6. Scene.


[78] Vorige. Nandl, gleich darauf der Wirt, der Hochzeitlader und sämmtliche Hochzeitsgäste.


NANDL kommt herbeigesprungen. Muckl, der Wirt meint, Zeit wär's zum sing'n.

MUCKL. I bin schon g'stellt; hast die Klampfern auf'zog'n.

NANDL. Der Wirt bringt's schon.[78]

WIRT kommt mit der Cither; ihm folgen die Gäste. Also, Leut', z'samm'g'setzt; der Muckl und die Nandl laß'n mit'samm' ihre Hochzeitsg'stanz'ln los!

HOCHZEITLADER. So is recht, i hab' schon 'glaubt, es rührt sich gar nix heut'.


Muckl und Nandl haben, mit dem Rücken gegen die Coulisse, am Brauttische Platz genommen. Ihnen gegenüber sitzt die Braut. hinter deren Stuhl der Bräutigam steht.


MUCKL UND NANDL.


Duett.


Grün is d' Welt im Frühjahr

Und schön weiß im Winter –

Daß d' Brautleut' vergnügt sind

Das sieht ja a Blinder.


Jodler.


Jeder Strick kann reiß'n

Brech'n jedes G'lander

Blos zwei brave Eh'leut'

Bringt nix von einander.


Jodler.


Wenn der Himmel trüb is

Und wenn d' Eh'leut' streit'n,

Braucht's euch d'rum net z'sorg'n,

's hat nix zu bedeut'n.


Jodler.[79]


Denn wann d' Sonn' is g'sunk'n

Und wann's Nacht will wer'n

Wird man bei zwei Eh'leut'

Auch kein' Streit mehr hör'n.


Jodler.


Ostern wenn vorbei is,

Nachher kommen d' Flieg'n –

Und wenn Hochzeit g'macht is,

Braucht man bald a Wieg'n.


Jodler.

Während Alles dem Gesange lauscht, dessen Jodler von den Hochzeitsgästen lebhaft mitgesungen wird,

verwickeln der Wirt und der Schneider den Bräutigam in ein Gespräch und ziehen ihn lachend und tanzend immer weiter vom Tische weg. Inzwischen wird vom Hochzeitlader und einigen Burschen die Braut gestohlen und hinweg geführt. Nach dem Schlusse des Gesanges hört man von allen Seiten Rufe: Wo is denn die Braut?


TONI. Himmelseit'n! Jetzt hat man mir's doch g'stohl'n! Er läuft ab, um sie zu suchen; alle Gäste drängen sich ihm lachend nach.


Quelle:
Ludwig Ganghofer und Hans Neuert: Der Herrgottschnitzer von Ammergau. Augsburg 21880, S. 78-80.
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