Achter Auftritt

[67] Vorige. Frau Sperling.


SPERLING die von Mehlthau beinahe über den Haufen gerannt wird. Nun, nun, da geht's ja zu, als ob ein Ochs auskommen wär, sacre di donc!

MEHLTHAU. Gebt mir geschwinde meine Pillen her. Kann ich der Frau Sperling mit einem halben Dutzend aufwarten? Sie machen eine prächtige Wirkung.[67]

SPERLING. Bin obligiert für die Speise. Wenn ich was haben will zum Magenverderben, so darf ich nur zu meinem Mann nach Haus gehen; denn wenn der nur ein paar Wort red't, so ist's ärger als ein Muttertrankel. Es ist mit dem Herrn Mehlthau auch nicht viel anders. Ich begreif gar nicht, wie die Frau Nachbarin mit so einem lebendigen Medizinflaschel drauskommen kann? Reden wir von was anderm. Sacre di donc! Da hab ich ein Frühstück mitgebracht, das sich g'waschen hat. Nu, meine Partie soll leben aus der Hofkuchel, der Bratelbrater-Feuermachers-Adjunkt! Das ist halt ein Mandel, sacre di donc! Derweil sich der Oberschlegeltranschiermeister umg'schaut hat, hat er mir ein Frühstück in seine Schlafhauben versteckt; das wird schmecken! Kramt den Korb aus.

GUSTCHEN. Das ist Ihr Frühstück, Frau Nachbarin? Das ist ja ein ganzes Mittagmahl.

SPERLING. Wir wollen's mitsamm' verzehren. – Nun was ist's denn so, Herr Tobischka, heute ist ja auf dem neuen Saal Ball und Picknick? Wird unsereiner kein Billett dazu bekommen? Sacre di donc!

TOBISCHKA. To je zatracenj! Wollt ich's eben aufwarten auch an Madam von Haus.

GUSTCHEN. Ja, wenn's meinem Mann recht wäre. Nicht wahr, du erlaubst mir die kleine Freude?

SPERLING. Nun, das versteht sich; der Herr geht auch mit, vielleicht sind Masken dabei, so kann er gleich als eine Plutzerbirn eintreten. Geh Er nur mit, Er ist nicht so schwach, als Er glaubt.

MEHLTHAU. Nein, Frau Nachbarin, daraus wird nichts. Ich gehe nicht auf den Ball, folglich muß mein Weib auch zu Hause bleiben.

GUSTCHEN. Aber schau nur, jetzt bin ich schon fast zwei Jahre bei keiner Unterhaltung gewesen, ich möchte doch auch ein bissel in der Welt leben.

MEHLTHAU. Jetzt will das Weib in der Welt leben, das ist zum Schlagtreffen! Geh, bleib bei mir, Gusterl! – Steht auf. Schau, dafür will ich auch recht gut mit dir sein.

GUSTCHEN. Nun meinethalben, dir zulieb –

MEHLTHAU. Ist das wahr? Geh her, Weiberl, dafür muß ich dir ein Busserl geben. Will sie küssen. Doch halt, gib mir lieber statt dem Busserl meine Magentropfen her.[68]

GUSTCHEN. Nein, jetzt wird's mir aber doch zuviel, und jetzt halt ich's auch nicht mehr bei dir aus. Wenn du im Ernste krank wärst, ließ ich mir's gefallen, aber du bist ein eingebildeter Narr, und ich werde deinetwegen nicht mein Lebtag eine Krankenwärterin machen. Bleib du bei deinen Tiegeln und Flaschen, ich geh von heute an alle Tage spazieren und in Gesellschaft – ich gehe auf den Ball. Kommen Sie, Monsieur Tobischka – und wenn mir der junge Baron, der in mich verliebt ist, gefallt, so hast du's nur dir zuzuschreiben, wenn ich mit ihm auf und davon gehe.

TOBISCHKA. Haben's schon recht, liebes Madam, wollen's tanzen so lang's kann rühren unsriges Fuß. Beide ab.

SPERLING. Das kann sich der Herr Nachbar zur Notiz nehmen: Wenn man einem jungen, muntern Weibe gar alle Freud versagen will, so ist's gar kein Wunder, wenn ihr das Radel laufend wird – sacre di donc! Ab.

MEHLTHAU. Was? So handelt das Weib, das ich arm geheiratet und zu einer reichen Frau gemacht habe? Ist das der Dank für das gute Leben bei mir? – Gutes Leben? – solang ich verheiratet bin, bin ich ja krank, sie hat ja gar keine vergnügte Stunde bei mir gehabt. Ich bin ja ein Barbar gewesen, ein Eheteufel, der ihr alle Tage verbittert hat. Nein, ich will mich ändern – fort mit dem Plunder! Wirft die Tiegeln zum Fenster hinaus. Frisch und gesund will ich sein, und damit's mein Weib gleich hört, so will ich an der Stelle mein Favoritliedl singen. Will singen. Sapperment, jetzt fallt's mir just ein, der Doktor hat mir das Singen verboten. Geht langsam ab.


Quelle:
Das Wiener Volkstheater in seinen schönsten Stücken. Leipzig 1960, S. 67-69.
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