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DER FLECK AUF DEM SCHILD (AKT: III SC: II)

[72] MILDRED

Thorold' wars nicht zu rasch getan?

Dies blut vergiessen das von jugend hoffen

Und liebe für mich glühte – die du auch

Geliebt und hier doch auf ihn warten liessest

Indes du ihn erschlugst – o zweifellos

Du liesst sein arm beklommen knabenwort

Ihn sagen · sein arm bestes tun · dass er dich[72]

Entwaffne und mich rette · liessest ihn

Von unsrer lieb und unkenntnis erzählen

Dem kurzen wahnsinn und der langen reue ·

Vorbringen liessest du ihn all dies: euer

Gesetz will dass man anhört eh man trifft ·

Jedoch am end als er nach leben aufsah

In dein gesicht schlugst du ihn nieder ..


THOROLD

Nein ·

Hätt ich ihn nur gehört · ihn sprechen lassen

Die halbe wahrheit · nur ihn recht beschaut

Ich hätte ihm verziehn .. als er da lag

Den mond auf der erglühten wange las ich

Die ganze mär · noch eh er sprach · und sah

Durch trübe fluten sein- und deiner sünde

In tiefen unbewegter reinigkeit ..

Hätt ich geschaut nur wo's am wirrsten schien

Mir wär die innre klarheit durchgeschimmert –

Ich sah vorbei .. nun trifft mich meine strafe.

Dies ist die wahrheit · Mildred · und du sag:

Du fluchst mir?

Quelle:
George, Stefan: Schlussband, Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 18, Berlin 1934, S. 72-73.
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