An Zachariä

[377] Schon wälzen schnelle Räder rasselnd sich und tragen

Dich von dem unbeklagten Ort,

Und angekettet fest an deinen Wagen

Die Freuden mit dir fort.


Du bist uns kaum entwichen, und schwermütig ziehen

Aus dumpfen Höhlen (denn dahin

Flohn sie bei deiner Ankunft, wie vorm Glühen

Der Sonne Nebel fliehn)
[377]

Verdruß und Langeweile. Wie die Stymphaliden

Umschwärmen sie den Tisch und sprühn

Von ihren Fittichen Gift unsrem Frieden

Auf alle Speisen hin.


Wo ist, sie zu verscheuchen, unser güt'ger Retter,

Der Venus vielgeliebter Sohn,

Apollens Liebling, Liebling aller Götter!

Lebt er? ist er entflohn?


O gäb er mir die Stärke, seine mächt'ge Leier

Zu schlagen, die Apoll ihm gab;

Ich rührte sie, dann flöhn die Ungeheuer

Erschreckt zur Höll hinab.


O leih mir, Sohn der Maja, deiner Fersen Schwingen,

Die du sonst Sterblichen geliehn,

Die reißen mich aus diesem Elend, bringen

Mich zu der Ocker hin;


Dann folg ich unerwartet ihm am Flusse,

Allein so wenig staunet er,

Als ging' ihm, angeheftet seinem Fuße,

Sein Schatten hinterher.


Von ihm dann unzertrennlich wärmt den jungen Busen

Der Glanz, der glorreich ihn umgibt;

Er liebet mich; dann lieben mich die Musen,

Weil mich ihr Liebling liebt.


Quelle:
Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 1, Berlin 1960 ff, S. 377-378.
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