[Ich warf das stirnband dem der glanz entflohn]

[115] Ich warf das stirnband dem der glanz entflohn

So dass es klirrte hin und satt verliess ich sie:

Den saal in den der süden seine schätze räumt ·

Die höfe wo das wasser duftig spielt ·

Der säulenmauern erz und lazuli

Und meinen thron –

Und ging zu dienen einem pascha der befiehlt

In einer Schiras die in rosennebeln träumt.[116]


Ich freute ihn in langen wochen treu

Durch jubellieder die ich ihm gesungen ·

Durch kränze die ich für ihn flocht ·

Ich beugte mich zu ihm herab voll scheu ·

Zu ihm der alle meuterer bezwungen

Und viele fremde gegner unterjocht.


An einem siegesabend war er heimgekommen

Das volk umgab ihn wie der brandung saus ·

Ich hatte einen dolch für ihn geschliffen:

Er stirbt sobald das wachs erlischt –

Doch als er kaum die stiegen gross und stolz erklommen

Und ich den ehrentrunk für ihn gemischt:

Hat eine neue reue mich ergriffen ·

Ich schleiche blass und stumm hinaus.


In allen strassen und palästen dröhnen

Die pauken und die zimbeln im verein

Und wein und liebe lohnt den tapfern söhnen ·

Sie schmücken mit geraubter pracht

Die töchter deren lippe glüht und lacht

Im garten bei der fackeln gelbem schein.[117]


Der sklave geht · noch einmal kurz vorm tore

Will ihm ein strauch der breite bunte blüten trug

Vom ruhme lispeln · von der schmach ·

Er aber traut nicht mehr dem lug ·

Er bricht den zweig von einer sykomore

Und flieht den ort wo seine seele brach.


Der sklave geht · sein werk ist all geschehn.

Zum strome wo die sterblichen versinken

Und gläubig aller qual erlösung trinken –

Er kann der woge jezt ins auge sehn.

Quelle:
Stefan George: Die Bücher der Hirten- und Preisgedichte, der Sagen und Sänge und der hängenden Gärten. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 3, Berlin 1930, S. 115-118.
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