Liebe brauchet nicht Verstand

[68] Vor Zeiten reißte der Verstand

Nach Amathunt, wo er die Königin Cythere,

Den blinden Cypripor, und viele Nymphen fand;

Bey denen er, so gern als ich, geblieben wäre.

Er bot sich allen an, that artig und galant.

Wer mich zum Führer wählt, wird, sprach er, niemahls gleiten:

Ich führ ihn immer an der Hand! – –


Doch Cypris lacht' und sprach: hier herrscht, seit alten Zeiten,

Frau Thorheit, und muß mich und meine Kinder leiten;

Besonders meinen Sohn, wann er den Bogen spannt!

Die abzuschaffen macht zu viel Beschwerlichkeiten;

Drum wandert immerhin zurück in euer Land,

Mein allerliebster Herr Pedant;

Dann Liebe leidet nicht Verstand.

Quelle:
Johann Nikolaus Götz: Gedichte. Stuttgart 1893, S. 68.
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