DER BETRUG

[71] Ich leide nicht! nein · wenn ich schweigsam bleibe

Am abend wenn ich dir zu füssen sitze –

(O schreck des nahen nächtigen gerichtes

In jenem grossen weissen bette) wisse:


So tu ich es damit die seele besser

Geniesse diese köstlich süsse stille –

(Bei tag und nacht zermartert ein gedanke

Die seele ohne ruhe ohne ruhe!)


Die süsse stille die um mich gezogen

Vielleicht mit allzu ungewohnten freuden.

(Verleih · o Herr · verleih dass ich auf immer

Mein schreckliches geheimnis nicht verrate!)


O dies vergessen-haben · dies verzichten

Auf alles · dir zu füssen · sei gesegnet!

(Die seele wird niemals vergessen können ·

Niemals vergessen · niemals!) sei gesegnet!

Quelle:
George, Stefan: Zeitgenössische Dichter. Übertragungen, Zweiter Teil, Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 16, Berlin 1929, S. 71-72.
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