Blindekuh

[17] O liebliche Therese!

Wie wandelt gleich ins Böse

Dein offnes Auge sich!

Die Augen zugebunden,

Hast du mich schnell gefunden,

Und warum fingst du eben mich?


Du faßtest mich aufs beste

Und hieltest mich so feste;

Ich sank in deinen Schoß.

Kaum warst du aufgebunden,

War alle Lust verschwunden;

Du ließest kalt den Blinden los.


Er tappte hin und wider,

Verrenkte fast die Glieder,

Und alle foppten ihn.

Und willst du mich nicht lieben,

So geh ich stets im Trüben

Wie mit verbundnen Augen hin.


Quelle:
Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 1, Berlin 1960 ff, S. 17.
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