[Locken, haltet mich gefangen]

[98] Hatem


Locken, haltet mich gefangen

In dem Kreise des Gesichts!

Euch geliebten braunen Schlangen

Zu erwidern hab ich nichts.


Nur dies Herz, es ist von Dauer,

Schwillt in jugendlichstem Flor;

Unter Schnee und Nebelschauer

Rast ein Ätna dir hervor.


Du beschämst wie Morgenröte

Jener Gipfel ernste Wand,

Und noch einmal fühlet Hatem

Frühlingshauch und Sommerbrand.


Schenke, her! Noch eine Flasche!

Diesen Becher bring ich ihr!

Findet sie ein Häufchen Asche,

Sagt sie: der verbrannte mir.


Suleika


Nimmer will ich dich verlieren!

Liebe gibt der Liebe Kraft.

Magst du meine Jugend zieren

Mit gewalt'ger Leidenschaft.

Ach! wie schmeichelt's meinem Triebe,

Wenn man meinen Dichter preist.

Denn das Leben ist die Liebe,

Und des Lebens Leben Geist.

Quelle:
Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 3, Berlin 1960 ff, S. 98-99.
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