[Ist alles stumm und leer]

Ist alles stumm und leer;

Nichts macht mir Freude mehr;

Düfte, sie düften nicht,

Lüfte, sie lüften nicht;

Mein Herz so schwer!


Ist alles öd' und hin;

Bange mein Herz und Sinn;

Möchte, nicht weiß ich, was;

Treibt mich ohn' Unterlaß,

Weiß nicht, wohin!


Ein Bild von Meisterhand

Hat mir den Sinn gebannt;

Seit ich das holde sah,

Ist's fern und ewig nah,

Mir anverwandt.


Ein Klang im Herzen ruht,

Der noch erquickt den Muth,

Wie Flötenhauch ein Wort,

Tönet noch leise fort,

Stillt Thränenfluth.
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Frühlinges Blumen treu

Kommen zurück auf's Neu;

Nicht so der Liebe Glück,

Ach, es kommt nicht zurück –

Schön, doch nicht treu!


Kann Lieb' so unlieb sein,

Von mir so fern, was mein?

Kann Lust so schmerzlich sein,

Untreu so herzlich sein?

O Wonn', o Pein!


Phönix der Lieblichkeit,

Dich trägt dein Fittig weit

Hin zu der Sonne Strahl,

Ach was ist dir zumal

Mein einsam Leid!

Quelle:
Karoline von Günderrode: Gesammelte Werke. Band 1–3, Band 3, Berlin-Wilmersdorf 1920–1922, S. 68-69,77-78.
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