I. Der Catar.

[43] Die spanische Tänzerin war wieder in Berlin und hatte zur Captatio benevolentiae ihrer Hüftenexperimente eine Gastvorstellung zum Besten der schlesischen Überschwemmten ankündigen lassen. Das schöne und interessante Weib hing an Berlin wegen der ersten Triumphe, die sie hier gefeiert, und kehrte daher von allen Kunstreisen immer wieder zum comfortablen Hotel Unter den Linden zurück, wenn sie sich auch manchmal mit dem galanten und aufmerksamen Wirth überwarf; denn sie verstand es zu schätzen, daß er an seiner Table-d'hôte mit ihrem Atlasschuh für den wunderkleinen dazu gehörigen Fuß Propaganda machte. Diesmal hatte sie ein Brief mit dem bekannten geheimnißvollen Zeichen nach Berlin beschieden, und einstweilen, da die Vorbereitungen zu der neuen Posse des beliebten berliner Humoristen Kalisch: »Die Bummler von Berlin« ihr Auftreten verzögerten, langweilte sich, weiterer Nachrichten harrend, die Donna und spielte darum die Amazone, indem sie im Hermelin die Peitsche schwang und mit dem eleganten Brougham durch die Straßen der Residenz kutschirte.

Die Sennora hatte, bis auf jenen plötzlichen Ruf, Nichts wieder gehört von ihren geheimen Beschützern und gedachte kaum noch des kleinen Dienstes, den sie ihnen durch die Empfehlung zweier unbedeutender Diener vor längerer Zeit erwiesen, als sie zufällig in einem Journal den Namen des Fremden zu Gesicht bekam, der ihr damals seinen Besuch gemacht. Er figurirte jetzt als fremder[43] Condottiere und der rothe Felsen von Helgoland gab das Echo mancher Verwünschung zurück, die betrogene Erwartung und getäuschte Hoffnung dort seinen Lockungen zu spät erschallen ließen.

Dennoch hatte die Erfüllung jenes Auftrags, so gering die Masche auch schien in dem Netze ereignißschwerer Verwickelungen, das sich über Europa spann, unberechenbare Folgen gehabt. Wenige nur ahnten und wußten, daß die preußische Residenz der Knotenpunkt einer geheimen Spionage geworden war, die ihre Nachrichten nach Paris, London und Turin, in die Heerlager der Despotie, des constitutionellen Liberalismus und der republikanischen Propaganda verkaufte. Merkwürdigerweise war es gerade das eheliche Preußen, dessen erhabener Fürst in den politischen Wirren ein edles Bild der Festigkeit und Gerechtigkeit gegenüber den verschiedensten Verlockungen gab, wo politische Intrigue im Stillen mächtige Hebel in Bewegung setzte und den schmuzigsten Verrath verächtlicher Hausdiebe benutzte.

Wir haben bereits angedeutet, auf welche Weise über Berlin wichtige Nachrichten aus den Kreisen der angegriffenen Macht in die Hände ihrer Gegner gelangten. Neben diesem Getriebe der Habsucht ging, wie gesagt, noch manches Spiel verdeckten Ehrgeizes und politischer Gegnerschaft seinen unterminirenden Gang und es bedurfte in der That einer späteren öffentlichen Beschämung und eines blutigen Todes, um jener egoistischen Intriguenwirthschaft vor dem reinen Throne Preußen's Halt zu gebieten und ein Ende zu machen, welche zur Demoralisirung der Staaten führt und dem »Bürgerkönig« sein Exil bereitet hat. –

Seit vierundzwanzig Stunden jedoch beschäftigte der lebhafte Geist der Spanierin sich angelegentlich mit der Ankunft mehrerer interessanter Fremden, die das Hotel gewählt. Drei darunter, die sie flüchtig bei der Ankunft am Tage vorher gesehen, schienen ihr nicht unbekannt und das Fremdenbuch, das der gefällige Hotelier ihr präsentirte, gab ihr wenigstens über das erste Paar Auskunft und sie erinnerte sich, den Herrn und die Dame ein Mal in Gesellschaft in Wien vor Jahresfrist gesehen zu haben: den sardinischen Obersten, Grafen Pisani, der, wie die Nachricht auswies, mit seiner Gattin von London kam. Der Dritte, dessen Gesicht ihr nur flüchtig bekannt schien, war ein kleiner magerer Mann mit fuchsartigem Gesicht und bereits vor zwei Tagen von Wien eingetroffen. Der Fremdenzettel nannte ihn Banquier Thomas.[44]

Mehr aber als diese Persönlichkeiten, deren sie sich nur unbestimmt erinnerte, interessirte sie eine Vierte, welche die schöne Donna noch nicht zu Gesicht bekommen, obschon das ganze Hotel voll von ihren Sonderbarkeiten und dem Rufe ihres unermeßlichen Reichthums schien. Es war ein noch junger russischer Bojar, den einige übermüthige Streiche schon im Sommer aus Petersburg verwiesen hatten und der, da Paris und London ihm durch die Kriegsverhältnisse verboten waren, in den deutschen Bädern und Residenzen umherzog und Geld mit vollen Händen verschwendete.

Es war gegen Mittag des Tages, als die Spanierin, das Ponnygespann mit gewandter Hand lenkend, auf der Rückkehr von der Spazierfahrt vor der Thür des Hotels wieder vorfuhr und bemerkte, daß sich ein ungewöhnlicher Auftritt eben zugetragen haben mußte. Mehrere der Gäste standen lachend auf der Treppe oder vor den Zimmern, zwei Constabler im Flur, und von dem Corridor des ersten Stockes hörte man eine laute Stimme allerlei Verwünschungen auf Deutsch, Französisch und Russisch hervorsprudeln. Während einer der nahestehenden Herren der Tänzerin die Hand reichte, an der sie leicht aus dem Wagen sprang und die Stufen hinaufeilte, kam ein junges hübsches Mädchen in einfacher, aber netter Kleidung ihr entgegen, das Gesicht freudestrahlend, obschon auf den jugendlichen Wangen noch die Spuren von Thränen zu sehen waren. Ihre Hand hielt eine kleine Brieftasche sorgfältig wie einen Schatz und damit wollte sie hastig aus der Thür eilen, als einer der Constabler sie rauh am Arme faßte.

»Halt, Mamsell, Sie gehen mit uns!«

»Lassen Sie die Dirne zum Henker laufen,« sagte unwillig eine Stimme hinter dem Mädchen, »und kommen Sie fort. Der Russe ist ein Narr mit seinem Gelde und wenn unsere Berliner Loretten davon hören, stürmen sie Ihr Hotel.«

Der Wirth, zu dem der Beamte, der ziemlich verdrießlich aussah, die letzten Worte sagte, lächelte etwas spöttisch, schwieg jedoch mit dem Tact des klugen Mannes, der es mit der Polizei nicht gern verdirbt, und führte die Spanierin die Treppe hinauf; von deren Höhe aber übernahm die schon früher gehörte scheltende Stimme die Antwort.

»Wenn ich mich von der Polizei belästigen lassen wollte, Skotina!« schalt dieselbe, »dann konnte ich in Rußland bleiben. Zum Henker mit solcher Quälerei, ich mag von Ihrem Berlin Nichts[45] mehr wissen; Herr Wirth, schicken Sie mir meine Rechnung! ich reise in einer Stunde.«

Der Hotelier ließ erschrocken die Tänzerin stehen und sprang zu dem reichen Gast.

»Euer Durchlaucht werden mich doch die Ungeschicklichkeit der Polizei nicht entgelten lassen? Der gnädige Herr haben in Berlin noch so viel zu schauen – und sehen Sie da, eben kommt eine seiner interessantesten Erscheinungen, die spanische Donna, von der ich Ihnen schon gesprochen.«

Der Bojar wandte sich zur Seite und kniff das Lorgnon in's Auge. Die Tänzerin stand vor ihm und betrachtete den schönen Mann mit feurigem festem Blick. Im Moment verschwand das brüske, übermüthige Wesen des Russen, er machte eine höfliche Verbeugung indem er zurücktrat und die Spanierin vorüberrauschte. Seine Hand hielt den Wirth, der ihr folgen wollte, einen Augenblick zurück. – »Dinirt die Donna an Ihrer Table-d'hôte?«

»Zuweilen, Durchlaucht, ich glaube, daß sie es heute thun wird.«

»So benachrichtigen Sie mich davon und belegen Sie ein Couvert neben ihrem Platz. Man braucht mir nicht in meinen Zimmern zu serviren.« –

An der Thür ihres Salons empfing die Tänzerin bereits den aufmerksamen Wirth.

»War das der Russe, Monsieur?«

»Gewiß, Sennora, und Sie haben bereits eine Eroberung an ihm gemacht. Der Fürst fragte, ob Sie die Table-d'hôte beehren würden?«

»Ah – bah! wir wollen sehen! Was war das für eine Scene, als ich kam? bitte erzählen Sie!«

Der Hotelier lachte.

»Das Abenteuer ist wirklich pikant und wird Aufsehen machen. Der junge Fürst besuchte gestern den letzten Sommernachtsball bei Kroll und scheint da mit einer kleinen Grisette soupirt zu haben, denn er kam spät nach Hause. Vor einer halben Stunde, während er noch schläft, erscheint ein Polizei-Agent, erkundigt sich nach dem Russen und verlangt, gemeldet zu werden. Ich muß nachgeben und der Fürst erscheint sehr verdrießlich im Schlafrock. Die Scene war Goldes werth! ich will versuchen, sie Ihnen dramatisch wieder zu geben!«[46]

»Allons, Monsieur, ich warte!«

»Der Agent bittet sehr höflich um Entschuldigung für die Störung und frägt, ob Seine Durchlaucht gestern den Ball bei Kroll besucht?« – »Ja, mein Herr. Darf man das etwa in Berlin nicht?« – »O, doch – nur erlauben Sie mir die Frage, ob Sie nicht dort bestohlen worden sind?« – Der Fürst sieht ihn groß an, dann seine Pretiosen nach, die auf dem Tische liegen, und sagt: »Ich denke nein. Jedenfalls vermisse ich Nichts!« – »Ich fürchte, doch!« – Der Agent legt eine russische Banknote von hundert Rubeln auf den Tisch. – »Was soll das?« – »Entschuldigen, Durchlaucht, die Indiscretion – soupirten Sie mit einer kleinen Grisette?« – »Ja wohl, mein Herr, aber ich begreife wahrhaftig nicht –« – Der Agent öffnet die Thür und führt die junge Schöne herein, der Sie im Hausflur begegnet sein müssen. – »Ist es diese?« fragt er triumphirend. – »K tschortu! – allerdings – warum weinen Sie, Kind?« – »Die Dirne hat Sie bestohlen, Durchlaucht. Man verhaftete sie heute Morgen, als sie bei einem Banquier diese Banknote von hundert Rubeln wechseln wollte. Das Frauenzimmer log, sie hätte dieselbe von einem unbekannten Cavalier geschenkt bekommen und beschrieb die Person, aber wir kennen das! Unserer Aufmerksamkeit gelang es, zu ermitteln, daß der Fremde Euer Durchlaucht waren, und ich habe die Ehre, das gestohlene Gut zurückzustellen und nur ein kleines Protokoll zur Anerkennung der Person aufzunehmen.« – Das Mädchen weint und schluchzt und betheuert, daß sie keine Diebin sei; der Fürst aber wird ganz roth im Gesicht vor Ärger und schaut die Polizei an, als wolle er sie mit einem Bissen verschlingen. – »Zum Teufel mit Ihrer Dienstfertigkeit! Geht Sie das was an, wenn ich diesem Mädchen Etwas schenke?« – »Nein – aber – wenigstens liegt ein Irrthum vor – man giebt einer Grisette doch nicht hundert Rubel –« – »So? – nun –« der Fürst öffnet ein Portefeuille, holt noch fünf gleiche Scheine heraus und giebt sie dem Mädchen: »Da haben Sie Etwas für den Schreck, Kleine, und Sie, Herr, stören Sie die Leute wegen solcher Lumpereien nicht in ihrem Morgenschlaf.« – »Sie hätten das Gesicht sehen müssen, Sennora, es war zum Malen!«

Beide lachten.

»Der Russe ist also sehr reich?«[47]

»Sein italienischer Kammerdiener erzählt, daß er eine Million jährliche Einkünfte hat.«

»Demonio! – Nun, Sennor, ich habe mich besonnen – ich werde heut in Ihrer Gesellschaft diniren.«

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

In dem Salon des zweiten Stockwerks fand zur selben Zeit eine andere interessante Unterredung statt zwischen zwei uns bekannten Personen, der achtlos im Nebenzimmer die Gräfin Pisani beiwohnte.

Noch kannte Helene Laszlo den Betrug nicht, dessen Opfer sie geworden. Aus den Zeitungsblättern hatte sie und zu seinem Erstaunen auch der Oberst erfahren, daß Capitain Meyendorf im Stabe des Fürsten Gortschakoff der Belagerung von Silistria beigewohnt hatte. Sie erfüllte die Pflichten der Gattin stumm und still, in ihr Schicksal und ihr erhabenes Opfer ergeben, aber ihr Leben war freudlos und bleicher wurde täglich die Wange, trüber das sonst so trotzige, feurige Auge und an dem Herzen nagte der giftige Wurm. Denn wenigstens wußte sie jetzt, wie tief und bitter sie sich in dem Manne getäuscht, dem sie in jener unglücklichen Stunde angetraut worden; sie hatte seinen Character voll Habgier und Ehrgeiz sich vor ihr entlarven und sich jener geschickten Maske liberaler Principien und der Begeisterung und Thätigkeit für die Revolution entkleiden sehen. Nur der Egoismus waltete in ihm und leitete seine Schritte und seine trügerischen Handlungen. Schon der erste, den er nach der Heirath gethan, war eine Verständigung und Aussöhnung mit der österreichischen Regierung, die ihn, somit den Besitz des bedeutenden Grundvermögens seiner jungen Gattin sicherte. Es ging das Gerücht, daß er seitdem zu mehreren diplomatischen Missionen verwandt worden sei, deren Character stark das Gegentheil seiner früheren Tendenzen zeigte. –

Die Gräfin saß in dem durch die Thür geschlossenen Nebenzimmer, mit einer weiblichen Handarbeit beschäftigt, am Fenster, während der Graf, in der Bergère lehnend, eine Cigarette rauchte und mit bald hochmüthigem, bald scharf beobachtendem Blick seinen Gast betrachtete. Dies war die als Banquier Thomas aus Wien im Fremdenbuch verzeichnete Person. – Der sorgfältig arrangirte Haarwurf verdeckte die Tonsur auf dem Scheitel und nur die spitze[48] schlaue Physiognomie rief das Bild des kleinen hagern Abbé zurück, dem wir im Salon der Frau von Czezani in Wien begegneten.

Der Abbé oder Pseudo-Banquier saß in einem Fauteuil, halb hinter der breiten Lehne verborgen; das Manöver, sein Gesicht möglichst im Schatten zu halten, hatte ihm aber wenig genützt, denn der Graf war ein zu erfahrener Kämpe, um nicht auch seinerseits diese Vorsicht zu beobachten. So saßen die beiden Intriguanten einander gegenüber, gleich zwei gewandten, sich ihrer Kraft bewußten Gegnern, Jeder bemüht, eine Blöße des Andern zu entdecken. –

»Der Zufall oder das Glück wollten mir wohl, Graf,« sagte der Abbé, »daß ich Sie gerade jetzt in Berlin treffen mußte. Man erwartete, wie ich höre, in Turin Ihre Rückkehr von London erst im nächsten Monat.«

Es schien ein verborgener Sinn in den Worten zu liegen, denn der Graf nahm die Cigarette aus dem Munde und warf einen raschen Blick nach ihm.

»Bitte – wer erwartete mich?«

»Ei – Graf Cavour und die Brüder La Marmora!«

Der Schlag war direct und eine leichte Röthe überzog das Gesicht des Getroffenen, der unter einem erkünstelten Lächeln seinen Ärger zu verbergen suchte.

»Unsere Obern, lieber Freund,« sagte er endlich, »sind zwar immer sehr gut unterrichtet, aber seit sie gezwungen wurden, Paris zu verlassen und in den Canton Tessin überzusiedeln, scheinen sie doch einige Fäden aus der Hand verloren zu haben.«

»Unsere Obern?« – der Abbé blickte ihn schlau von der Seite an. – »Wir dürften also hoffen, in dem künftigen General noch immer ein eifriges Mitglied des Bundes der Unsichtbaren zu besitzen?«

Diesmal wurde der Graf dunkelroth, dennoch überging er die Pointe der Antwort und sagte möglichst unbefangen:

»Wie mögen Sie oder andere Bundesmitglieder daran zweifeln, wenn ich auch in letzterer Zeit weniger Gelegenheit gehabt habe, thätig zu sein. Sie wissen so gut wie ich, wenn Sie mich auch wenigstens vorläufig nicht daran erinnern wollen, daß uns außer unserm Eide manche Dinge der Vergangenheit unauflöslich verbinden –«[49]

»Auch seitdem – zum Beispiel: Parma und der 26. März!«

»Still um Gotteswillen! – was ich sagen will ist, daß ich unverändert der Ihre bin, so weit es meine anderweiten Verhältnisse mir gestatten.«

»Die sich durch die Heirath mit der schönen Nichte des Fürsten Esterhazy allerdings bedeutend verändert haben. Wir sind gewiß nicht unbillig, lieber Graf und ehren nicht blos das Recht der Flitterwochen, sondern selbst des Flitterjahres, tragen auch den Verhältnissen alle Rechnung und wünschen nur, daß unsere ehemaligen Mitglieder – wenn sie uns nicht mehr brauchen – unsere Pläne wenigstens nicht durchkreuzen

»Wie meinen Sie das?«

Der Abbé schien die Frage zu überhören, wenigstens antwortete er nicht direct.

»A propos, Graf, wie hoch beläuft sich jetzt die active sardinische Armee? als jetziger Adjutant des Generals La Marmora werden Sie das genau wissen?«

Diesmal schaute der Oberst Jenen von der Seite an.

»Fünfundvierzigtausend Mann, Abbé. Seit wann beschäftigen Sie sich mit militairischer Statistik? – Doch,« fuhr er, rasch zu einem andern Gegenstand übergehend, fort, »da ich mich seit zwei Monaten auf Reisen befinde, weiß ich wenig von dem Stande der Verbindung und bitte Sie um einige Mittheilungen.«

»Sehr gern, Herr Graf, um so mehr, als ich Ihre Aufmerksamkeit doch dafür in Anspruch genommen hätte. Sie werden sich erinnern, daß am 26. März die Versammlung des Bundes in Paris gesprengt wurde und die Führer genöthigt waren, wenigstens vorläufig Paris zu verlassen.«

»Es war zu der Zeit, wo wir uns zuletzt in Wien trafen.«

»Richtig! Sie brachten damals Ihre junge Gattin dahin zurück und machten Ihren Frieden mit der österreichischen Regierung.«

Der Graf rückte unbehaglich auf dem Sessel.

»Können Sie mir das verdenken? Das ganze Vermögen meiner Frau liegt im Kaiserstaat. Ich habe in Sardinien Nichts als meinen Sold.«

»O, sicher nicht, und Sie haben gesehen, wie wir es vermieden, Sie mit unsern Angelegenheiten zu behelligen. Die höchste Gewalt war damals zweifelhaft, wohin man den Rath verlegen sollte, ob nach London oder Piemont; zuletzt entschloß man sich[50] für Tessin. Man wünschte Sardinien und Frankreich möglichst nahe zu sein. Der Tod des Bourbons in Parma hat in Ober-Italien einen tiefen Eindruck gemacht.«

»Er hat uns mehr geschadet, als genützt.«

»Ich weiß es. Wir unter uns können uns offen gestehen, daß wir seither eine große Niederlage erlitten haben. Die jetzigen europäischen Verwickelungen sind von uns ausgegangen, indem wir bei dem allgemeinen Sturm oder der allgemeinen Erschöpfung hofften, einen durchgreifenden Schlag thun zu können. Diese Hoffnung scheint sich nicht zu verwirklichen. Zunächst hält sich Deutschland fern von dem Kampf durch die zähe Politik dieses verhaßten Preußens, das wir auf Rußlands Seite zu sehen hofften. England weigert sich demnach Polen, Ungarn und Italien zu revolutioniren und begnügt sich mit der lassen Bildung elender Fremdenlegionen, die für uns eine gute Hilfe gewesen wären, aber ein unzureichendes Mittel sind. Der Kaiser Napoleon endlich, unser Zögling und jetzt unser bitterster Gegner, hat die Maske abgeworfen, er hat die Leitung der europäischen Angelegenheiten uns aus der Hand gerissen und in der seinen concentrirt. Er weiß, daß er um die Herrschaft in Europa allein mit uns zu kämpfen hat und – er hält die Revolution bereits unter seiner Faust, wie die Maßregeln in Paris und die politischen Prozesse durch ganz Frankreich jetzt zeigen.«

»Bis einer jener ›Zufälle‹ eintritt, welche so oft die Geschichte geändert haben.«

Der Graf sah seinen Gefährten bedeutsam bei diesen Worten an.

»Wir wollen darauf hoffen. Unsere Stütze gegen die erschöpften und decimirten Soldaten der kriegführenden Mächte wird dann die von dem jetzigen Krieg unberührte und gekräftigte sardinische Armee sein, das wissen Sie.« – Sein Blick fixirte dabei den Grafen, der eine gewisse Verlegenheit nicht zu bemeistern vermochte. – »Selbst unsere geniale Finanzspeculation hat dieser Usurpator an sich gerissen. Sie wissen, daß Baron Riepéra zum Verräther geworden?«

»Ich hörte den Argwohn bei seinem Bankerott; man hat lange Nichts von ihm vernommen?«

»Er hält sich gut verborgen mit Hilfe seiner Million, die ihm damals der Coup in Wien eingetragen, aber wir erkennen in[51] Vielem seine Hand und es ist kein Zweifel, daß er uns an Napoleon verrathen hat. Die Gründung des Credit mobilier ist sein Project, die Pereire's sind seine Verwandten. Nach den achtzehnmalhunderttausend Franken, die wir bei seinem gut gespielten Fallissement verloren, sind uns wiederholt harte Schläge beigebracht worden, die beweisen, daß eine mit unseren Geldgeschäften ganz vertraute Hand dabei geholfen hat.«

»Aber was kann den Baron zu dem Verrath bewogen haben?«

»So viel ich weiß, eine Lection, die er vor dem Rath des Bundes erhielt und – ich glaube, jener Vorgang im Landhaus der Frau von Czezani. Er war eine Memme, der dergleichen Schrecken einjagt. Doch genug von ihm, wir werden ihn zu finden wissen, trotz seines neuen Beschützers. Mein Aufenthalt hier in Berlin jedoch ist nicht ohne Bezug auf seinen Verrath. Wir wollen versuchen, unsern damaligen Verlust wieder zu gewinnen.«

Der Oberst horchte hoch auf.

»Sie gewannen bei unserm wiener Geschäft mit der Nachricht von der Kriegserklärung der Türkei auf Ihren Privatantheil zwanzigtausend Gulden. Ich glaube, Ihnen das Doppelte dieser Summe versprechen zu können, wenn Sie mich unterstützen wollen.«

»Wie das?«

»Ich befinde mich seit drei Tagen hier, seit die Nachricht von der Almaschlacht hier bekannt ist, um den Augenblick für einen Coup abzupassen, der von uns von Wien aus dort, hier und in Paris an den Börsen vorbereitet wird. Indeß – ich fühle mich hier genirt; irgend ein Mißtrauen hat mir einen der verschmitztesten österreichischen Polizeiagenten nachgeschickt und ich sehe mich von dem Menschen auf allen Tritten und Wegen beobachtet. Er logirt dort in dem Hotel gegenüber und belauert mich. Im entscheidenden Augenblick – und dieser ist heute – könnte er mir einen unangenehmen Streich spielen und aus dieser Verlegenheit zieht mich Ihre Ankunft. Sie sind durch Ihre Heirath ein Verwandter des österreichischen Gesandten geworden und es wird Ihnen ein Leichtes sein, eines der jüngeren Mitglieder der Gesandschaft zu bewegen, mit Ihnen heute die Börse zu besuchen, unter dem Vorwande, das Treiben daselbst kennen zu lernen.« –

»Ich begreife aber noch nicht, was Sie eigentlich bezwecken?«

»Überlassen Sie mir die Überraschung; – die Presse ist[52] in eine Falle gegangen, über die man Jahre lang lachen wird. Noch Eines – haben Sie Credite auf Berlin?«

»Auf Mendelssohn und Compagnie tausend Ducaten.«

»Das wird für Sie genügen, außerdem garantirt leicht die österreichische Gesandtschaft Ihr Vermögen. – Wissen Sie, daß wir im Hotel noch einer bekannten, gewissermaßen zu uns gehörenden Persönlichkeit begegnen?«

»Sie meinen die spanische Tänzerin, welche an jenem Abend im Salon zu Hietzing zugegen war?«

»Ja. Sie ist hierher bestellt. Sobald unsere finanzielle Aufgabe in Ordnung, werde ich sie nach Petersburg dirigiren. Wir haben zwar über Berlin Nachrichten von dort, doch scheint unser Spion hier nicht ehrliches Spiel mit uns zu treiben und das Wichtigere für Paris und London aufzusparen. Man will einen Versuch mit der verführerischen Schönheit unserer Donna an gewissen Personen machen. – Doch still – hier kommt die Gräfin!«

Die Gräfin trat in das Zimmer.

»Der Kellner des Hotels meldet den Herrn von Treumund – ich weiß nicht, ob Sie den Mann haben rufen lassen?«

Der Abbé fiel ein:

»Ganz recht, lieber Graf – ich habe mir erlaubt, ihn hierher zu bestellen, ich bitte, lassen Sie ihn eintreten.«

Die Gräfin winkte nach der Thür zurück, dann wandte sie sich nochmals zu ihrem Gemahl:

»Ich beabsichtige, einen Besuch bei meiner Cousine abzustatten – werden Sie mich begleiten?«

»Ich habe Geschäfte, die mich daran hindern und werde später dem Herrn Gesandten meine Aufwartung machen.«

Die Dame entfernte sich. – »Wer ist der Herr?« fragte der Graf.

»Er ist oder wird einer der gewandtesten Courtiers Berlins. Als Correspondent mehrerer französischen und deutschen Journale ist er nicht ohne Einfluß, durch seine Thätigkeit in allen Kreisen bekannt, durch das schlaue Geschäft seiner Adoption von einem alten Bummler adligen Namens für die gute Gesellschaft möglich gemacht – ist er zwar augenblicklich von Schulden und Wechseln gedrückt, aber für unsere Absicht vortrefflich geeignet, und ich zweifle keinen Augenblick daran, daß er sich bald glänzend in die Höhe[53] bringen wird, um so mehr, als er eben mit einem der ersten deutschen Speculanten zur Benutzung der Presse in Verbindung getreten ist. Kennen Sie das Börsentreiben?«

»Ich habe noch nie einen Fuß dahin gesetzt.«

»So ist er gerade der Mann, um Sie in die Geheimnisse dieser Coulissen einzuweihen. Ich bitte, lassen Sie ihn kommen.«

Er nahm einige Papiere aus der Tasche, während der Kammerdiener des Grafen durch die Hauptthür einen Fremden in den Salon entführte. Es war ein junger hübscher Mann mit blondem Haar und Bart, bemüht, aristokratische Manieren zu zeigen, dem jedoch seine große Beweglichkeit entgegen war. Die Augen waren klein, blinzelnd und gutmüthig.

Der Abbé – oder vielmehr Banquier Thomas – stellte den Fremden vor und nöthigte ihn zum Sitzen.

»Graf Pisani,« sagte er, »ist vollkommen eingeweiht in das Geschäft und wird uns bei unserer heutigen Operation unterstützen. Die Zeit drängt und so bitte ich sogleich um Ihren Bericht. Welchen Eindruck haben die gestrigen Abend-Nachrichten von Wien gemacht?«

»Das telegraphische Correspondenz-Bureau hat sie noch am Abend verbreitet. Die heutigen Morgenblätter und die Abendzeitungen durch Extrablätter melden zwar nur unbestimmt: ›Westmächte im Besitz eines Forts von Sebastopol; Russen 15,000 Mann verloren; Fürst Menschikoff sechs Stunden Bedenkzeit erhalten.‹ Heute Morgen ist aber bereits von Paris eine telegraphische Bestätigung eingetroffen und man erwartet heute bei Beginn der Börse die ausführliche Nachricht.«

»Und die Course?«

»Sie gingen in der gestrigen Abendversammlung der kaufmännischen Ressource rapid in die Höhe, und werden offenbar heute um drei bis vier Procent steigen.«

»Sie haben russische und Schatzobligationen in verschiedenen kleinen Posten angeboten?«

»Ich habe nach Ihrer Bestimmung verfahren, aber Niemand will sie, selbst zu 72 nicht.«

Der Abbé rieb sich vergnügt die Hände. – »Es war vorauszusehen. Lassen Sie uns überblicken, wie unsere Geschäfte stehen.«

Der Berliner Courtier öffnete das Portefeuille, das er in der Hand hielt, und nahm eine Note heraus.[54]

»Recapituliren wir. Auf Grund der Creditive von Eskeles und Sina kaufte ich an der Sonntags-Börse bei unsern drei ersten Bankhäusern 115,000 Gulden Metalliques zu 723/4

»Richtig, sie standen gestern bereits 751/4 und werden heute noch mehr in die Höhe gehen.«

»Ich hoffe es, indeß ist das schon ein Gewinn von 2775 Gulden. Ferner 300,000 Gulden Nordbahn zu 173.«

»In diesem Augenblick 1791/2

»Oberschlesische 180,000 Thlr. zu 921/2, 120,000 Gulden Neueste Anleihe zu 961/4 und 200,000 Thlr. Cosel-Oderberger zu 1631/4. Sie stehen bereits 205.«

»Der Schlag ist bedeutend. Die Käufe betrage nach meiner Berechnung also 1,060,000 Thlr.«

»Und der Gewinn in diesem Augenblick über 90,000.«

»Nun merken Sie wohl auf, lieber Freund, was ich Ihnen sage. Die Course werden heute und morgen noch rapid steigen und die Nachfrage wild sehr bedeutend sein. Glauben Sie, daß Sie heute sämtliche Papiere, über die wir disponiren, zum heutigen Cours für den 15. verkaufen können.«

»Unbezweifelt – wenn wir so thöricht sein wollten.«

»Überlassen Sie das mir; ich habe meine Gründe dazu, und Sie sollen an Ihrer Courtage nicht zu kurz kommen. Doch wird es gut sein, wenn Sie mit dem Verkauf mehrere Agenten beauftragen, denn so bedeutende Summen aus einer Hand würden die Aufmerksamkeit auf sich ziehen und leicht die Hausse stören. Ich werde auf der Börse zugegen sein, um nöthigen Falls Ihnen meine Bestimmungen geben zu können. Im Übrigen aber wird es zweckmäßig sein, wenn Sie viel mit dem Herrn Grafen hier und seinem Begleiter verkehren, so bald diese an der Börse erscheinen, und geschickt das Gerücht verbreiten, daß von diesen bedeutende Aufkäufe gemacht würden.«

Der Agent verbeugte sich schlau lächelnd.

»Ich verstehe und werde nicht verfehlen, dies zu thun. Doch erlauben Sie mir, auf einen Umstand Sie aufmerksam zu machen, da es mir scheint, daß Sie neue telegraphische Nachrichten erhalten haben. Man argwöhnt an der Börse seit einiger Zeit, daß viele der eingehenden Depeschen auf irgend eine noch unerklärte Weise verrathen werden. Einer unserer Börsenmatadore scheint die Course und Aufträge von außerhalb förmlich zu riechen und überflügelt[55] alle mit seinen Combinationen – oder seinen Nachrichten. Es wäre fatal, wenn er uns in die Quere käme.«

Herr Thomas lächelte. – »Beruhigen Sie sich auch hierüber, auch der Herr wird kaufen.«

Der Courtier empfahl sich. – – – – – – – – –

Der Neubau einer Berliner Börse gehört zu den Seeschlangen ohne Ende, die fortwährend auftauchen und niemals erlegt werden. Zwischen der Dampfmaschine der großen Fontaine und den Ruinen des neuen Doms, für dessen Camposanto-Entwürfe Cornelius die bescheidene Forderung von hunderttausend Thalern macht, liegt oder lag die Villeggiatura des Berliner Handelsstandes und seit drei oder vier Jahren des Berliner Geld- und Creditschwindels. Ein wenn auch nicht unstattliches, doch sehr beengtes Gebäude mit einem von Bäumen besetzten kleinen Vorplatz nimmt täglich von zwölf bis drei Uhr eine Anzahl von mindestens 2000 Personen auf, die den großen Handel und Geldverkehr der Hauptstadt ursprünglich vermitteln sollen zur Beförderung und Vertheilung des Wohlstandes und der Industrie des Landes.

Seit den letzten drei Jahren jedoch ist das Berliner Börsenleben zu einer Pest des Landes ausgeartet, verwerflicher, hundertfach gefährlicher, als die von der öffentlichen Meinung und der Regierung geächteten Spielbanken, die nur Einzelne verderben, während die Börse auf alle Klassen demoralisirend oder die Zustände verschlimmernd wirkt.

Der frühere Börsenverkehr steht zu der jetzigen Börsenwirthschaft wie die gediegene kaufmännische Berechnung zu dem Delirium der Speculation, wie die Waare zur Ziffer, wie der Handel zum Diebstahl. Vielleicht characterisiren, wenn auch nur schwach, die nachfolgenden Crayons einigermaßen dies Treiben. –

Es war Mittag gegen ein Uhr, als Graf Pisani Arm in Arm mit einem Attaché der österreichischen Gesandtschaft auf dem Vorplatze der Börse erschien und langsam durch die versammelten Gruppen wandelte, dem Treiben des Verkehrs zuschauend. Die handgreiflichen Differenz-Ausgleichungen einiger Mitglieder hatten damals noch nicht die Eintrittskarten eingeführt und jeder Fremde betrat ungenirt das Sanctuarium des Zahlenschwindels. Der Attaché war mehreren der großen Banquiers bekannt, die ihn begrüßten und ansprachen, und wunderbar schnell verbreitete sich die Nachricht auf der Börse, daß ein Mitglied der Gesandtschaft mit[56] einem vornehmen Fremden anwesend sei. Offenbar hatte dabei der Agent Treumund die Hand im Spiele, der alsbald bei dem Erscheinen der beiden Herren sich dem Grafen anschloß und den Cicerone nachte, von Zeit zu Zeit sie verlassend und bald hier, bald dort neue Geschäfte abschließend.

Dies Verfahren konnte nicht verfehlen, Aufmerksamkeit zu erregen, um so mehr, als bald bekannt wurde, daß die Aufträge, welche der Agent machte, über große Summen lauteten und die Börse ohnehin in höchster Erregung war. So eben waren die telegraphischen Depeschen des Correspondenz-Bureau's von Wien und Paris über die dortigen Course eingegangen und der Agent des Hauses Oppenheim verlas nach der getroffenen Einrichtung von einer Erhöhung dieselben mit lauter Stimme. Die Boten des Staats-Telegraphen-Bureau's durchbrachen mit Privatdepeschen suchend die Menge. Das Geschäft schien in vollem Gang und die vereideten Makler wurden bestürmt mit Anmeldungen.

Der Graf mit dem Gesandschafts-Cavalier, der zu unerfahren und zu sehr Edelmann war, um so rasch zu begreifen, daß er hier zur Folie diente – hatte endlich am Eingang des Hauses einen Platz gefunden, von wo Beide das Treiben innen und außen beobachten konnten. Der Agent stand bei ihnen.

Die Scene umher war wirklich charakteristisch und für einen Unbetheiligten an Stoff zu Beobachtungen überreich. Eine Wirrniß von Geschwätz und Geschrei – oft dem eigenthümlichen Idiom einer polnischen Juden-Synagoge gleichend – lag auf dieser sich drängenden, stoßenden, sammelnden und hin und her eilenden oder fest auf gewissen Stellen ansharrenden Menge, in der die gebogene oder kulpige Nase als Typus in hundert Variationen des Alters vorherrschend war. Die gewöhnliche Höflichkeit und Rücksicht großer Gesellschaften schien aus dieser verbannt und Jeder im Schreien, Stoßen und Drängen nur auf seine eigenen Zwecke Bedacht zu nehmen. Ein Notizbuch in der einen, den Bleistift in der andern Hand, mauschelnd, rufend, fragend, horchend, betheuernd und wegwerfend, die gespannteste Aufmerksamkeit in der lauschenden Miene oder mit verächtlichem Achselzucken, schmeichelnd und scheltend, kriechend und hochmüthig – überall die Ohren, überall die Augen – hier ein Wort wechselnd, dort ein Opfer in den Winkel drängend, lügend und belogen, täuschend und getäuscht, jede Spannung, jede Heuchelei auf den Gesichtern, bedächtig und hastig,[57] schnöde und freundlich, lärmend und schweigend, so wogte das Chaos der Geldintelligenz, das sich den Reichthum und die Intelligenz des Landes nennt!

»Staats1! wer kauft?«

»Zehn2! Wie steht?«

»Wer hat Cölner – Enkel3? Achtundachtzig drei Viertel? Ich kaufe.«

»Herr Lion, Herr Lion, wo ist Herr Lion?«

»Franzosen4! Hundertsiebenundsiebzig ein Halb!«

»Schreiben Se mer ein, Zwanzig zum Ersten. Wollen Se handeln mit Wittenberger? Herr Friedemann, brauchen Sie Rheinische Kinder?«

»Sechsundachtzig – haben Se gehört, Herr Hertel? Notiren Sie den Cours – Sechsundachtzig bezahlt5

»Hören Se zu – Meyer is am Kaufen – Nordbahn und 1854er Loose, lassen Se uns eilen, sonst kommen mer zu spät.«

Dazwischen schellt die Glocke als Signal um Abschluß.

»Die Zahl Ihrer großen Kaufleute und Banquiers, die an der Börse Geschäfte machen, scheint sehr bedeutend,« bemerkte der Sardinier.

»Der Schein täuscht, – von der ganzen Zahl, welche die Börse füllt, verdient kaum der vierte Theil, hier zu sein. Vielleicht die Hälfte ist nicht einmal der Kaufmannschaft incorporirt und besteht aus den sogenannten ›Wilden‹. Wenn es Ihnen Vergnügen macht, will ich Ihnen die Einrichtung und das Treiben unserer Börse in kurzen Worten schildern.«

»Ich bitte darum.«

»Man kann die Börsenleute etwa in vier Kategorieen eintheilen. Zuerst die großen Banquiers, jene Säulen des großen Geldmarkts, die traditionelles Vermögen und Geschäfte, die eine[58] Vergangenheit haben und einen europäischen Ruf, wie z.B. Magnus, Jüterbock, Schickler, Mendelssohn, Anhalt und Wagner, Robert Warschauer u.s.w. Diese Koryphäen des Geldmarkts machen fast nie eigene Speculationen, sie betheiligen sich an Anleihen oder sind die Commissionaire derselben. Ihre Repräsentanten erscheinen hier nur um der Gewohnheit des Hauses willen und führen nur die Geschäfte ihrer Committenten aus. Sehen sie da die stabilen Posten dort auf den Bänken und an dem Gitter? Das sind unsere Geldfürsten oder ihre Vertreter. Das wohlbehäbige runde Gesicht dort stöhnt über die Unmasse der Geschäfte und seine ganze Arbeit besteht am Tage darin, sich zwei Stunden lang Herr-Von nennen zu lassen und die andere Zeit zu flaniren! – Sehen Sie da das Paar prächtige Waden in den eng anliegenden Beinkleidern am Gitter dort im Winkel nach dem Dome zu? Diese musculöse Kraft ohne besondere geistige Capacität ist der Börsen-Repräsentant einer unserer nobelsten Firmen, so wie jener junge jüdische Aristokrat mit den in beliebter Waffelart bis an die Achselhöhlen zurückgeschlagenen Rockpatten, die Frucht eines unserer berühmtesten jüdischen Häuser. Einstweilen läßt er sich von Minna schröpfen und der achtbare Papa dort in der Banknische an den Säulen neben ihm schlägt mit stiller Behaglichkeit die Beine übereinander, neigt den Kopf zur Seite und harrt der Coursnotirungen, wie Jeremias auf den Trümmern von Jerusalem. So einfach der Mann aussieht, sein Vermögen wird mit zwei Millionen taxirt, denn hier, Herr Graf, hat Alles seine Taxe.«

»Sie erzählen pikant!«

»Journalistenmanier. Kommen wir zu der zweiten Kategorie, den kleinen Banquiers und großen Spekulanten. Diese sind die Hauptfaiseurs der Börse, sie machen die Course und treiben einen Umsatz in Ziffern, der in's Kolossale geht. Man kann die Summen, die jetzt an der Berliner Börse umgeschlagen werden, auf durchschnittlich zwei eine halbe Million täglich rechnen. Ein Theil dieser Männer macht noch Banquiergeschäfte, ein anderer Theil bloße Spekulationen. Sehen Sie den großen hagern Herrn dort mit der halben Glatze und dem verlebten Gesicht? In jeder dieser Falten sitzt eine verzehrende Leidenschaft. Der Mann hat in Sachsen schon fünfmal auf Nichts gestanden und seine Spekulationen haben ihn immer wieder auf den Gipfel des Reichthums gehoben. Er kommandirt in diesem Augenblick wieder ein paarmalhunderttausend[59] Thaler, ist unser größter Baisse-Spekulant und seine polnische Maitresse holt ihn alle Nachmittage in glänzender Equipage von seinem Tummelplatze ab, bis – –«

»Es liegt etwas Unheimliches in seinen Manieren; jetzt schießt er wie ein Stoßvogel durch die Menge.«

»Das ist so seine Manier, – er hat sein Opfer. Dort steht sein Gegenmann – ich meine jenes durchsichtig blasse Gesicht mit der eigenthümlichen Farbe der Wasserleichen, denen man einen Zoll tief durch's blutlose Fleisch zu sehen wähnt.«

»Das Gesicht ist interessant, das Auge scharf und voll Verstand, der Ausdruck ruhig.«

»Und dennoch ist sein Besitzer voll rastloser Beweglichkeit, und es duldet ihn kaum einen Augenblick schweigend auf demselben Platz. Er ist unser bedeutendster und glücklichster Spekulant und ausgezeichnet durch ein so enormes Gedächtniß, daß er zu seinen Geschäften, obschon er ihrer täglich 50 bis 60 schließt, nie ein Notizbuch braucht. Man fängt übrigens an auf der Börse, ihn mit einem gewissen Argwohn zu betrachten, denn er scheint fast allwissend in Betreff aller ankommenden Nachrichten, so glücklich sind seine Combinationen. Ich habe schon vorhin gegen Ihren Freund meine Besorgnisse geäußert.«

»Der Herr scheint fortwährend umlagert von einem Schwarm, Alles drängt sich um ihn.«

»Die Ursach' werd' ich Ihnen gleich in einer weiteren Kategorie erklären. Erwähnen will ich nur noch, daß die fünfzehn oder zwanzig Mitglieder der eben bezeichneten jährlich durch ihre Spekulation sechs- bis achtmalhunderttausend Thaler verdienen.«

»Die also das Publikum zahlt,« bemerkte der Attaché.

»Ganz recht; und noch ärgere Blutegel sind die beiden letzten Kategorieen. Die dritte besteht zunächst aus den privilegirten Jobbern, der eigentlichen kleinen Mauschelei, welche die beiden höheren Stufen schon abgeschliffen haben. Hier findet man die kleinen Geschäfte und den jüdisch näselnden Jargon, den ausgehungerten Jobber neben dem behäbigen gemachten Geldmann, wie jenes Exemplar dort zeigt, das vorzüglich in Magdeburg-Wittenberger macht und die orientalische Abstammung durch einen wohlgehegten Schnurrbart zu cachiren sucht. Das Studium dieses Genres ist wirklich interessant. Blicken Sie einmal dorthin auf den alten grauen Kerl, der so schmuzig aussieht, als käm' er aus einem Trödelladen vom[60] Mühlendamm, und dann wieder die stattliche ruhige Figur dort, der man die höhere Intelligenz ansieht und wie sie ihre Umgebung dominirt. Der Herr dort ist der Hauptautor der berühmten Inserate der Vossischen und man hört sie täglich bei den Geschäftchen sans gêne berathen.«

»Aber zu welchem Zweck, wenn man doch weiß, woher sie stammen?«

»Für's Publikum, lieber Herr; denn es giebt nichts Dümmeres, als das Publikum im Allgemeinen. Es ist eine Hammelheerde, die angeleitet werden muß, das sauer oder glücklich erworbene Geld rasch wieder los zu werden. Die Klasse der Makler und kleinen Banquiers macht nur geringe eigene Spekulationen, indem sie in die Nähe der großen Tonangeber sich drängt, ein Wort aufschnappt und sich mit einigen Tausenden in der Spekulation betheiligt. Freilich bekommen sie dabei oft die ärgsten Ohrfeigen; denn es ist eine alte Regel, daß über kurz oder lang die kleinen Spekulanten der Börse von den großen aufgefressen werden. Die Großen verstehen ihr Handwerk. So wird es dem ›Börsenkönig‹ nicht einfallen, wenn er verkaufen will, dies auf der Börse zu thun. Im Gegentheil, dort kauft er einzelne Posten des Papiers und streut den Leuten damit Sand in die Augen, während in allen Ecken seine lange vor Beginn der Börse instruirten Agenten die wahren Geschäfte für ihn machen. Im Übrigen zahlt ihre Existenz das Publikum durch die Courtage und die Kunst des Schneidens. Bitte, wenden Sie das Auge dort auf jenen Mann. Der Schacher ist ihm jedem Zuge ausgeprägt und der Mensch ein originelles Exemplar der Jobberei. Er hat immer eine Parthie Uhren, Brochen, Brillanten und dergleichen zur Hand, die er förmlich als Prämie für ein Geschäft ausbietet. Sehen Sie, eben ist er wieder daran, ein Geschäft zu machen, lassen Sie uns den Spaß haben, einen Augenblick näher zu treten und ihm zuzuhören.«

Der alte Mann, den das charakteristische Zeichen orientalischer Schlumperei, die über den fettigen Rock heraushängenden Kragenbänder und eine fast in den Mund sich krümmende Nasenspitze kenntlich machte, hielt einen jungen Kaufmann beim Rockknopf fest. »Woll'n Se mer liefern acht Mecklenburger zu Einundvierzig en Viertel, Herr Lehmann? Wissen Se was, ich geb' Sie diese gold'ne Uhr mit de dicke Berlocks zu. Wie, Se wollen nich[61] machen den Rebbes? Aach gut. Se sollen haben vier Nordbahn-Kinder, Fünfundvierzig drei Viertel und diese Busennadel.«

»Der Werth der beiden Pretiosen,« sagte lachend der Courtier, »ist mit einem kleinen Profitchen dem der Procente gleich, um welche der Alte die Papiere höher oder niedriger schachert. Doch lassen Sie uns zu Ende kommen mit der allgemeinen Charakteristik. Die vierte Kategorie besteht aus dem Troß, der neben den beiden andern herläuft und den Vermittler und Pfuschmakler spielt: die sogenannte Coulisse, alte bankerotte Gauner und junge unverschämte Bengels von fortgejagten oder fortgelaufenen Commis, eine Rotte von Tagedieben, zu faul, um wirklich zu arbeiten, aber schlau genug, um sich hier überall aufzudrängen und täglich ein oder zwei kleine Geschäftchen zu erluchsen, die ihnen durchschnittlich vier, fünf Thaler, häufig auch noch Besseres abwerfen, jedenfalls weit mehr, als der ehrliche Commis bei angestrengter Arbeit verdient. Wenn sie am Ultimo nicht zahlen können, bleiben sie eine kurze Zeit fort oder lassen sich hinauswerfen. Die Sorte ist wir die Schmeißfliegen, zu jeder List und jeder Gaunerei bereit; es laufen ihrer über Hundert umher, und das Publikum muß sie täglich mit fast tausend Thalern ernähren, um die ihm die Pariere vertheuert werden. Zum Glück ist wenigstens unsere Börse noch ziemlich rein von dem Besuch der Privaten; das Publikum, das bereits in allen Ständen massenhaft speculirt, liegt noch in den Händen der großen und kleinen Banquiers, und nur Wenige kommen selbst. Da ist ein Exemplar. Sehen Sie da an dem Baum links den langen schwarzgekleideten Herrn, welcher mit einem meiner Kollegen spricht?«

»Den mit der Brille? ja.«

»Er ist Hauslehrer bei dem *** Gesandten. Bei der türkischen Kriegserklärung, die er von seinem Prinzipal erfahren, wagte er sich auf das Glatteis der Börse und gab mir einen Auftrag. Er gewann, indem er sein ganzes Erbtheil, 400 Thaler, wagte, damit das Doppelte und speculirt seitdem fortwährend, bis – – Da drüben am Gitter des Museums neben Piefke mit seinen weißen Mäusen und Inseparables, die nur zusammenleben und die er einzeln verkauft, – steht ein Bild von dem gewöhnlichen Ende solcher Privatspeculanten.«

»Der Mensch in dem desolaten Aufzug, der so unverwandt hieher schaut?«[62]

»Vor zwei Monaten noch hatte er Credit für Tausende, obschon er längst ruinirt war. Der Mann besaß zwei Häuser in der Friedrichsstraße und ein gutes Geschäft. Als der Actienschwindel bei uns begann, wollte er mit Gewalt seinen Wohlstand zu Reichthum machen und ließ sich, obschon er nicht das Geringste davon verstand, mit einem Spiritusspeculanten ein. Später, um sich herauszureißen und die erlittenen Schlappen zu decken, machte er in rheinischen Actien und verlor in Zeit eines Vierteljahrs 75,000 Thaler. Er ist jetzt ein Bettler, aber so auf das Börsenspiel versessen, daß er täglich wenigstens hierher kommt, um von ferne zuzusehen. Seine Familie hat jetzt oft kaum das trockene Brot.«

»Solche Beispiele werden durch die entgegengesetzten aufgewogen, es fehlt gewiß auch hier nicht an Leuten, die rasch reich geworden.«

»Im Gegentheil, sie schießen wir Pilze aus der Erde und Niemand weiß oft, woher die Mittel zu der Verschwendung kommen, die sie so plötzlich entwickeln. Der Herr im grünen Reitfrack, der sich dort rechts nach Kalau drängt, – entschuldigen Sie, Sie verstehen den Kunstausdruck nicht, jener Fleck heißt bei uns Kalau, und die große Gesellschaft der beschriebenen dritten Kategorie, die sich dort zu postiren pflegt, heißt man Kalauer, – also jener Herr hatte, wie unsere meisten Kleiderjuden, bereits zwei Mal Bankerott gemacht, sich aber damit im Gegensatz zu ihnen völlig ruinirt, so daß er, um den Executoren zu entgehen, nirgends eine bleibende Wohnung hielt. Seit vier Wochen fährt er mit einem eleganten Tilbury, nimmt im Opernhaus nur Fremdenloge, trägt täglich vier Paar strohgelbe Handschuhe und führt Signora Caspari in den Pariser Keller. Bis zu einer Tänzerin hat er es freilich noch nicht gebracht, so gern er auch den Baron spielen möchte.«

»Welche Papiere haben ihn denn so plötzlich reich gemacht?«

»Reich – Börsenpapiere? Beides weniger. Er ist Commissionair geworden und makelt in Rittergütern; auf die Börse kommt er nur so nebenbei.«

»In Rittergütern? – ich denke, der preußische Adel conservirt sein Grundeigenthum?«

»Die Gütercommissionaire sind jetzt ein coulantes Geschäft und vermehren sich täglich. Die Zeitungen wimmeln von ihren[63] Anzeigen, in denen sie herrschaftliche Güter jeder Art und Größe zum Verkauf anbieten, und wenn auch drei Viertel dieser Annoncen notorisch erlogen sind, so verstehen sie doch bei dem bleibenden Viertel die beiden Parteien so gründlich zu schröpfen, daß der Wucher, der mit dieser Erscheinung eng zusammenhängt, daneben eine Tugend ist. Nun, Herr Levi,« – er sprang rasch zu einem Vorübergehenden, – »wollen Sie noch eine kleine Post Nordbahn-Väter?«

Der kleine dicke Mann, den er angeredet, rieb sich innerlich lachend die Hände.

»Was soll ich thun damit, Herr von Treumund? Einstweilen wollen wir abwarten die Bestätigung von die Nachrichten von die Tataren und von die Schiffscapitaine von's Schwarze Meer. Sie wissen, Freund, ich bin vorsichtig.«

»Das ist ein schlimmes Zeichen,« flüsterte zurückkehrend der Courtier zu dem Grafen. »Der Mann ist der Geldfaiseur höchst einflußreicher, ja hoher Personen, die rechte Hand von Leuten, die am Staatsruder sitzen, und in vielen Beziehungen ein höchst scharfsinniger Patron. Eine Hand wäscht die andere und Geldgeschäfte und Lieferungen haben ihn zum reichen Mann gemacht. Gewiß sinnt er dafür schon, welchen Patriotismus er am Königs Geburtstag an's Lampenlicht stellen oder welche neue finanzielle Denkschrift er für einen seiner Mäcens vom Stapel lassen wird. Der Mann wirft Hunderte fort für eine seiner rastlosen Launen und schlägt dafür einen jungen Handwerksmann halb todt, weil dieser sich nicht ein Viertel seiner Rechnung kürzen lassen will. Aber ich muß ihm nach und ihn zu einem, wenn auch noch so kleinen Geschäft bewegen. Hier auf der Börse achtet man auf Alles.«

Er schoß davon.

Aus dem Menschenstrom, der aus dem Börsensaal nach dem Vorplatz und zurück wogte, drängte sich ein kleiner noch ziemlich junger Mann mit gebogener orientalischer Physiognomie und etwas Kreuzfeuer in den Augen voll zuckersüßer Aufdringlichkeit zu dem österreichischen Cavalier.

»Ganz gehorsamster Diener, Herr Baron, freut mich, die Ehre zu haben, Sie wiederzusehen. Sagen Sie mir, Sie müssen's wissen, Sie sind Diplomat, ist es wahr, daß gedonnert haben die Kanonchens am Invalidendom? Wie käme der Tatar dazu, zu bringen eine falsche Nachricht an Omer-Pascha, er muß es wissen[64] wenn auch versiegelt geblieben ist die Depesche; 22,000 Russen gefangen, der Kaiser Napoleon ist bei Gott ein großer Mann! Was sagt der Herr Gesandte dazu?«

Der junge Diplomat betrachtete mit einem gewissen vornehmen Mißbehagen den kleinen Hebräer.

»Ich habe nicht das Vergnügen –«

»Herr Baron, Sie werden mir kennen, – ich habe die Ehre gehabt auf dem großen Ball bei Herrn von Magnus; unsere Firma ist unter den Linden – was meinen Sie, könnte man einen Schlag wagen? ich werde Sie betheiligen mit zehn Prozent.«

Der Ataché verbeugte sich ablehnend.

»Bemühen Sie sich nicht, ich spiele nicht an der Börse.«

»Schade! – Auf ein Wort, Herr Meyer! Was denken sie? die österreichische Gesandtschaft ist hier auf der Börse, sie hat mir eben eine wichtige Mittheilung gemacht; lassen Sie uns kaufen, Dreiundachtzig ein Halb, das Geschäft ist gut.«

Das Gedränge entführte ihn. In seinem Schutz war der Abbé zu dem Sardinier getreten.

»Sehen Sie dort die beiden Männer, die eben mit unserm Courtier sprechen?«

»Der Eine sieht hierher?«

»Richtig; es ist der wiener Polizei-Agent, der Andere ein hiesiger Beamte.«

»Der Mensch hat eine vertrackte Physiognomie, so schmuzig und tückisch. Unser würdiger Bandit Sta Lucia, der wer weiß wo ein Ende genommen haben muß, war ein Apollo gegen dies Galgengesicht. Wie heißt das Subject?«

»Heller. Er ist ein verdorbener Advokat von wenig ehrenvollem und moralischem Ruf, machte schon vor 48 den Polizeispion in Pesth und lieferte manchen Patrioten nach dem Spielberg. Bei der Revolution spielte er plötzlich den Republikaner, half das Zeughaus stürmen, wenigstens rühmt er sich dessen, drängte sich bei allen Demonstrationen vor und vertheidigte die Hochverräter und Majestätsbeleidiger. Später, nachdem das Handwerk der Demokratie nicht mehr ging, wußte er sich wieder in den Polizeidienst zu bringen und nimmt zur Schande des Kaiserstaats und zum Ärger aller ehrlichen Leute eine hohe Stellung darin ein, ja man hat sich so weit vergessen oder mit ihm eingelassen, daß man ihm sogar Orden des Landes aufgehängt hat.«[65]

»Und wie nimmt er sich jetzt gegen die Demokratie?«

»Er verfolgt sie als Renegat auf das Bitterste, obschon ich überzeugt bin, er würde gern Cartel mit uns machen, wenn wir dazu geneigt wären. Im Übrigen erlaubt er sich jede Willkür und Dinge, die jeden Andern vor die Schranken des Kriminalgerichts bringen müßten. Man hat ihn entweder zu tief in die Karten schauen lassen oder braucht ihn zu nothwendig. Wir können dabei nur gewinnen, denn sobald das monarchische System erst zu dem Grundsatz kommt, die sogenannte Treue und die Ehrenhaftigkeit und Moralität des Standes einer Nützlichkeit der Person zu opfern, untergräbt es selbst das vielgepredigte Rechtsbewußtsein im Volk, entkleidet seine Ämter und Auszeichnungen des Nimbus, und das Gewissen des Volkes fällt uns in die Hände. – Vorläufig aber müssen wir uns der Macht des Augenblicks fügen und ich bitte Sie daher, daß Sie mich in einer nicht auffallenden Weise mit Ihrem Begleiter bekannt machen und in's Gespräch bringen. Das wird vorläufig jenen irritiren und uns vor Belästigungen oder Nachfragen sichern.«

Der Gesandtschafts-Cavalier hatte sich eben wieder nach dem kleinen Intermezzo zu seinem Begleiter gewendet, der ihm rasch den Gefährten als seinen Banquier und Geschäftsführer vorstellte und beide in ein Gespräch verwickelte.

»Mon Dieu! Diese Leute scheinen mir alle den Kopf verloren zu haben über die gestrigen und heutigen höchst unzuverlässigen Nachrichten,« sagte der junge Diplomat. »Wer wird einer türkischen Depesche glauben und noch dazu einem bloßen Gerücht! Aber überall, wo man sich hinkehrt, hört man von Nichts als von diesem merkwürdigen Tataren und der Schiffernachricht.«

»Ich bitte Sie, Baron,« flüsterte der Graf, »stören Sie die Leute nicht in ihrem Glauben. Die erste Regel in der Diplomatie ist, keine eigene Meinung zu haben. Wir sind hier, um uns an diesem Treiben zu amüsiren und zu belehren, und da kommt auch unser gefälliger Cicerone zurück.«

Ein Blick verständigte den Abbé mit dem Courtier, daß die Geschäfte im vollen Gange. Der Attaché wollte die Gelegenheit nicht vorbeigehen lassen, sich über preußische Verhältnisse zu unterrichten. – »Ich habe gehört, daß Ihrem Hypothekenwesen jetzt in gefährdender Weise die Kapitalien entzogen und der Speculation zugewendet werden,« sagte er. »Auf meinen Gängen durch die[66] Straßen bemerkte ich, daß sich die Zahl Ihrer Banquiers bedeutend vermehrt!«

Der Courtier verzog den Mund.

»Wer ist heutzutage nicht Banquier?« Nicht Jedermann ist so bescheiden, wie die hübsche kleine Frau eines dicken Freundes von mir, die, vor Kurzem bei ihren Verwandten in Schlesien zum Besuch, von diesen in einem Kaffeeklatsch als Frau Banquier Langsam aus Berlin vorgestellt wurde und zum Entsetzen der Familie spöttisch berichtigte: »Mit Erlaubniß, wir machen vor der Hand blos kleinen Wucher!« –

Der Baron lachte.

»Was die Zahl dieser sogenannten Banquiers betrifft,« fuhr der Courtier fort, »so vermehrt sie sich allerdings, wie die Fliegen, und geht unter dieser Firma frei aus vor der Staatsanwaltschaft. Denn alle Geschäfte dieser kleinen Meute des Geldmarkts gehörten eigentlich vor deren Forum.«

»Wie das?«

»Es ist leicht erklärt. Jeder angehende Handelsagent, der ein Bischen Witz und Credit hat und die Anfertigung einer eleganten Firma nebst einer Pränumerandomiethe in einer noblen Verkehrsstraße bezahlen kann, etablirt sich jetzt als Banquier, sucht Bekanntschaften und offerirt seine Dienste zu Geldgeschäften. Bei der Art, wie sie diese Geschäfte dem Publikum gegenüber ausbeuten, müssen diese Leute sämtlich reich werden, wenn sie eben nicht wieder auf eigene Hand speculirten. Ich will Ihnen einmal vorrechnen, wie das Publikum von den Banquiers in die Scheere genommen wird. Ein Besitzer, der kaufen oder verkaufen will, giebt z.B. einem Banquier den Auftrag, 6000 Thaler Berlin-Hamburger Actien ihm zu verkaufen. Der Banquier berechnet dafür an erlaubten Vortheilen zunächst halbe Courtage für den Makler, während er wahrscheinlich das Geschäft selbst gemacht hat, daß heißt 1/2 per mille, also hier 3 Thaler, Provision für die Besorgung 1/6 Prozent, also hier 10 Thaler. Sie werden mir zugeben, daß 13 Thaler für ein ganz kleines müheloses Geschäft schon ein recht hübscher Verdienst wären. Aber man ist weit entfernt davon, sich damit zu begnügen! Es gilt, den Committenten nach dem Kunstausdruck zu ›schneiden,‹ und das geschieht in folgender Weise. Der Agent schlägt die Papiere an der Börse für 1091/2 los und berechnet seinem Auftraggeber 109,[67] höchstens 1091/4 dafür, vielleicht auch gar nur, wenn's ihm bei den Notirungen glückt, 1081/2. Das ist demnach ein kleiner Extraprofit von 15, 30 oder 60 Thalern bei dem einzigen unbedeutenden Geschäft, ohne das geringste Risiko, und im Grunde doch nichts Anderes als Betrug.«

»Aber kann derselbe nicht nachgewiesen werden?«

»Das ist fast unmöglich. Sie werden bereits bemerkt haben, daß zu gewissen Personen hier fortwährend die Leute sich herandrängen und ihnen eifrig zusprechen. Es sind dies die vereideten Makler, welche die Course zu notiren haben, oder die Börsen-Berichterstatter der Zeitungen. Diesen Personen, wenn sie nicht selbst betheiligt sind, was bei der Presse sehr häufig der Fall ist, weiß man auf alle mögliche Weise die Notirungen nach dem eigenen Vortheil aufzudrängen. Man sagt ihnen, hier hab' ich eben zu dem und dem Cours gekauft oder verkauft, und auf ein Viertel- oder ein halb Prozent ist die Sache oft gar nicht zu unterscheiden. Deshalb auch finden Sie erstens in den öffentlichen Notirungen die bezahlten Course oft in verschiedenen Steigerungen notirt, und in den fünf oder sechs Courszetteln, die hier an der Börse herauskommen und zum Theil auf diese Spekulation gegründet sind, die Course sehr häufig ganz verschieden angegeben. Der Banquier hält nun die sämtlichen Courszettel, vielleicht von jedem ein Dutzend im Abonnement, er sucht sich für das bezeichnete Geschäft gerade den Courszettel heraus, der ihm zum ›Schneiden‹ am vortheilhaftesten paßt, legt ihn bei der Berechnung seinem Committenten bei, und dieser schwört noch darauf, wie solide der Mann ihn behandelt, während er schändlich über's Ohr gehauen ist. Das, meine Herren, nennt man ›Börsen-Usance,‹ und diese Usance herrscht nicht etwa blos bei den Jobbers und Kalauern!«

»Die große Presse könnte hier viel dagegen thun.«

»Die Presse, Herr Baron, wird im Gegentheil auf das Schändlichste mißbraucht und verbreitet die Täuschung im ganzen Lande. Die Redacteure der großen politischen Zeitungen verstehen fast durchgängig Nichts von den Börsengeschäften und müssen diesen Theil ihres Blattes den engagirten Berichterstattern überlassen. Nun ist es leicht zu begreifen, wie die auftauchenden großen Geldinstitute bedacht sind, die Notirungen ihrer Papiere zu treiben. Wir haben Scandalfälle gehabt, nicht blos in Wien, sondern auch hier, daß die Börsen-Berichterstatter der politischen Zeitungen mit 20,[68] 30, 50,000 Thaler Actien betheiligt werden, blos um ihr Interesse dafür zu gewinnen. Das Manöver ist ganz gewöhnlich; die geheimen Akten der Institute in Braunschweig, Darmstadt, Dessau etc. könnten Wunderdinge davon erzählen. In den meisten Fällen bleibt die Sache natürlich diskret, nur zuweilen bei widerwärtigen Börsenzänkereien platzt die Bombe, es kommt ein förmlicher Handel mit den Notirungen und Poussirungen zum Vorschein, wie es vor einiger Zeit mit einer großen hiesigen Zeitung passirte; man wechselt die Berichterstatter und – die Sache bleibt beim Alten! Zum Theil auch – wie jener kleine Orientale dort, der so eifrig umherschiebt – spekuliren die Herren auf eigene Hand. Mundus vult decipi – es kommt Alles nur auf das Air an, mit dem es geschieht!«

»Aber den großen Banquiers kam diese Pfuschbörse doch unmöglich recht sein?«

»Es ist Nichts dagegen zu machen; das Einzige, was sie thun können, ist, manchmal Einem oder dem Andern einen Genickschlag beizubringen, der ihm eben so rasch zum Bettelstab hilft, wie er reich geworden. Bemerken Sie den großen Mann da? – er ererbte ein Vermögen von 200,000 Thalern und eines der brillantesten Geschäfte; das Vermögen ist durch die Spekulation in Spiritus und Getreide binnen zwei Jahren verloren gegangen. Sehen Sie dort die orientalische Physiognomie? – der Besitzer kam reich von Breslau hierher, spekulirte vortrefflich und verzehnfachte sein Vermögen. Seit drei Monaten aber fällt ihm jede Spekulation an der Börse gegen, es ist, als ob er mit Blindheit geschlagen wäre. Ich gebe nicht 1000 Thaler mehr zu Gunsten seiner Bilance, und fährt er noch vierzehn Tage so fort, so ist die Pleite unausbleiblich.«

»Aber warum stürzt sich der Mann in sein Unglück?«

»Ein Jeder ist der Schmied seines Schicksals und seines Goldes. Es ist das Börsenfieber, das ihn ergriffen, und das so gut existirt, wie das Fieber am Roulet. Er wird daran verbluten, denn er ist ein ehrlicher Jude, dem der ehrliche Name über das Leben geht, und statt Bankerott zu machen, wie hundert Andere thun würden, wird er es mit dem Leben zahlen. Der Fall ist noch kürzlich mit einem reichen Banquier vorgekommen, der des Wuchers angeklagt war. Glauben Sie mir, meine Herren, das Spiel an der Börse ist verführerischer und zeigt ärgere Leidenschaften[69] ruft krasseren Jammer hervor, als der verpönte grüne Tisch in Homburg oder Baden-Baden! Nicht Alle wissen und wollen aus dem Bankbruch ihrer Habe oder ihres Rufs hervorgehen, wie jener Herr dort mit der ruhigen gemessenen Physiognomie, der vor einiger Zeit auf der Leipziger Messe den englischen Fabriken, die ihm Hunderttausende anvertraut, seine Zahlungseinstellung anzeigte, aus gesicherter Ferne 20 Procent bot und, nachdem dies Arrangement geschlossen war, sich jetzt Palast über Palast baut. Da, da – laufen zwei Spekulanten, die, der Eine zwei Mal, der Andere drei Mal, Bankerott gemacht haben und die jedes Mal reicher aus den Arrangements hervorgingen, wie sie gewesen waren. Für Jenen dort schossen vor vier Wochen, als er pleite war, seine guten Freunde an der Börse 1000 Thaler zusammen und heute hat er bereits wieder 20,000 erspekulirt. Und hier, – sehen Sie den Wicht im blauen Frack mit goldenen Knöpfen? – der Mensch hat mehr als ein Mal wegen Diebstahls in Spandau gesessen und in seinem Vorzimmer antichambriren jetzt Barone und Grafen.«

»Ich habe gehört,« bemerkte der Attaché, »daß sich der norddeutsche Adel mehr mit Geldspekulationen beschäftigt, als der unsere.«

»Warten Sie, bis Sie die gehörige Anzahl Spiritusbrennereien haben, und es wird eben so sein. Der Spiritus und das Korn ist jetzt ein Spekulationsartikel, so gut wie die Eisenbahn-Actien. D'rum hat man die Börsen auch zusammengeworfen. Dort am Fenster rechts steht ein Stettiner Jude, der jährlich hier an der Berliner Börse in Zahlen gerade noch ein Mal so viel Getreide in Zeitkäufen verhandelt, als ganz Europa produzirt. Er hat zu gewissen Zeiten tausend Wispel fortwährend unterwegs von einem Börsenort zum andern, blos um die Lieferungen fingiren zu können. Noch vor einigen Tagen machte er einen kolossalen Schlag, indem er über Nacht sämtliches Bahnhofsfuhrwerk miethete, so daß die Verkäufer nicht im Stande waren, die herbeigeholten Vorräthe, wie Börsen-Usance, von den Bahnhöfen in die Stadt zu schaffen und deshalb Tausende als Differenz zahlen mußten. Kaufmann und Produzent spekuliren jetzt mit dem täglichen Brot des Unbemittelten. Jener Mann, der hier vorbeigeht, hatte an einem der letzten Lieferungstage alles Korn aufgekauft und war so bescheiden, den Preis von blos hundert Procent für vierundzwanzig Stunden zu verlangen. Die Differenz wurde diesmal mit den[70] Fäusten ausgeglichen und die Zahlungsart scheint jetzt Börsengebrauch zu werden.«

Graf Pisani, der nur wenig auf die Redseligkeit seines Comissionairs gehört, sondern sich leise mit dem Abbé unterhalten hatte, wandte sich zu ihm. – »Die beiden Herren, mit denen Sie vorhin sprachen, sind Polizeibeamte? Was thun sie hier?«

»Der hiesige Beamte, der bei dem andern dasselbe Geschäft, wie ich bei Ihnen, das des Cicerone, versieht, scheint die Geschäfte eines unserer Hauptfaiseurs zu beobachten, den ich Ihnen bereits bezeichnete. Der Fremde scheint Sie, Herr Thomas, zu kennen, er erkundigte sich besonders nach Ihnen und dem Herrn Grafen und ob Herr Thomas mit dem Herrn Attaché bekannt sei?«

»Und Sie bejahten?«

»Versteht sich; es standen gerade einige unserer Fixer in der Nähe und hörten jedes Wort. Die Vormundschaft eines unserer Privattheater ist in jener Ecke stark vertreten. Des Abends erscheinen die Herren als Protektoren der Kunst, obschon sie zum Theil nicht in besonderem Geruch stehen, des Vormittags gehören sie zur Kategorie Nummer Zwei an der Börse. Der ältliche Herr dort, der auch dazu gehört, ist mir einer der Liebsten der ganzen Börse, solid und nobel; dem kleinen Orientalen an seiner Seite ist neulich ein Gastwirth mit 20,000 Thalern durchgegangen und es schwebt ein interessanter Prozeß über die Sache. – Doch in fünf Minuten ertönt die Schlußglocke und ich muß die Notirungen von meinen Geschäftsfreunden sammeln. Da wird die telegraphische Depesche eben verlesen, die seit einer Stunde kein Geheimniß mehr ist. Wenn es Ihnen Vergnügen macht, hören Sie zu.«

Der bereits erwähnte mit der Veröffentlichung der Börsennachrichten beauftragte Makler stand, von der Menge umdrängt, auf einer Erhöhung und verlas eben jene Depesche, mit der sich damals ganz Europa blamirte.

Sie lautete:


»Paris, vom 3. Morgens. Der heutige Moniteur bringt eine aus Wien datirte Depesche des dortigen französischen Gesandten Baron Bourqueney mit der Meldung, daß am 30. vorigen Monats in Bukarest ein Tatar mit Depeschen für Omer Pascha eingetroffen, welche wegen dessen Abwesenheit nicht geöffnet worden sind. Nach dem mündlichen Berichte des Tataren ist Sebastopol eingenommen, 22,000 Russen[71] sind gefangen, 18,000 getödtet, das Fort Constantin ist in die Luft gesprengt und sechs russische Linienschiffe sind untergegangen.«


Die geheimen Faiseurs, deren Intrigue und Mittel wir angedeutet, machten damit die glänzendste Spekulation. Nachdem die Course durch ihre wohlberechneten Manöver bedeutend im Steigen waren, verkauften sie enorme Summen zu diesen hohen Sätzen für die nächste Abrechnung, gewiß, daß schon in den folgenden Tagen das Ausbleiben der Bestätigung und die entgegengesetzten Nachrichten die Course wieder herabdrücken würden. Die Profite, die damit an den Börsen von Wien, Berlin und Paris in demselben Augenblick gemacht wurden, betrugen über eine Million.

Der Abbé war den darauf folgenden Tag mit den Bilancen beschäftig. Als er am zweiten der spanischen Tänzerin seinen Besuch machte und ihr eine Reise und ein Gastspiel in Warschau und Petersburg vorschlug, fand er jedoch unerwartete Ausflüchte, ja zuletzt völlige Weigerung.

Zwei Tage nachher war die Spanierin verschwunden, – wie es hieß, in Begleitung des russischen Fürsten Jaboleff. Erst im Frühjahr kam sie unter'm Schutz ihres neuen Mäcens in den böhmischen Bädern wieder zum Vorschein. Man sagt – so unwahrscheinlich es bei einer Tänzerin lautet – daß sie den Fürsten wirklich geliebt, wenigstens sprach dafür, daß die eigensinnige Donna in alle Launen ihres Geliebten sich mit sclavischer Hingebung fügte. Wie es auch sei, Liebe oder Weiberlaune hatte das Band gesprengt, das sie bisher den geheimen Plänen dienstbar gemacht.

1

Börsenausdruck für Staatsschuldscheine.

2

Statt Zehntausend, nach dem Börsengebrauch.

3

Kinder und Enkel werden die neuen und neuesten Actien-Emissionen genannt.

4

Französisch österreichische Staatsbahn-Actien.

5

Die Börsenbezeichnungen auch in den Courszetteln sind: Brief (ausgeboten zu dem Cours von ..., ohne Nehmer zu finden); Geld (gesucht zu dem Cours von ..., aber nicht zu haben); bezahlt (wirklich gekauft zum Cours von ...).

Quelle:
Herrmann Goedsche (unter dem Pseudonym Sir John Retcliffe): Sebastopol. 4 Bände, Band 4, Berlin 1856, S. 43-72.
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