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[529] Die ersten Wochen vergingen den beiden Kolonisten in einer Tätigkeit, welche sie alle Abende bis zum Tod ermüdet auf das Lager warf, langsam setzten sie sich an dem Ort fest. Karl wurde gleich am nächsten Tage als Amtmann eingeführt und ergriff mit fester Hand, was von Zügeln auf dem Gut noch vorhanden war. Den Haushalt und die Küche übergab Anton einer rüstigen Frau, die er in einem deutschen Dorf der Nachbarschaft warb, sie besorgte die einfache Kost der Schloßbewohner und der Knechte. Die schwerste Aufgabe war, mit dem Dorfe in ein erträgliches Verhältnis zu kommen. Der ruhigen Festigkeit Antons gelang wenigstens, den Ausbruch der Opposition zu verhindern; eine seiner ersten Maßregeln war, daß er bei den Behörden auf Ablösung der gegenseitigen Verpflichtungen antrug. Karls Reitermantel zog einige gediente Männer zu ihm hin, und durch sie, die[529] Weltleute im Dorf, erlangten die Ansiedler einigen Einfluß auch auf die andern. Zuletzt erboten sich mehrere freiwillig, auf dem Schloß zu dienen oder im Taglohn zu arbeiten.

Anton hatte an die Baronin geschrieben und ihr den Zustand des Gutes, die unfreundliche Umgebung und seine Bedenken gegen eine Übersiedelung der Familie in diesem Winter nicht verschwiegen. Er hatte gefragt, ob sie nicht vorziehen würden, bis zum Frühjahr in der Hauptstadt zu bleiben. Als Antwort kam ein Brief Lenorens, worin sie ihm im Auftrag ihrer Eltern anzeigte, daß sie doch an ihrem Entschluß festhielten, die Stadt zu verlassen, wo dem Vater und ihnen selbst der Aufenthalt peinlich sei. Sie bat ihn, das Schloß soviel als möglich in wohnlichen Stand zu setzen. Anton rief seinen Getreuen zu: »Sie kommen doch.«

»Alle Wetter!« sagte Karl, »es ist ein Glück, daß wir uns nach den Handwerkern erkundigt haben, Maurer, Tischler, Schlosser, Töpfer, Glaser. Wenn's Ihnen recht ist, schicke ich auf der Stelle einen Boten nach Rosmin. Wenn ich nur diesen schändlichen braunen Ölanstrich von den Türen losmachen könnte, er verdeckt das schöne Eichenholz. Aber Lauge nutzt nichts. – Also wieviel Öfen brauchen wir?«

So begann eine eifrige Beratung. »Den ganzen Unterstock lassen wir unausgebaut«, sagte Anton, »die Fenster verschlagen wir mit dicken Brettern, nur an die Türöffnung der Vorhalle machen wir eine starke Tür, weil man dort alle Stunden vorüber muß. Wie die Wände jetzt sind, können sie nicht bleiben, und wir haben hier niemanden, als den Maurer von Rosmin.«

»Wenn die Sache so ist«, sagte Karl, »so schlage ich vor, daß wir die Stuben selbst malen, ich bin ein Daus im Marmorieren.«

»Du wärst's imstande«, erwiderte Anton, mit einiger Besorgnis auf seinen Getreuen blickend. »Nein, wir lassen alle Stuben mit gleicher Farbe streichen; was meinst du zu Braun?«

»Hm, hm, nicht übel«, sagte Karl.

»Ich weiß, Fräulein Lenore liebt diese Farbe vor andern. Es muß aber nicht zu dunkel sein, sondern eine helle Mischung aus Gelb, Grau, Rot und Grün, vielleicht etwas Schwarz.«

»Aha«, sagte Karl verdutzt, »so eine gewisse Farbe.«

»Natürlich«, fuhr Anton eifrig fort und rückte seinen Stuhl näher, »wir wollen dem Tüncher die Farbe selbst mischen.«[530]

»Das ist mein Fall«, stimmte Karl bei, »aber ich sage Ihnen im voraus, diese Kalkfarben sind Racker: Sie streichen Blau auf, und den andern Tag ist's Weiß, Sie haben das schönste Orange im Pinsel, und wenn es an der Wand getrocknet ist, sieht's aus wie vergilbte Wäsche.«

»Im Vertraun gesagt«, erwiderte Anton, »wir werden's den Damen doch nicht recht machen, also denke ich, wir richten's so ein, daß es billig ist und erträglich aussieht.«

Am nächsten Tag begann im Hause das Hämmern und Streichen. Im unteren Stock schlug der Tischler mit seinen Gesellen die Werkstatt auf, im oberen fuhr der große Pinsel des Tünchers unermüdlich über die Wände, und weißliche Gestalten mit großen Schürzen trugen die Kalkgefäße treppauf treppab. Karl war in dieser ganzen Zeit wie ein Mann mit zehn Armen, sooft er sich von der Wirtschaft frei machen konnte, strich er mit jeder Art Pinsel auf Holz und Wände, er lief mit einem Zollstock herum, schlug Nägel und Gardinenhaken ein und war im nächsten Augenblick wieder auf dem Felde und im Pferdestall, überall pfiff er seine Soldatenlieder und trieb die Arbeiter an. Als die Einrichtung des Hauses fortschritt, wurde der Verschönerungstrieb in ihm immer mächtiger. Er hatte einige Zentner Ölfarbe eingekauft, die er vorzüglich fand, und eine große Virtuosität im Malen entwickelt. Jetzt wagte er sich daran, einer Anzahl Gegenstände, welche ihm zum Anstreichen geeignet schienen, das Aussehen von feinem gemaserten Holz zu geben, und es gelang ihm mit Hilfe eines Federbarts und weicher Pinsel, große Wirkungen hervorzubringen. Er trug den Pinsel und seine Verschönerungen sogar auf den Wirtschaftshof und bat Anton so lange, bis dieser in einen Abputz der Lehmwände willigte. »Bei diesem Wetter trocknet es wie im Sommer«, sagte Karl; »die Strohdächer kann ich nicht überstreichen, das ist mein einziger Kummer.« Dagegen ließ er sich nicht nehmen, zwei neue Kartoffelwagen, die alte Feuertonne und die besten Pflüge mit schöner blauer Ölfarbe zu überziehen. »Es muß in diesem Hofe doch etwas sein, woran sich das Auge erfreut«, sagte er entschuldigend. »Und es bezahlt sich, denn diese Polen hier gehen mit allem, was bunte Farbe hat, besser um.«

Das Schloß war notdürftig eingerichtet, an einem kalten Dezembertage[531] wurde die Ankunft der Gutsherrschaft erwartet. Der Himmel selbst war den Wünschen Karls zu Hilfe gekommen, er hatte sein reines Weiß über die Erde gezogen und vieles Unschöne dem Auge der Ankommenden verhüllt. Der Schnee lag auf Anger und Sand, die Gipfel der Kiefern waren mit weißen Kronen geschmückt, und an den blätterlosen Bäumen blitzten die Zweige von prächtigen Eiskristallen. Die häßlichen Strohdächer der Dorfhäuser waren weiß übermalt, auf dem zerbrochenen Brückengeländer lag die Farbe aus den Wolken wie gefrorner Schaum; am Schloß trug jeder Vorsprung der Mauer, die Zinne des Turmes, der First des Daches eine weiße Festkappe, und kräftig stachen die braunroten Mauern davon ab. Es war für die im Schlosse ein Tag voll Geschäftigkeit und Erwartung. Wagen mit Möbeln und Hausrat wurden abgepackt und alles, so gut es in der Eile ging, aufgestellt. Die Schaffnerin und die Frau des Vogts wanden große Girlanden von Waldzweigen und schmückten die Vorhalle und die Stubentüren. Jetzt ging die Sonne unter, und die Silberfarbe in der Landschaft verwandelte sich in Goldglanz, dann in ein mattes Rot, bis auch dieser Schimmer verblich und der heraufsteigende Mond Flur und Wald mit geisterhaftem bläulichem Schein überzog. Im Hause wurden einige Wandlampen angezündet, in den Zimmern soviel Lichter als möglich aufgestellt, in allen Öfen brannte das Feuer, und die behaglich erwärmten Zimmer füllten sich mit dem kräftigen Harzgeruch der Waldzweige. Nach vielen Versuchen hatte Anton die braune Wandfarbe gefunden, nach der sein Herz strebte. Die bunten Gardinen waren heruntergelassen, und die geöffnete Zimmerreihe sah bei dem Glanz der Lichter heut so wohnlich aus, daß Anton erstaunt frug, wie die Arbeit weniger Wochen eine so große Veränderung hervorgebracht habe. Karl hatte auf beiden Seiten des Schlosses Pechpfannen aufgestellt, ihr loderndes Licht fiel grell auf den Schnee und färbte in weitem Umkreise die Mauern des Hauses mit warmem Rot.

Unten in der Vorhalle versammelten sich die Würdenträger des Gutes. Der Förster mit einem neuen grünen Rock, auf seiner Brust die Denkzeichen der Kriegsjahre, einen Hirschfänger an der Seite, stand in kriegerischer Haltung neben dem Vogt und dem Schäfer. Die Schaffnerin und die Frau des Vogts hatten ihre[532] besten Bänder an die Hauben gesteckt und trippelten in unruhiger Erwartung um die Männer herum. Auch Karl trat in seinem Frack zu ihnen. Unterdes schritt Anton noch einmal durch die Zimmer und horchte nach dem Peitschenschlag, der ihm aus der Ferne die Ankunft des Gutsherrn verkünden sollte. Ihm pochte das Herz, auch für ihn sollte mit dem heutigen Tage eine neue Zeit beginnen. So reich an Entbehrungen das Leben der Ansiedler bis heut auch gewesen war, er und sein Gefährte hatten sich als Herren des Schlosses gefühlt, sie hatten in dem stündlichen Verkehr auch sorgenvolle Stunden leicht überwunden. Jetzt war Karl nach dem Wirtschaftshof hinübergezogen, er selbst sollte nach dem Wunsch der Baronin in einem Zimmer des Schlosses bleiben, dadurch kam er mit der Familie in tägliche Verbindung, und er frug sich, wie diese sein werde. Der Freiherr selbst war ihm fast ganz fremd, nur auf Augenblicke hatte er ihn gesprochen; im Krankenzimmer unter großen Schmerzen hatte der Leidende die Vollmacht für ihn unterschrieben. Seine Tätigkeit und seine Person, wie würden sie dem Freiherrn gefallen? Und dieser Mann war blind. Ja blind. Lenore hatte geschrieben, daß der Arzt keine Hoffnung habe, den geblendeten Augen des Vaters die Sehkraft wiederzugeben. Aus Schonung hatte man dem Freiherrn dies Furchtbare verborgen, er selbst tröstete sich in seiner Finsternis noch immer mit der Hoffnung, daß die Zeit und eine geschickte Hand entfernen würden, was wie eine schwarze Wolke über seinem Auge lag. Seinem Vertrauten hatte Anton die Wahrheit nicht verborgen, auch den Gutsleuten hatte er sagen müssen, daß der Herr gegenwärtig an den Augen leide und eine Binde darüber trage. Und auf den Gesichtern von allen hatte er gelesen, wie sehr sie verstanden, daß es ein Unglück sei, wenn dem Gut das Auge des Herrn fehle. – Und wieder schlug sein Herz unruhig, wenn er an Lenore dachte, neben der er jetzt als Hausgenosse leben sollte. Wie würde ihr und der Mutter Benehmen gegen ihn sein? Er nahm sich vor, sorgfältig alles zu unterdrücken, was er in dieser Stunde für eiteln Anspruch hielt, er wollte sich gleich im Anfange so zu ihnen stellen, daß sie sein Selbstgefühl nicht demütigen konnten. Und doch frug er sich, ob sie ihn als Vertrauten und ebenbürtigen Gesellschafter behandeln würden, oder ob sie ihm fühlbar machen könnten, daß er Kost und Sold von ihnen als der[533] Herrschaft erhalte. Vergebens sagte er sich, daß sein eigenes Zartgefühl gerade dies letztere fordern müsse. Immer wieder stiegen Traumbilder in ihm auf, wie reizend das Zusammenleben mit Lenore für ihn werden könne.

Von dem Dorfe knallten die Peitschen der Knechte, in zwei Wagen fuhr die Herrschaft an ihrem Schlosse vor. Um die Pechpfannen standen die Leute vom Hofe, der Schenkwirt und einige aus dem Dorfe. Diensteifrig öffnete der Vogt das Fenster des geschlossenen Wagens. Und als Lenore ausstieg und ihr Gesicht von dem hellen Licht beschienen wurde, drängten sich die Frauen näher heran, die Männer brachen in lauten Zuruf aus, alles sah erwartungsvoll in den Wagen. Aber die Bereitwilligkeit der Leute, den Gruß des Willkommens entgegenzubringen, wurde durch keinen freundlichen Gegengruß ermuntert. Mühsam wurde der Freiherr aus dem Wagen gehoben, mit gesenktem Haupt schritt er, von der Tochter und dem Bedienten gestützt, die Treppe hinauf. Das bleiche Antlitz der Baronin hinter ihm hatte nur einen stummen Blick für die Beamten ihres Gutes, nur einen kurzen Gruß auch für Anton, der voranschritt, sie in die eingerichteten Zimmer zu führen. »Das ist ja alles sehr schön, Herr Wohlfart«, sagte sie zu Anton mit zuckenden Lippen, und als Anton stehenblieb, um ihre ersten Aufträge zu erwarten, verabschiedete sie ihn mit einer leichten Bewegung der Hand und mit den Worten: »Ich danke.« Als sich hinter ihm die Tür geschlossen hatte, stand der Freiherr hilflos zusammengesunken in der fremden Stube, die Baronin brach in lautes Weinen aus. Lenore lehnte am Fenster, sie blickte hinaus in den weißen Winter und auf den schwarzen Rand am Horizont, und große Tränen rollten an ihren Wangen herunter. Mit schwerem Herzen trat Anton unter die Leute und sagte ihnen, daß die Herrschaft von der Reise angegriffen sei und die einzelnen erst morgen sprechen wolle. Karl ließ die Wagen abladen, führte die alte Köchin, welche weinte wie ihre Herrschaft, in das Souterrain und zeigte ihr ihre Küche. Niemand von der Familie wurde an dem Abend weiter gesehen. Bald verschwand das Licht in den Zimmern, nur vor den Türen des finstern Hauses loderte noch das Pech in den Pfannen, in dem Zugwind fuhr die rote Flamme hin und her, und eine rußige Wolke zog hinauf an das Fenster, wo der Freiherr sein[534] Haupt mit den Händen verbarg.

So war der Einzug der Familie in das neue Gut.

»Wie hübsch Wohlfart alles eingerichtet hat«, sagte Lenore am andern Tage zur Mutter.

»Diese hohen Räume sind fürchterlich«, erwiderte die Baronin und wickelte sich schauernd in ihr Tuch, »und das einförmige Braun der Zimmerdecke macht die Wohnung noch öder.«

»Es wird Zeit sein, ihn herüberzubitten«, drängte Lenore kleinlaut.

»Noch ist der Vater nicht in der Stimmung, ihn zu sprechen.«

»Laß den Vater nicht allein mit Wohlfart«, bat die Tochter. »Es wäre schrecklich, wenn der Vater ihn unfreundlich behandelte.«

Die Baronin seufzte. »Wir werden uns gewöhnen müssen, gegen einen Fremden in unserem Hause Regards zu beobachten, die den Vater, wie uns, Überwindung kosten.«

»Wie willst du es mit der Hausordnung halten?« frug Lenore wieder, »Wohlfart wird doch mit uns essen?« – »Das ist unmöglich«, sagte die Baronin fest. »Du weißt, wie traurig unser Mittagstisch vergeht; dein Vater ist noch nicht so ruhig, daß er die tägliche Anwesenheit eines Fremden ertragen könnte.«

»So soll er an den Tisch der Dienstleute?« frug Lenore bitter.

»Ihm wird auf seinem Zimmer gedeckt werden, wir werden ihn alle Sonntage herüberbitten, und wenn seine Person dem Vater leidlich wird, auch manchmal des Abends. Mehr wäre für alle Teile eine Last. Es ist gut, sich gleich im Anfang eine bequeme Freiheit zu reservieren. Der Zustand des Vaters wird das entschuldigen.«

Sie klingelte, Anton wurde herübergeladen. Dem Eintretenden ging Lenore entgegen, sie reichte ihm schweigend mit nassen Augen die Hand. Auch er war bewegt, als er die Spuren des Grams im Gesicht der Mutter sah. Die Baronin bat ihn, Platz zu nehmen, und drückte ihm in gewählten Worten ihren Dank für seine treue Sorge aus. Sie ließ sich von ihm erzählen, was er im Schlosse eingerichtet hatte, sie lobte alles in wohltuender Weise und besprach mit ihm die Einrichtung des Haushalts. Sie zog ihn dabei zu Rate, wie einen Freund, und ließ ihn selbst vorschlagen, was sie von ihm wollte. Dann fuhr sie fort: »Mein Mann wünscht Sie zu sprechen. Ich bitte Sie herzlich, in jeder Stunde daran zu denken, daß[535] der Freiherr ein Kranker ist. Er hat furchtbar gelitten, seine Seele, wie sein Körper. Noch jetzt ist er keinen Tag ohne Schmerzen, und das Ungewohnte seines hilflosen Zustandes peinigt ihn unaufhörlich. Wir selbst vermeiden sorgfältig, was ihn aufregen kann, und doch vermögen wir nicht Stunden, ja Tage finsterer Verstimmung von ihm fernzuhalten. Auch Sie werden Nachsicht üben, wenn seine düstere Laune Sie unangenehm berührt. Die Zeit soll ja alles heilen, ich hoffe, sie wird auch ihm den Frieden wiedergeben.«

Anton versprach ihr jede Vorsicht.

»Mein Mann wird natürlich wünschen, von allem in Kenntnis gesetzt zu werden, was dem Gutsherrn zur Entscheidung vorgelegt wird. Es ist begreiflich, daß er gerade jetzt in seinen ruhigen Stunden mit einem gewissen Eifer darauf besteht, seine eigene Ansicht geltend zu machen. Und doch bangt mir vor jedem unangenehmen Eindruck, der ihm von außen kommt. Deshalb bitte ich, wenn Sie ihm etwas Wichtiges mitzuteilen haben, suchen Sie es vorher mir begreiflich zu machen, vielleicht gelingt mir, Ihnen manche lästige Stunde zu ersparen. Ich werde meinen Schreibtisch in eines der Zimmer tragen lassen, welche Ihrer Wohnung am nächsten sind, ich will jeden Morgen einige Stunden dort zubringen. Lenore ist der Privatsekretär des Vaters geworden. So wird es möglich sein, Ihnen Ihre Stellung in unserem Hause weniger unangenehm zu machen. – Haben Sie die Güte, mich hier zu erwarten, ich gehe, Ihren Besuch dem Freiherrn anzukündigen.«

Die Baronin verließ das Zimmer, Anton sah ernst vor sich nieder. Lenore eilte auf ihn zu und rief so heiter, als sie vermochte: »Alles braun, Wohlfart, wir Braunen wollen auch hier treu zusammenhalten. Es ist Ihnen nicht recht, daß wir hergekommen sind, Sie ungalanter Herr.«

»Nur um Ihretwillen«, erwiderte Anton und wies auf die Schneefläche draußen. »Wenn ich durch die Felder ging, habe ich immer gedacht, wie einsam es Ihnen hier werden muß. Wenn ich des Abends durch die großen Stuben schritt, da sorgte ich, wie langsam Ihnen der Tag hier vergehen wird. Die Kreisstadt ist über zwei Meilen entfernt, auch dort werden Sie wenig finden, die kleine Leihbibliothek ist für Sie gar nicht zu brauchen.«[536]

»Ich will zeichnen«, sagte Lenore, »ich will Frauenarbeit machen. Ach, das wird mir sauer werden, Herr Wohlfart, ich bin darin sehr ungeschickt. Ich selbst mache mir nichts aus Kragen und Spitzen, aber Mama, die gewöhnt ist, das alles so reichlich und in Ordnung zu haben. Ach, was mir Mama leid tut.«

Anton versuchte zu trösten.

»Wir mußten fort aus der Hauptstadt«, rief Lenore, »es wäre unser aller Untergang gewesen, wenn wir in der schrecklichen Umgebung geblieben wären. Unser Gut unter fremder Verwaltung, überall verlegene und kalte Gesichter, überall falsche Freunde, gleißende Worte und ein Bedauern, welches das Herz empört. Mir ist wohl, daß wir hier allein sind. Und wenn ich hier frieren und hungern muß, ich will alles lieber ertragen, als das Achselzucken der Frau von Werner und ihrer Kinder. Ich habe die Menschen hassen gelernt«, rief sie heftig. – »Wenn Sie bei Papa gewesen sind, komme ich herunter, dann müssen Sie mir das Haus, den Hof und das Dorf zeigen; ich will sehn, wo mein armer Pony steht, und wie die Leute hier aussehn.«

Die Baronin kam zurück und führte Anton in das Zimmer ihres Gemahls. Verlegen und unbehilflich erhob sich der Freiherr aus seinem Sessel. Als Anton das verfallene Gesicht, die gebeugte Haltung und die schwarze Binde über den Augen sah, fühlte er ein tiefes Bedauern mit dem Unglücklichen. Mit warmem Gefühl sprach er aus, wieviel guten Willen er habe, ihm zu dienen, und wie er um Nachsicht bitte, wenn er in dieser Zeit etwas nicht recht gemacht. Darauf erzählte er ihm noch einmal, wie er die Wirtschaft gefunden, und was bis jetzt geschehen war.

Der Freiherr hörte schweigend den Bericht an, nur kurze Bemerkungen kamen aus seinem Munde. Als Anton aber anfing, von den übrigen Geschäften des Freiherrn zu sprechen, als er mit der größten Rücksicht, aber doch mit der Bestimmtheit eines Geschäftsmannes von den Verpflichtungen sprach, die der Freiherr jetzt hatte, und von den unzureichenden Mitteln, sie zu erfüllen: da wand der Edelmann sich auf seinem Stuhl, wie ein Angeklagter unter der Folter. Und Anton empfand, während er sprach, wie peinlich es für ihn war, als ein Fremder in die geheimsten Angelegenheiten des Freiherrn eingeweiht zu sein, als ein Fremder, der den andern sehr schonte, aber bei jeder vorsichtigen Wendung[537] verriet, daß er schonen mußte. Die Baronin, welche hinter dem Sessel stand, sah immer ängstlicher auf die Versuche ihres Gemahls, seine Aufregung zu bemeistern, endlich winkte sie heftig mit der Hand, und Anton mußte mitten in seinem Bericht abbrechen.

Als er das Zimmer verließ, warf sich der Freiherr zornig zu seiner Frau zurück und rief in innerster Seele empört: »Ihr habt mir einen Vormund gesetzt.« Er war ganz außer sich, und vergebens suchte ihn die Baronin zu beruhigen.

Das war der Eintritt Antons in die Familie.

Auch er ging traurig in sein Zimmer zurück. In diesen ersten Stunden erkannte er, daß zwischen ihm und dem Freiherrn sich schwerlich ein gutes Verhältnis bilden werde. Er war in allen Geschäften an schnelles Verständnis der Beteiligten und an kurze Behandlung gewöhnt und sollte jetzt durch den Mund der Frauen vielleicht nach langen Auseinandersetzungen unzweckmäßigen Entscheid erhalten. Auch seine Stellung zu den Frauen erschien ihm unsicher. Die Baronin hatte ihn sehr rücksichtsvoll behandelt, aber als einen Fremden. Auch sie, so fürchtete er, würde ihm eine vornehme Dame bleiben, die grade so viel Vertrauen zuteilt, als ihr nützlich scheint, und jedes nähere Verhältnis durch artige Kälte von sich abzuhalten weiß. Selbst Lenorens freundliche Stimme vermochte ihn nicht aufzurichten. Beide schritten durch den Hof, nachdenkend, wie zwei Geschäftsleute, die nur die Absicht haben, das Gut zu taxieren.

Wie in den ersten Tagen, ging für Anton das Leben auf dem Gute durch einige Monate fort, ernsthaft, einförmig, nicht ohne Zwang. Er arbeitete und aß allein auf seinem Zimmer, schweigend trug der alte Diener die Speisen auf und wieder ab. Auch wenn er als geladener Gast mit der Familie zusammenkam, war die Unterhaltung wenig erfreulich. Der Freiherr saß wie ein Eisklumpen und störte jedes Aufleben eines lebhaften Gesprächs. Früher hatte Anton die Umgebung der Familie, die Einrichtung ihres Salons, die elegante Dekoration ihres Hauses gern bewundert. Jetzt standen dieselben Möbel in den Besuchszimmern, die kleinen Vögel der Baronin hatten unter sorgfältigem Schutz die Winterreise überstanden, es waren dieselben Teppiche, Stickereien, dasselbe Parfüm der Zimmer. Aber jetzt, wo er die fremden[538] Vögel täglich sah, kamen sie ihm langweilig vor, und an den Stuben war ihm bald nichts interessant, als daß er selbst die erste Einrichtung besorgt hatte.

Anton hatte einen tiefen Respekt vor dem gewandten Ton, der leichten Unterhaltung und den geschliffenen Formen des Umgangs in die Familie mitgebracht. Gedrückt, verstimmt und niedergeschlagen, wie die Familie war, konnte er nicht die zierliche Heiterkeit erwarten, die ihm im Tanzsalon der Frau von Baldereck so wohlgetan hatte. Sie waren herausgerissen aus dem gewohnten Kreise, alle die kleinen Beziehungen fehlten, die Anregung fehlte, welche den Geist elastisch erhält und Verstimmung und Schmerz überwinden hilft. Er sagte sich bescheiden, daß er diese nicht geben konnte. Aber noch anderes befremdete ihn, Wenn er nach einem wortkargen Abend in sein Zimmer zurückkehrte, beklagte er oft, daß sie an vielem, was ihm geläufig war, keinen Anteil nahmen, ja daß sie eine völlig andere Bildung besaßen, als er. Und bald nahm er sich die Freiheit, zu behaupten, daß ihre Bildung nicht die bessere war. Das meiste, was er gelesen, war der Familie fremd; beim Besprechen der Zeitung, dem gewöhnlichen Unterhaltungstoff, verwunderte ihn das geringe Verständnis fremder politischer Zustände. Die Tiefen der Geschichte waren dem Freiherrn kein angenehmer Aufenthalt, und wenn er das englische Staatsleben verurteilte, so konnte er seinen Standpunkt mit einigem Recht unbefangen nennen, denn es war ihm ganz fremd. An einem anderen Abende ergab sich zu Antons Betrübnis, daß die Familienansichten über die Lage der Insel Ceylon im entschiedenen Widerspruch mit der Weltstellung standen, welche diesem Eilande durch die Seefahrer zugeteilt worden ist. Die Baronin, welche Interesse an unterhaltender Lektüre hatte und viel auf Vorlesen gab, verehrte Chateaubriand und las außer kleinen Modenovellen die Romane blasierter Damen; Anton fand Atala abgeschmackt und die Romane fade. Bald erkannte er, daß seine Hausgenossen alles, was die Welt ihnen entgegentrug, von einem Standpunkte betrachteten, den er nicht hatte. Überall maßen sie, ohne es selbst zu wissen, nach den Interessen ihres Standes. Was diesen schmeichelte, fand Gnade, auch wenn es für andere Menschen unerträglich war; was damit nicht zu stimmen schien, wurde verworfen, oder wenigstens still[539] beiseite geschoben. Ihr Urteil war oft mild, zuweilen liberal, immer aber saß ein unsichtbarer Helm mit der Krone auf ihrem Nacken, sie sahen aus der engen Öffnung des Visiers in das Treiben der anderen Erdgeborenen hinein; und wenn sie ärgerte, was nicht zu ändern war, so klappten sie schweigend den Helmsturz herunter und schlossen sich ab. Der Freiherr machte das zuweilen ungeschickt, aber seine Gemahlin verstand meisterhaft, durch eine kleine reizende Handbewegung sich von Unwillkommenem abzusperren.

Die Familie gehörte zu der deutschen Kirche in Neudorf. Dort aber war kein Chor und keine Loge neben dem Altar, man hätte im Schiff der Kirche neben den Landleuten sitzen müssen. Das war unpassend. Der Freiherr richtete eine Kapelle in seinem Hause ein und ließ den Geistlichen zuweilen nach dem Schloß holen. Anton erschien selten bei dem Hausgottesdienst, er ritt nach Neudorf hinüber und saß dort an der Seite des Schulzen unter der Gemeinde.

Auch seine Tätigkeit war nicht ohne allerlei Störung. Der Reisende einer Weinhandlung drang durch Sand und Kiefernwälder bis in das Arbeitszimmer des Gutsherrn. Er war ein kecker Schlingel mit einer großen Beredsamkeit und einer leidenschaftlichen Neigung zu Wettrennen und Steeplechase. Er brachte eine ganze Tasche voll Sportneuigkeiten und betörte dadurch den Freiherrn, ein Ohoft Rotwein zu bestellen. Anton sah auf die leere Kasse, fluchte dem Ohoft und eilte in das Audienzzimmer der Baronin. Es bedurfte einer langen Intrige im Damenzimmer, um diese Bestellung auf ein bescheidenes Maß zurückzuführen.

Der Freiherr war mit seinen Wagenpferden unzufrieden. Sie waren nicht mehr jung und waren Füchse. Diese letztere Eigenschaft hätte dem armen Herrn gleichgültig sein können, aber gerade sie bekümmerte ihn schon seit Jahren. Denn der Sinn seiner Familie war von je auf eine besondere Pferdefarbe gerichtet. Nach einer alten Sage hatte ein Ahnherr des Geschlechtes auf einem Rotschimmel in einer verschollenen Schlacht ausgezeichnete Taten verrichtet; ja, es gab ein schönes Lied von ältlichem Aussehn, in welchem folgender Vers vorkam:
[540]

Wer ritt durch das Getümmel?

Ein edler Rittersmann,

Das Blut vom roten Schimmel

Und rot vom Sattel rann.


Dieses Lied deuteten die Rothsattel auf ihren Vorfahr und schätzten deshalb Rotschimmel vor andern Rossen. Da aber diese Farbe bei guten Pferden ziemlich selten ist, so war dem Freiherrn eine solche Erwerbung noch nie geglückt. Jetzt wollte das Schicksal, daß ein Händler aus der Nachbarschaft ein Paar Rotschimmel vorzuführen wußte. Der blinde Freiherr zeigte eine Freude an den Tieren, welche den Frauen sehr beweglich war; er ließ sich die Pferde immer wieder vorreiten und vorfahren, hörte auf den Schlag ihrer Füße, betastete sie sorgfältig, holte Karls Ansicht ein und vertiefte sich in den Plan, seiner Gemahlin durch ihren Ankauf eine Freude zu machen. Karl lief in der Angst vor einer unnützen Ausgabe zu Anton und vertraute diesem die drohende Gefahr. Anton ging wieder in das Audienzzimmer, aber diesmal fand er auch hier kein geneigtes Gehör. Die Baronin gab zu, daß er nicht unrecht hatte, aber sie bat ihn dringend, nur diesmal ihrem Gemahl seinen Willen zu lassen. Zuletzt wurden die neuen Pferde in aller Stille an die Krippe gebunden, und der Käufer gab außer den Füchsen und allem Geld seiner Privatkasse dem Händler noch das Versprechen, nach der nächsten Ernte zweihundert Scheffel Hafer zu einem übermäßig niedrigen Preis zu liefern. Anton und Karl waren über diese letzte Bedingung, welche ihnen erst nach einigen Monaten zu Ohren kam, im Interesse des Gutes sehr erzürnt.

Der Förster hatte das Unglück, bei der Gutsherrschaft nicht in sonderlicher Gunst zu stehen. Daß Anton sein erstes Zusammentreffen mit dem Waldmenschen in lebhaften Farben schilderte, trug möglicherweise dazu bei, diesen dem Freiherrn zu verleiden. Der Baronin mißfiel das kurze Wesen des Alten, der in seiner Einsamkeit allerdings die Geschmeidigkeit verloren hatte, welche die Herrschaft an ihren Untergebenen wünschte. An einem Teeabend kam der Plan zum Vorschein, den Mann zu entlassen, bevor er durch längeren Dienst Ansprüche auf Unterhalt im hilflosen Alter erwerbe. An seiner Stelle sollte ein jüngerer[541] Förster gesucht werden, der gelegentlich in der Livree des Freiherrn als repräsentierender Jäger zur Bedienung brauchbar wäre. Die Familie war von dem frühern Gute an ein solches Verhältnis gewöhnt. Anton bezwang mit Mühe seinen Unwillen, als er auseinandersetzte, daß bei der wilden und unsichern Nachbarschaft des Gutes gerade der erfahrene Mann, der von jedem Strauchdieb der Gegend gefürchtet wurde, viel zuverlässiger sei, als ein Fremder. Lenore schlug sich auf seine Seite und unter kaltem Schweigen des Freiherrn und einem resignierten Blick der Baronin wurde der Plan beiseite gelegt. Beide ertrugen fortan mit zugeklapptem Visier und gutem Anstand den verbauerten Alten.

Das waren kleine Verstimmungen, wie sie unvermeidlich sind, wenn Menschen mit verschiedenen Gewohnheiten sich zu gemeinsamem Leben verbinden, aber es war kein Zeichen von Behagen, daß Anton sich dies häufig sagen mußte. Er verstand sich nicht nur mit Karl, auch mit dem Förster und Schäfer in vielen Dingen besser, als mit der Herrschaft des Gutes, und er fühlte jetzt zuweilen mit Stolz, daß er anders als sie und einer aus dem Volke war.

Auch Lenore war nicht so, wie er sie geträumt hatte. Immer hatte er in ihr das vornehme Fräulein verehrt, und die herzliche Vertraulichkeit, mit der sie ihn behandelte, als einen Vorzug empfunden. Jetzt hörte sie ihm auf, eine vornehme Erscheinung zu sein. Er kannte die Muster ihrer Spitzenärmel persönlich und sah sehr gut einen kleinen Riß im Hauskleide, den die sorglose Lenore lange nicht beachtete. Er hatte die wenigen Bücher, die sie mitgebracht, gelesen, und war in der Unterhaltung oft um die Grenzen ihres Wissens herumgegangen. Ihre Aussprüche imponierten ihm nicht mehr, und er hätte jetzt seinen Freund Fink schwerlich wegen der Frage, ob sie auch Geist habe, geprügelt. Er frug sich das selbst und beantwortete die Frage recht verständig. Sie hatte nicht soviel gelernt, als ein anderes Mädchen, das er kannte, und ihr Empfinden war durchaus nicht so gebildet; aber sie war eine gute frische Natur, kräftig in ihrem Gefühl und ehrlich in ihrem Urteil. Und sie war schön. Immer hatte er sie dafür gehalten, aber seine zarte Ehrfurcht umgab lange ihr Bild mit einer duftigen Wolke. Jetzt, wo er sie täglich sah, im einfachen[542] Morgenrock, in der gewöhnlichen Stimmung des Arbeitstages, jetzt erst fühlte er den ganzen Zauber ihrer blühenden Jugend.

Er war manchmal unzufrieden auch mit ihr. Gleich in den ersten Tagen frug sie ihn dringend, wie sie sich dem Hause nützlich machen könnte. Er sagte ihr, daß die Aufsicht über den Haushalt und die genaue Führung der Hausrechnung eine sehr nützliche Arbeit sei. Er linierte ihr ein Rechenbuch, und da sie Mangel an Übung zeigte, die gezogenen Linien zweckmäßig zu benutzen, so hatte er die Freude, sie das zu lehren. Sie warf sich mit Eifer auf die neue Tätigkeit und lief den Tag zehnmal zu Babette in die Küche, um sich Auskunft zu holen. Aber ihre Rechnung erwies sich unsicher, und die mysteriösen Striche Babettens immer noch zuverlässiger. Und wenn sie eine Woche die Bücher gewissenhaft geführt hatte, kamen einige Tage, wo die Sonne lustig schien, dann konnte sie sich nicht enthalten, mit dem Förster schon am Morgen auf die Jagd zu gehen oder auf ihrem kleinen Pferde weit über die Grenzen des Gutes hinauszustreifen, dann vergaß sie den Stadtboten, die Köchin und ihre Buchführung. – Sie wollte Geschichte treiben und unter Antons Anleitung etwas Englisch lernen. Anton war glücklich über den Einfall. Aber die Jahreszahlen konnte sie nicht behalten, die Vokabeln waren ihr schrecklich, sie entlief diesen Hieroglyphen und ging in den Pferdestall, oder wohl gar in die Stube des Amtmanns, dessen mechanischen Kunstarbeiten sie stundenlang mit großem Interesse zusah. Als Anton sie einst zur englischen Stunde rufen wollte, fand er sie in Karls Stube, einen Hobel in der Hand, eifrig an der Pritsche eines neuen Schlittens arbeitend, und gutmütig sagte sie ihm: »Geben Sie sich nicht soviel Mühe mit mir, Wohlfart. Ich lerne nichts, ich habe immer einen harten Kopf gehabt.«

Wieder lag Schnee auf der Erde, und im Sonnenlicht glitzerten Millionen Eiskristalle auf den Bäumen und dem Feld. Karl setzte zwei Schlitten instand, einen alten zweisitzigen und einen Rennschlitten für das Fräulein, den er selbst zusammenschlug und unter dem Beistand Lenores mit schöner Ölfarbe überzog. Bei der Morgenaudienz sagte Anton der Baronin, daß er heut nachmittag in einem Polizeigeschäft nach Tarow müsse. »Wir kennen die Familie Tarowski vom Bade her«, erwiderte die Baronin. »Dort haben wir gern mit Frau von Tarowska und ihren Töchtern verkehrt.[543]

Ich wünsche lebhaft, daß der Freiherr nicht ganz außer Verbindung mit der Nachbarschaft bleibt, vielleicht vermag ich ihn zu bestimmen, daß er heut mit uns seinen Besuch macht. In jedem Falle wollen wir Frauen diese Gelegenheit benutzen und unter Ihrem Schutz einen Ausflug dorthin wagen.«

Anton erinnerte leise an den verschwundenen Bratzky und seinen Verdacht.

»Es ist ja nur ein Verdacht«, erwiderte die Baronin begütigend, »und unsere Verpflichtung, der Familie einen Besuch zu machen, ist unzweifelhaft. Auch kann ich nicht glauben, daß Herr von Tarowski selbst an der Entführung Anteil hat.«

Am Nachmittag fuhren die Schlitten vor, die Baronin setzte sich mit dem Freiherrn in den größern, Lenore bestand darauf, in ihrem neuen Rennschlitten selbst zu fahren. »Wohlfart setzt sich hinter mich auf die Pritsche«, bestimmte sie. Der Freiherr frug seine Gemahlin leise: »Wohlfart?«

»Ich lasse dich nicht allein fahren«, erwiderte die Baronin ruhig. – »Sei ohne Sorge. Außerdem ist er in deinem Dienst, die Inkonvenienz ist nicht groß. Und wir fahren ja miteinander vor.«

Die Glöckchen klangen über die Ebene, Lenore saß selig in ihrer Nußschale und trieb ihr Pferd mit kräftigem Zuruf an. Sie wandte sich oft zurück und zeigte Anton ihr lachendes Antlitz, das unter der dunklen Kappe heut so schön war, daß ihr sein ganzes Herz entgegenflog. Ihr grüner Schleier flatterte im Winde und streifte seine Wange, hing sich an sein Gesicht und verbarg ihm die Aussicht. Dann erblickte er die verhüllte Gestalt vor sich in einem grünen Dämmerlicht wie aus weiter Ferne; und gleich darauf berührte wieder der Hauch seines Mundes die Bandschleife, welche an ihrem Nacken flatterte, und er sah, daß nur die seidne Hülle seine Hand von ihrem goldenen Haar und dem weißen Hals trennte. Anton versenkte sich in diese Betrachtung und widerstand kaum noch dem Gelüst, ihr mit seinem Pelzhandschuh leise über die Kapuze zu fahren, als dicht neben ihm ein Hase aus einem Schneeloch aufsprang. Der Hase winkte drohend mit seinen Ohren und machte einen bedeutsamen Purzelbaum auf Anton zu. Dieser verstand die freundliche Warnung und zog den Pelzhandschuh zurück; der Hase, vergnügt, eine gute Tat vollbracht zu haben, galoppierte über den Schnee.[544]

Anton gab seinen Gedanken eine andere Richtung. »Der weiße Weg zeigt keine Spur eines Menschen, kein Gleis, keinen Fußtritt, nirgend ist ein anderes Leben zu sehen, als der lautlose Schlaf der Natur. Wir sind Reisende, welche in ein fremdes Land dringen, das noch niemand vor ihnen betreten. Ein Baum ist wie der andere, die Schneefläche ist endlos, rund herum Grabesstille, und oben wieder der lachende Sonnenschein. Ich wollte, es ginge den ganzen Tag so fort.«

»Ich bin glücklich, daß ich Sie einmal fahren kann«, rief Lenore, beugte sich zu ihm zurück und hielt ihm eine Hand hin. Anton vergaß sofort den Hasen, er konnte sich nicht enthalten, einen Kuß auf den Handschuh zu drücken.

»Es ist dänisches Leder«, lachte Lenore, »bemühen Sie sich nicht.« – »Hier ist eine Lücke«, sagte Anton, bereit den Versuch zu wiederholen.

»Sie sind heut so artig«, rief Lenore, die Hand langsam zurückziehend, »das steht Ihnen hübsch, Wohlfart.«

Der Pelzhandschuh streckte sich aus, um die zurückweichende Hand zu verfolgen. Darüber gerieten zwei Krähen auf den Bäumen in starken Zank, sie schrien um die Wette, flogen auf und schwebten schimpfend über Antons Kopf. »Geht zum Teufel, ihr Gesindel«, dachte der leidenschaftliche Anton, »ihr sollt mich nicht mehr stören.«

Aber Lenore sah ihn treuherzig an. »Ich weiß doch nicht, ob Ihnen gut steht, so artig gegen mich zu sein«, fuhr sie ernster fort. »Sie dürfen mir die Hand nicht küssen, denn ich habe keine Lust, Ihnen dasselbe zu tun, und was dem einen recht ist, soll dem anderen billig sein. Hussa, mein Pferd, vorwärts!«

»Ich bin neugierig, wie uns die Polen empfangen werden«, begann Anton wieder die regelmäßige Unterhaltung.

»Sie können nicht anders als freundlich sein«, sprach Lenore zurück. »Wir haben mit Frau von Tarowska wochenlang in einem Hause gewohnt und alle Partien gemeinschaftlich gemacht. Sie war die eleganteste Dame des ganzen Bades, sie und die Töchter machten Aufsehen durch ihr distinguiertes Wesen; sie sind sehr liebenswürdig und vom besten Ton.« –

»Er aber hat zwei Augen, gerade wie der Fuchs des Försters«, sprach Anton, »ich traue ihm nicht über den Weg.«[545]

»Ich habe mich heut sehr schöngemacht«, lachte Lenore sich wieder umwendend, »denn die Mädchen dort sind reizend, und die Polen sollen nicht sagen, daß wir uns schlecht neben ihnen präsentieren. Wie gefällt Ihnen mein Kleid, Wohlfart?« Sie streifte einen Zipfel ihres Pelzes zurück.

»Sie werden sich darin nicht ganz schlecht ausnehmen«, sagte Anton mit weiser Miene; »es ist etwas Braun dabei, folglich ist es wunderhübsch.«

»Sie treuer Herr Wohlfart!« rief Lenore und reichte ihm wieder die Hand über den Schlittenrand. Ach! jetzt waren die kleinen warnenden Tiere zu schwach, um den Zauber abzuleiten, welcher den Pelzhandschuh zu dem Dänen hinzog: etwas Größeres mußte geschehen. Als Anton zum drittenmal die Hand ausstreckte, bemerkte er, daß seine eigene Hand sich wider seinen Willen immer höher hob und in der Luft einen Kreis beschrieb, während er selbst sich senkte, bis er der Länge nach im Schnee lag. Erstaunt erhob er seinen Kopf und sah Lenore einige Schritt weiter neben dem umgestürzten Schlitten sitzen, das Pferd stand ruhig auf dem Wege und lachte in seiner Art laut vor sich hin. Lenore hatte zuviel nach ihrem Gefährten und zuwenig auf den Weg gesehen, so hatten sie umgeworfen. Fröhlich erhoben sich beide, schüttelten den Schnee ab, Anton richtete den Schlitten auf, und im Galopp ging es wieder vorwärts. Aber das Schlittenmärchen war zu Ende, Lenore sah mehr auf den Weg, und Anton stäubte sich den Schnee aus den Ärmeln.

Die Schlitten fuhren in einen weiten Hofraum. Ein langes einstöckiges Lehmhaus, mit Kalk beworfen und mit Schindeln gedeckt, schaute mit seinen blauen Fenstern vertraulich auf die hölzernen Ställe nebenan. Anton sprang ab und frug einen Mann in Livree nach der Wohnung des gnädigen Herrn. »Hier ist der Palast«, erwiderte der polnische Diener mit tiefer Verbeugung und half der Herrschaft aus dem Schlitten. Erstaunt sahen Lenore und die Baronin einander an. Sie traten in einen unsaubern Hausflur, mehrere schnurrbärtige Geister eilten herzu, rissen diensteifrig die Winterhüllen der Gäste ab und eine niedrige Tür auf. In dem großen Wohnzimmer war zahlreiche Gesellschaft versammelt. Eine hohe Gestalt in schwarzer Seide trat den Gästen entgegen und begrüßte sie in der besten Haltung von der Welt. Die Töchter[546] eilten herzu, schlanke Damen mit Augen und Turnüre der Mutter. Mehrere Namen der jungen Herren wurden genannt, Herr von, Graf von, alle elegante Männer im Salonkleid. Zuletzt kam auch der Hausherr. Sein schlaues Gesicht strahlte von herziger Freude, und die Fuchsaugen leuchteten von Harmlosigkeit. Der Empfang war tadellos, von allen Seiten die wohltuende Leichtigkeit eines sicheren Selbstgefühls. Der Freiherr und die Frauen wurden als werte Bekannte begrüßt, auch Anton erhielt seinen Teil Zuvorkommenheit. Sein Geschäft war nach wenig Worten abgemacht und Herr von Tarow erinnerte ihn lächelnd daran, daß er ihn schon einmal flüchtig gesehen. »Der Schlingel von Inspektor ist Ihnen entsprungen«, sagte er bedauernd, »seien Sie ohne Sorge, er wird seinem Schicksal nicht entgehen.« – »Ich hoffe«, erwiderte Anton, »er und seine Helfer.« Die Augen des Herrn von Tarow bemühten sich Taubenaugen gleich zu werden, als er fortfuhr: »Der Kerl liegt irgendwo versteckt.« – »Wahrscheinlich in der Nähe«, sagte Anton und warf einen argwöhnischen Seitenblick auf die schlechten Gebäude des Hofes.

Vergebens suchte Anton unter den anwesenden Männern jenen Fremden, den er bereits zweimal gesehen hatte und dem er den Wunsch zutraute, vor deutschen Augen unbekannt zu bleiben. Dagegen war ein anderer Herr von entschiedenem Wesen vorhanden, der von den übrigen mit hoher Achtung behandelt wurde. »Sie kommen und verschwinden«, dachte Anton, »sie reiten zusammen und wieder auseinander, wie der Schenkwirt sagt; es sind hier nicht einzelne, mit denen man zu tun hat, sondern eine ganze Gattung.« In dem Augenblick trat der Fremde an ihn heran und begann ein artiges Gespräch. So unbefangen er aber auch redete, so merkte Anton doch, daß er bemüht war, das Gespräch zu leiten und ihn, den Deutschen, über Gesinnung und Sympathie auszuholen. Er hielt deshalb vorsichtig zurück, und als der Pole das wahrnahm, verlor er plötzlich das Interesse an dem Gast und wandte sich zu den Damen.

Jetzt hatte Anton Muße, sich im Zimmer umzusehen. Unter den rohen Möbeln des Dorftischlers stand ein Wiener Flügel, die Fensterscheiben waren geflickt, auf dem schwarzen Fußboden lag in der Nähe des Sofas ein zerrissener Teppich. Die Damen saßen auf Samtsesseln um einen abgenutzten Tisch. Die Frau vom[547] Hause und ihre erwachsenen Töchter waren in eleganter Pariser Toilette, aber als sich eine Seitentür öffnete, sah Anton in dem grauen Nebenzimmer einige Kinder mit so mangelhafter Garderobe umherlaufen, daß sie ihn bei der Winterkälte herzlich dauerten. Sie selbst machten sich jedenfalls nicht viel daraus, denn sie balgten sich und lärmten wie Unholde.

Über den wankenden Tisch wurde eine feine Damastserviette gelegt und ein silberner Teekessel aufgesetzt. Die Unterhaltung floß vortrefflich. Leichte französische Bonmots und lebhafte Ausrufe in melodischem Polnisch fuhren durcheinander, dazwischen klang die eintönige deutsche Phrase. An dem schnellen Lachen, den Mienen der Sprechenden und dem Feuer der Unterhaltung merkte Anton, daß er unter Fremden war. Schnell flogen die Worte, in den Augen und auf den Wangen glänzte das flüchtige Feuer der heitern Erregung. Es war ein beweglicheres Volk, elastischer, schwunghafter, leichter ergriffen. Erstaunt sah Anton, wie behaglich Lenore in der Unterhaltung schwamm. Auch ihr Antlitz glänzte von höherem Rot, sie lachte und gebärdete sich wie die anderen, und dreist blickten ihre Augen in die verbindlichen Gesichter der anwesenden Herren. Dasselbe Lachen, die herzliche Unbefangenheit, die ihn im Schlitten entzückt hatte, verschwendete sie jetzt an Fremde, die in der Nacht auf der Landstraße zum Schaden ihres Vaters gearbeitet hatten. Das mißfiel ihm höchlich. Dazu das Zimmer so wunderlich ausgeputzt, die Tapeten schmutzig und zerrissen, die Kinder in der Nebenstube barfüßig, und der Hausherr der stille Beschützer eines Schuftes und wahrscheinlich noch etwas Schlimmeres! So begnügte er sich mit kalter Zurückhaltung die Gesellschaft zu betrachten und nur das Notwendige auf die freundlichen Worte des Hausherrn und seiner Gäste zu erwidern.

Endlich schlug ein junger Herr einige Akkorde auf dem Flügel an, alles sprang auf und wollte tanzen. Die gnädige Frau klingelte, vier wilde Männer stürzten in das Zimmer, ergriffen den großen Flügel und trugen ihn rücksichtslos hinaus. Die Gesellschaft drängte nach über den Hausflur in den gegenüberliegenden Saal. Als Anton eintrat, kam er in die Versuchung, sich die Augen zu reiben. Es war ein leerer Raum mit rohem Kalkanstrich, Bänke an den Wänden, und in der Ecke ein abscheulicher Ofen. Mitten[548] im Saal hing Wäsche auf Leinen; Anton begriff nicht, wie man hier tanzen wollte. Aber im Hui wurde die Wäsche durch die Fäuste der Diener herabgerissen, einer lief zum Ofen und blies das Feuer an, nach wenig Augenblicken waren sechs Paar zur Quadrille angetreten. Da der Damen zu wenig waren, band ein junger Graf mit einem schwarzen Samtbärtchen und zwei wunderschönen blauen Augen sein Battisttuch um den Arm und erklärte sich mit einem graziösen Knix für eine Dame. Sogleich wurde er von einem andern Herrn ritterlich zum Tanz geführt. Selig drehte sich das Völkchen im Takt. Durch die Nachlässigkeit, welche die Mode von den Tänzern des gebildeten Europa verlangt, flatterte zuweilen das Feuer ihres Stammes auf. Lenore trieb mitten darunter. Auch die Baronin war in heiterer Unterhaltung mit dem Hausherrn, und Frau von Tarow machte sich zur Aufgabe den blinden Freiherrn zu beschäftigen. Das war wieder die vornehme Form, der leichte Genuß des Augenblicks, welchen Anton so oft bewundert hatte; aber heut verzog sich sein Mund zu einem kalten Lächeln. Es schien ihm nicht männlich und nicht würdig, daß die deutsche Familie sich so hingebend unter Gegnern bewegte, welche wahrscheinlich in diesem Augenblick Feindliches gegen sie und gegen ihr Volk im Sinne hatten. Als Lenore nach dem ersten Tanz bei Anton vorbeiging und ihn leise frug: »Warum tanzen Sie nicht mit mir?« erwiderte er: »Ich erwarte jeden Augenblick das Gesicht des Herrn Bratzky in einem Winkel dieses Saales zu sehen.«

»Wer wird jetzt daran denken«, rief Lenore und wandte sich gekränkt ab.

Tanz folgte auf Tanz, die Köpfe der jungen Herrschaften glühten, die Locken wurden schlaff vom warmen Tau. Schnurrbärtige Diener drangen wieder in das Zimmer und boten Champagner in Eis. Stehend, auf dem Sprunge schlürften die Tänzer den kalten Trank, und gleich darauf stürmte von allen Ecken der Ruf nach einem polnischen Nationaltanz zu dem Hauslehrer, welcher am Flügel saß. Jetzt flatterten die Gewänder, die Tänzer schnellten sich wie auf Sprungfedern durch das Zimmer, wie Bälle flogen die Mädchen aus einem Arm in den andern. Ach und Lenore immer mitten darunter! Anton stand neben dem ansehnlichen Polen in mattem Gespräch und hörte kühl das Lob an, welches dieser der[549] deutschen Tänzerin freigebig erteilte. Was den polnischen Mädchen natürlich stand, die schnellen Bewegungen, die starke Erregung, das machte Lenore wild und, wie Anton sich mit Mißfallen sagte, unweiblich. Und von ihr weg irrte sein Blick an den rohen Wänden umher auf den bestäubten Ofen, in dem ein großes Scheit Holz loderte, bis zu der Decke, von welcher lange graue Spinnweben herunterhingen.

Es war spät, als die Baronin zum Aufbruch trieb; die Pelze wurden in den Saal gebracht, die Gäste wickelten sich ein, die Schelle läutete und das Glöckchen klang wieder über die Schneefläche. Aber Anton war es wohl zufrieden, daß jetzt die Tochter mit dem Vater fuhr, und daß er selbst hinter der Baronin die Zügel führte. Schweigsam lenkte er den Schlitten und immer wieder dachte er daran, daß eine andere, die er kannte, sich unter den Spinnweben im Hause der Feinde niemals in der Mazurka geschwenkt hätte. – Auch Lenore trug ihm heut den Stahlhelm auf dem weißen Nacken.

Quelle:
Gustav Freytag: Soll und Haben. München 1977 bzw. 1978, S. 529-550.
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