist eine Mißgeburt / welche der Satan mit der Sünden / als einer Mutter unserer Sterblichkeit / gezeugt / und in die Welt gebracht. Darum freuet sich Jener / so offt dieser sein Sohn / der Tod / einem Menschen das Hertz abstosst. Sonderlich aber giebt er gar merckliche Freuden-Zeichen von sich / wann grosse Leute sterben / durch allerley Erscheinungen /oder Gepolter / oder Stürme / und dergleichen: gleichwie die Menschen / über die Niederlage eines überwundenen Feindes / mit Stück-schiessen / und Feuerwercken / zu triumphiren pflegen. Dergleichen hat er auch gethan / bey dem tödtlichen Abtritt deß Cardinals von Lothringen.

Als Heinrich / der Vierdte / König von Franckreich / welcher / durch seine sieghaffte Waffen / den Ruhm-Namen deß Grossen erworben / sich / im Jahr 1574 /zu Avignon, samt der Königinn / Catharina von Medices, befand; begab sich Diese / am Abend deß 23sten Christmonats / etwas zeitiger / dann sonst ihre Gewonheit war / zur Ruhe; wünschte derhalben denen fürnehmen Personen / welche damals um Sie waren /gute Nacht; nemlich dem Könige von Navarra / dem Ertzbischof von Lyon / denen Damens de Rets, de Lignerales,[9] und de Sauves. Bald darauff legte sie ihr Haupt auff ein Kopff-Küssen / die Hand aber vors Gesicht / und rieff den Umstehenden zu / mit einem hefftigen Geschrey / sie sollten Ihr zu Hülffe kommen; denn der Cardinal von Lothringen (welcher damals tödtlich zu Bette lag) stünde zu den Füssen ihres Bettes / wollte näher kommen / und streckte die Hände nach Ihr aus. Sie schrie auch hernach zum öfftern: Monsieur le Cardinal! je n'ay, que faire de vous! Herr Cardinal! Ich habe mit Euch nichts zu schaffen!

Gleich um selbige Zeit / schickte der König von Navarra Einen seiner Edelleute nach dem Hause deß Cardinals; und empfieng von dannen die Nachricht /der Cardinal wäre eben damals verschieden.

Diese Geschicht beglaubt der Herr von Aubigné aus dem Munde vorbenannter Damen / welche ihm die Gewißheit derselben bestetigt haben.

Man hat gleichfalls dieses / für ein Zeichen deß Todes selbigen Cardinals / auffgenommen / daß eben zu der Zeit / plötzlich ein so erschreckliches Gewitter entstanden / dergleichen / bey Menschen-Gedencken /nicht erhört worden. Ein Sturmwind / oder viemehr Windsbraut / mit grausamen Donnern und Blitzen vermengt / tobte gewaltiglich / also gar / daß / an manchen Orten / sonderlich aber in dem Hause / da er verblichen / Etwas / welches viel hefftiger und ungestümer / als der Wind / die Kegel und Fenster wegriß / und in die Lufft empor raffte.1

Fußnoten

1 Histoire Univers. du Sieur d' Aubigné, T. 1. L. 2. C. 12. l' an. 1574.


Quelle:
Francisci, Erasmus: Der Höllische Proteus, oder Tausendkünstige Versteller [...]. Nürnberg 1690, S. 9-10.
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