1808

342.*


1808, Januar.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

»Durch das jetzt in Deutschland allgemein verbreitete Interesse an Kunst und Poesie wird weder für diese beiden, noch für die Erscheinung eines originalen und ersten und einzigen Meisterwerks etwas gewonnen. Der Kunst-Genius producirt zu allen Zeiten, in mehr oder minder geschmeidigem Stoff, wie die Vorwelt Homer, Aeschylos, Sophokles, Dante, Ariost, Calderon und Shakespeare gesehen hat (die Mitwelt Goethe und Schiller); es ist nur dies der Unterschied, daß jetzt auch die Mittelmäßigkeit und die secondären Figuren dran[194] kommen und alle untern Kunsteigenschaften, die zur Technik gehören. Es wird nun auch im Thale licht, statt daß sonst nur die hohen Berggipfel Sonne trugen.

So ist es auch mit andern Stimmungen des Geistes, mit der religiösen, amourösen, bellicosen und andern. In einzelnen Individuen sind sie zu allen Zeiten gewesen und noch. Aber allgemein verbreitet nur zu gewissen Zeitaltern, und immer sind sie der Cometenschwanz irgend eines in diesen ausgezeichneten Mannes ober mehrerer, in denen, wie an den Spitzen der Berge, zuerst diese Morgenröthe schimmerte. Jede solche Stimmung lebt einen Tag, hat ihren Morgen, Mittag, Nachmittag und Abend. So ist's mit der Kunst; so wird es auch mit der Poesie werden, die jetzt im Nachmittag ist.« Oder wie G. sonst zu sagen liebte: »es ist wie eine Krankheit, durch die man hindurch muß.«[195]


343.*


1808, 8. Januar.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

»Es giebt« – äußerte Goethe – »im Menschen auch ein Dienenwollendes: daher die Chevallerie der Franzosen, Servage.«[195]


344.*


1808,10. Januar.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

In dem »Machtspruch« von Ziegler schienen ihm die Helden wie von Därmen gemacht, von ausgestopften Därmen, als wären die Gliedmaßen lauter Würste.[196]


345.*


1808, 30. Januar.


Mittag bei Goethe


a.

»Ich bin Gott darin ähnlich, daß er immer geschehen läßt, was er nicht will,« sagte Goethe über Tisch, worauf Werner bemerkte, daß Goethe Gott darin ähnlich sei, daß er auch alles vergäße.


b.1

Als man ihn [Goethe] einen göttlichen Mann nannte, sagte er: »Ich habe den Teufel vom Göttlichen! Was hilft's mir, daß man mir nachsagt: das ist ein göttlicher Mann! Wenn man nur nach eigenem Willen[196] thut und mich hintergeht.2 Göttlich heißt den Leuten nur der, der sie gewähren läßt, wie ein jeder Lust hat.« Er drückte dies ein ander Mal so aus: »Man hält niemanden für einen Gott, als daß man gegen seine Gesetze handeln will, weil man ihn zu betrügen hofft, weil er von seiner Absolutheit soviel nachläßt, daß man auch absolut sein kann.«


1 Dieses Stück hat Riemer zwar vom 1. Februar 1808 datirt, es gehört aber offenbar zum vorigen Stück, wenigstens dem Zusammenhang nach.


2 Es waren beim Theater Eigenmächtigkeiten vorgefallen, worüber man ihn mit jener Schmeichelei begütigen wollte.[197]


1493.*


1808, 30. Januar (?).


Mit Zacharis Werner in Abendgesellschaft

bei Johanna Schopenhauer

Goethe ließ ein Werner'sches Stück – ich [v. Holtei] dächte, ›Wanda‹ wär' es gewesen – aufführen. Am Tage der Darstellung waren die Dichter und einige nähere Freunde, unter diesen die Schopenhauer, bei Goethe zum Essen. Auf die Frage, wo man sich nach dem Theater versammeln würde, suchte der Vorsichtige, der allzugroßen Andrang fürchtete, die Last von sich ab und sie, wie er es oft in ähnlichen Fällen that, der armen Schopenhauern zuzuwenden, die, gastfrei und gefällig, dergleichen Schicksale über sich ergehen lassen mußte. Diesmal kam es ihr, da sie gar nichts vorbereitet[298] hatte, denn doch ein wenig zu schnell und wurde umso bedenklicher, weil sie die Aufführung des Werner'schen Stückes doch um keinen Preis versäumen wollte und folglich keine Zeit mehr hatte, sich um den Haushalt zu bekümmern. Sie eilte in größter Angst heim und rief nun ihrer Wirtschafterin zu: wir bekommen auf die Nacht Schaaren von Gästen: richte Dich ein und hilf Dir, so gut Du kannst.

Als nun nach höchst zweifelhaften, aber doch scheinbarem Erfolge die Gäste eintrafen, nahmen die Frauen an der improvisierten Tafel Platz, die Herren standen mit ihren Tellern umher. Für Goethe und Werner waren zwei Stühle in der Mitte bestimmt; zwischen ihnen auf dem Tische stand ein wilder Schweinskopf, von dem die Wirthin schon des Tages zuvor gegessen, in ihrer Angst hatte die Haushälterin durch einen großen Kranz Lorbeerblätter die Anschnittswunde zu verdecken gesucht. Goethe erhob, diesen Schmuck erblicken, mächtig seine Stimme und rief dem, bekanntlich sehr zynischen und nicht immer sauber gewaschenen Werner zu: »Zwei gekrönte Häupter an einer Tafel? Das geht nicht!« Und er nahm dem wilden Schweinskopf seinen Kranz und setzte ihn dem Dichter der ›Wanda‹ auf den Kopf.[299]


346.*


1808,1. Februar.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Goethe äußerte hinsichtlich Werners und seiner Rühmerei:

»Nur die ungebildete Seite an uns ist es, von der her wir glücklich sind. Jeder Mensch hat so eine.«[197]


347.*


1808, 26. Februar.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Mittags sprach Goethe von der Deutlichkeit über andere Menschen, ihre Gesinnungen, was sie thun[197] wollen und können; alles beruhe darauf und daraus entstehe die Furchtlosigkeit.[198]


1494.*


1808, 3. März (?).


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

›Der zerbrochene Krug‹ von Kleist folgte am 2. März .... Bei der Aufführung dieses Stücks ereignete sich ein Vorfall, der in dem kleinen weimarschen Hoftheater noch nie dagewesen und als etwas Unerhörtes bezeichnet werden konnte: ein herzoglicher Beamter hatte die Frechheit, das Stück auszupfeifen. Karl August, der seinen Platz... auf dem sogenannten bürgerlichen Balcon hatte, bog sich über die Brüstung heraus und rief: »Wer ist der freche Mensch, der sich untersteht, in Gegenwart meiner Gemahlin zu pfeifen? Husaren, nehmt den Kerl fest!« Dies geschah... und er wurde drei Tage auf die Hauptwache gesetzt. – Den andern Tag soll Goethe gegen Riemer, der es mir mittheilte, bemerkt haben: »Der Mensch hat gar nicht so unrecht gehabt; ich wäre auch dabei gewesen, wenn es der Anstand und meine Stellung erlaubt hätten. Des Anstands wegen hätte er eben warten sollen, bis er außerhalb des Zuschauerraumes war.«[300]


348.*


1808, 4. März.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Bei Goethe. Concipirte er einen Brief an Jacobi. Mittags war davon die Rede und über Platonismus und Spinozismus. Über den logos oder das Wort als erstgewesenes.[198]


349.*


1808, 8. März.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Mittags allein. Ermunterung an Goethe, etwas in der Tieckischen Liedermanier zu machen aus einer höheren Naturanschauung. Über Falk; hat nur die mittleren Maximen durch sich selbst, die höheren bloß aneignungsweise.[198]


350.*


1808, 9. März.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Nach Tische die Steindrücke der Albrecht Dürer'schen Federzeichnungen besehen. Goethe sagte schon neulich, daß er sich ärgern würde, wenn er gestorben wäre, ohne sie zu sehen.[198]


351.*


1808, 10. März.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Mittags Dispute über Goethes paradoxe Maxime, alle öffentlichen Lehranstalten in Deutschtand aufzuheben und den Lehrsubjekten freizugeben, Institute, Pensionsanstalten u. dergl. auf ihre Kosten zu errichten.[199]


353.*


1808, 27. März.


Mittag bei Goethe

Werner zu Tisch. Gegen Christenthum und Christen apostrophirt, Goethe und ich. Goethe der letzte Heide, Werner der erste und letzte Christ.[199]


354.*


1808, 30. März.


In Gesellschaft bei Johanna Schopenhauer

Goethe theilnehmend und mittheilend, beschrieb Karlsbad, und kam auf die großen Orkane zu sprechen, deren sehr kleine Breite man auf drei- bis vierhundert Schritt berechnet habe und die eine Spirallinie im Wirbel bildeten. Von Schröder behauptete er, daß er kein wahrer Künstler sei, weil er soviel Kunststücke gemacht und in höchst tragischen Momenten verruchter Späße fähig gewesen sei; ohne Gemüth sei keine wahre Kunst denkbar.[200]


355.*


1808, 5. April.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Mittags allein mit ihm [Goethe]. Über Galvanismus, Siderismus, Wünschelruthe etc. Goethe bemerkte:

Werner verwechsle die agapê mit dem erôs.

Er äußerte weiter:

»In der Kultur der Wissenschaften haben die Bibel, Aristoteles und Plato hauptsächlich gewirkt, und auf diese 3 Fundamente kommt man immer wieder zurück. ›Neuplatoniker‹ sagt man, also Rückkehr auf den Plato.

Scholastiker, und daß Kant wieder die Scholastik bringe, also Aristoteles. Jetzt Rückkehr zur Bibel.[200] Man kann aus diesen Elementen nicht heraus, und so ist es lächerlich, wenn die Menschen sagen, die Scholastik kehre wieder, Aristoteles oder Plato.«[201]


356.*


1808, 6. April.


Mittag bei Goethe

Mittags Seebeck zu Tische. Über Galvanismus und modernen Mysticisinus, bemerkte Seebeck, daß man leicht glauben könne: der Messias könne aus den Tremellen, die bei Gewitterregen zum Vorschein kommen als eine Gallerte, entstehen. Goethe faßte es auf und wollte ein Gedicht Maranatha oder »der Herr kommt« machen.

Goethe bemerkte über die neuesten Ästhetiker, die Schlegels, Ast etc., daß ihr ganzes Urtheil und Absprechen bloß darauf beruhe, daß ein jeder wie im Dominospiel bloß den Stein lobt, an den er seine Zahl anschieben kann.

Er äußerte ferner:

»Engländer haben kein ästhetisch moralisches Urtheil, sprechen von einzelnen Schönheiten. Als wenn für den Dichter etwas schöner wäre als das andere! Was er ausspricht, ist insofern etwas, daß er es ausspricht. Sie meinen, daß er nur etwas sage, wenn er gerade ihr Interesse ausspricht.«[201]


357.*


1808, 18. April.


In Gesellschaft bei Johanna Schopenhauer


a.

Am zweiten Osterfeiertage 1808 Abends war ich [Falk] mit Goethe in einer kleinen, auserlesenen Gesellschaft zusammen gewesen.

So ist es ihm eben recht. Auch that er seinem Humor keinen Zwang an, sondern ließ ihm freien Lauf, besonders, als wir auf Theater und die neue Literatur zu sprechen kamen, die er mit politischen Zuständen verglich und seinen Vergleich mit der anmuthigsten und lebendigsten Laune durchführte. Eben hatten wir am vergangenen Sonnabend »Die Piccolomini« gesehen; die nächste Mittwoch sollte nach einer langen Zwischenpause auch der »Wallenstein« darankommen.

»Es ist,« sagte Goethe, »mit diesen Stücken wie mit einem ausgelegenen Weine. Je älter sie werden, je mehr Geschmack gewinnt man ihnen ab. Ich nehme mir die Freiheit, Schiller für einen Dichter und sogar für einen großen zu halten, wiewohl die neusten Imperatoren und Dictatoren unserer Literatur versichert haben, er sei keiner. Auch den Wieland wollen sie nicht gelten lassen. Es fragt sich nur, wer dann gelten soll?«

»Kürzlich hat eine Gelehrtenzeitung in einer von[202] beiden Städten, ich weiß nicht recht, ob in Ingolstadt oder in Landshut, Friedrich Schlegel als den ersten deutschen Dichter und Imperator in der Gelehrtenrepublik förmlich ausgerufen. Gott erhalte Se. Majestät auf Ihrem neuen Throne und schenke demselben eine lange und glückliche Regierung! Bei alle dem möchte man es nicht bergen, daß das Reich dermalen noch von sehr rebellischen Unterthanen umlagert ist, deren wir einige,« indem er einen Seitenblick auf mich warf, »sogar in unsrer eigenen Nähe haben.«

»Übrigens geht es in der deutschen Gelehrtenrepublik jetzt völlig so bunt zu wie beim Verfall des römischen Reiches, wo zuletzt jeder herrschen wollte, und keiner mehr wußte, wer eigentlich Kaiser war. Die großen Männer leben dermal fast sämmtlich im Exil und jedes verwegene Markedentergesicht kann Imperator werden, sobald es nur die Gunst der Soldaten und der Armee besitzt, oder sich sonst eines Einflusses zu erfreuen hat. Ein paar Kaiser mehr oder weniger, darauf kommt es in solchen Zeiten gar nicht an. Haben doch einmal im römischen Reiche dreißig Kaiser zugleich regiert, warum sollten wir in unsern gelehrten Staaten der Oberhäupter weniger haben? Wieland und Schiller sind bereits ihres Thrones verlustig erklärt; wie lange mir mein alter Imperatormantel noch auf den Schultern sitzen wird, läßt sich nicht vorausbestimmen; ich weiß es selbst nicht. Doch bin ich entschlossen, wenn es je dahin kommen sollte, der Welt zu zeigen, daß Reich[203] und Scepter mir nicht ans Herz gewachsen sind, und meine Absetzung mit Geduld zu ertragen; wie denn überhaupt seinen Geschicken in dieser Welt niemand so leicht entgehen mag. Ja, wovon sprachen wir doch gleich? Ha, von Imperatoren! Gut! Novalis war noch keiner, aber mit der Zeit hätte er auch einer werden können. Schade nur, daß er so jung gestorben ist, zumal, da er noch außerdem seiner Zeit den Gefallen gethan und katholisch geworden ist. Sind ja doch schon, wie die Zeitungen besagten, Jungfrauen und Studenten rudelweise zu seinem Grabe gewallfahrtet und haben ihm mit vollen Händen Blumen gestreut. Das nenn' ich einen guten Anfang, und es läßt sich davon schon etwas für die Folge erwarten. Da ich nur wenige Zeitungen lese, so ersuche ich meine anwesenden Freunde, wenn etwas weiter von dieser Art, was von Wichtigkeit, eine Kanonisirung oder dergleichen vorfallen sollte, mich davon sogleich in Kenntniß zu setzen. Ich meinerseits bin damit zufrieden, daß man bei meinen Lebzeiten alles nur erdenkliche Böse von mir sagt; nach meinem Tode sollen sie mich schon in Ruhe lassen, weil der Stoff schon früher erschöpft ist, sodaß ihnen wenig oder nichts übrig bleiben wird. Tieck war auch eine Zeitlang Imperator, aber es währte nicht lange, so verlor er Scepter und Krone. Man sagt, es sei etwas zu Titusartiges in seiner Natur, er sei zu gütig, zu milde gewesen, das Reich aber fodere in seinem jetzigen Zustande Strenge, ja, man möchte wohl sagen, eine fast[204] barbarische Größe. Nun kamen die Schlegel ans Regiment; da ging's besser! August Schlegel, seines Namens der Erste, und Friedrich Schlegel der Zweite – die beiden regierten mit dem gehörigen Nachdrucke. Es verging kein Tag, wo nicht irgendjemand ins Exil geschickt, oder ein paar Executionen gehalten wurden. So ist's recht! Von dergleichen ist das Volk seit undenklichen Zeiten ein großer Liebhaber gewesen. Vor kurzem hat ein junger Anfänger den Friedrich Schlegel irgendwo als einen deutschen Hercules aufgeführt, der mit seiner Keule im Reiche herumginge und alles todtschlüge, was ihm irgend in den Weg käme. Dafür hat jener muthige Imperator diesen jungen Anfänger seinerseits sogleich in den Adelstand erhoben und ihn ohne weiteres einen Heroen der deutschen Literatur genannt. Das Diplom ist ausgefertigt; Ihr könnt Euch darauf verlassen, ich habe es selber gelesen. Dotationen, Domainen, ganze Fächer in Gelehrtenzeitungen, die sie ihren Freunden zum Recensiren verschaffen, sind auch nicht selten, die Feinde aber werden oft heimlich aus dem Wege geräumt, indem man ihre Schriften beiseite legt und sie lieber gar nicht anzeigt. Da wir nun im Deutschen ein sehr geduldiges Publicum haben, das nichts liest, als was zuvor recensirt ist, so ist diese Sache gar so übel nicht ausgesonnen. Das Beste noch bei der ganzen Sache ist denn aber doch immer das Ungefährliche. Z.B. es legt sich einer jetzt Abends als Imperator gesund und vergnügt zu Bette; des[205] andern Morgens darauf erwacht er und sieht mit Erstaunen, daß die Krone von seinem Haupte hinweg ist. Ich geb' es zu, es ist ein schlimmer Zufall, aber der Kopf, sofern der Imperator überhaupt einen hatte, sitzt doch noch immer auf derselben Stelle, und das ist, meines Erachtens, baarer Gewinn. Wie häßlich dagegen ist es von den alten Imperatoren zu lesen, wenn sie dutzendweise in der römischen Geschichte erdrosselt und nachher in die Tiber geworfen werden. Ich meinerseits gedenke, wofern ich auch Reich und Scepter verlieren sollte, hier ruhig an der Ilm auf meinem Bette zu sterben. Von unsern Reichsangelegenheiten und besonders von Imperatoren weiter zu sprechen: ein andrer junger Dichter in Jena [A. Bode?] ist auch zu früh gestorben. Imperator konnte der zwar nicht werden, aber Reichsverweser, Major Domus oder so etwas, das wär' ihm nicht entgangen. Wo nicht, so stand ihm noch immer als einem der ersten Heroen in der deutschen Literatur ein Platz offen. Eine Pairskammer zu stiften, wozu Vermögen gehört, wäre überhaupt in der deutschen Literatur kein verwerflicher Gedanke. Hätte jener nur ein paar Jahre länger in Jena gelebt, so könnte er Pair des Reiches geworden sein, ehe er sich umsah. So aber, wie gesagt, starb er zu frühe. Das war übereilt. Man soll sich, wie es der rasche Gang unserer neuesten Literatur fordert, so schnell als möglich mit Erde bedecken. Das ist Grundsatz. Mit der Herausgabe von einigen Sonetten und[206] ein paar Almanachen ist die Sache noch keineswegs gethan. Die literarischen Freunde des jungen Mannes haben zwar in öffentlichen Blättern versichert, seine Sonetten würden auch lange nach seinem Tode noch fortleben, ich habe mich aber nachher nicht weiter danach erkundigt, kann daher auch nicht sagen, ob es in Erfüllung gegangen ist, oder wie es sich überhaupt mit dieser Sache verhält.«

»Als ich noch jung war, hab' ich mir freilich von verständigen Männern sagen lassen, es arbeite oft ein ganzes Zeitalter daran, um einen einzigen tüchtigen großen Maler oder Dichter hervorzubringen, aber das ist lange her. Jetzt geht das Alles viel leichter vonstatten. Unsre jungen Leute wissen das besser einzurichten und springen mit ihrem Zeitalter um, daß es eine Lust ist. Sie arbeiten sich nicht aus dem Zeitalter heraus, wie es eigentlich sein sollte, sondern sie wollen das ganze Zeitalter in sich hineinarbeiten, und wenn ihnen das nicht nach Wunsche glückt, so werden sie über die Maßen verdrießlich und schelten die Gemeinheit eines Publicums, dem in seiner gänzlichen Unschuld eigentlich Alles recht ist. Neulich besuchte mich ein junger Mann, der soeben von Heidelberg zurückkehrte; ich konnte ihn kaum über neunzehn Jahre schätzen. Dieser versicherte mich im vollen Ernste, er habe nunmehr mit sich abgeschlossen, und da er wisse, worauf es eigentlich ankomme, so wolle er künftighin so wenig wie möglich lesen, dagegen aber in gesellschaftlichen[207] Kreisen seine Weltansichten selbstständig zu entwickeln suchen, ohne sich durch fremde Sprachen, Bücher und Hefte irgend darin hindern zu lassen. Das ist ein prächtiger Anfang! Wenn jeder nur erst wieder von Null ausgeht, da müssen die Fortschritte in kurzer Zeit außerordentlich bedeutend werden.«


b.

Goethe denkt bald nach Karlsbad zu reisen. Letzthin war er göttlich bei Mde. Schopenhauer, wo er über Schiller's Cyclus »Wallenstein« sprach, welcher heute (21. April) und den Sonnabend gegeben wird. »Freilich« – sagte er unter anderm – »verlautet jetzt von dem guten Schiller, daß er kein Dichter sei (dieses predigt Passow seinen Primanern, und stand zwei Schritte von Goethe), doch wir haben da so unsere eigene Meinung darüber.« Mit dreimal kaustischer Lauge sprach er scherzend über die poetische Anarchie, wo der neueste Dichter zum größten ausgerufen werde und kam auf die Landshuter Erklärung (von Ast?), daß Friedrich Schlegel zum Hercules unter den Dichtern proclamirt sei, und jetzt, anstatt mit dem Schlegel, mit der Keule herumwandle, an der als Excrescenz auch ein Ästchen bemerkbar sei. Kurz, Goethe documentirte hier so ganz seine hohe Meisterschaft und ließ einmal hell sehen, wie er über die Alfanzereien der Zeit eigentlich denkt.


c.

[208] Bei Gelegenheit der Recension seiner Werke in den Heidelberger Jahrbüchern von F. Schlegel sagte G., er sei damit zufrieden. Der Recensent habe sich viel Mühe gegeben und Alles bedacht und bemerkt. Nur müsse er (G.) selbst am besten wissen, wo die Zäume hingen. Er verstehe die Recension recht gut, aber gegen seine Leser, d.h. die Leser seiner Werke, habe der Recensent einen curiosen Stand.

Es seien ja dies alles nur Fetzen und Lappen von seiner Existenz; da einmal ein alter Hut, und dort ein paar Schuhe und dort ein Lappen von einem Rock, den er einmal getragen.

Die große Kluft, die durch die Reise nach Italien gemacht wird, zwischen den italienischen und andern Gedichten, könne man freilich nicht verlangen, daß sie der Recensent ausfüllen solle.


d.

Äußerte Goethe: »Schelme, Halbschelme sind wie die doppelfarbigen Mäntel, die man nach Gefallen umkehren kann um immer nach einer Seite zu erscheinen.«[209]


1633.*


1808, Mai, vor dem 8.


Mit Bernhard Rudolf Abeken

Auch Goethe habe ich gesehen. Ich besuchte ihn auf Dein [Heinrich Voßens] Wort. Er empfing mich in seinem Garten und ging eine Weile mit mir auf und ab. Er sprach sehr freundschaftlich von Dir und freute sich, daß sein Sohn Dich fände.[45]


518.*


1808, 9. Mai.


Mit Johann Daniel Falk

Der schwer beleidigte Kaiser [Napoleon] verstattete zwar dem Herzoge die Rückkehr in seine Staaten, aber nicht ohne das höchste Mißtrauen in ihn zu setzen, sodaß der edle, offne deutsche Mann von diesem Augenblicke an von allen Seiten mit Horchern, sogar an seiner Tafel umstellt war. Da mich um diese Zeit meine Geschäfte oftmals nach Berlin und Erfurt führten, gaben mir die dortigen höhern Behörden nicht selten Bemerkungen anzuhören, von denen ich gewiß war, daß man sie als Resultate der dort gehaltenen geheimen Polizeiregister dem Kaiser vorlegte, und die ich eben deshalb dem Herzoge nicht verschweigen durfte. Mit wörtlicher Treue, wie ich sie empfangen hatte, setzte ich sie schriftlich auf, um sie höhern Orts zu übergeben. Bei dieser Gelegenheit hat Goethe eine so schöne persönliche Anhänglichkeit für den Herzog an den Tag gelegt, daß ich mir ein Gewissen daraus machen würde, dem deutschen Publicum dies schöne Blatt aus der Lebensgeschichte seines großen Dichters vorzuenthalten.[349] Es geschah um diese Zeit häufig genug, wenn ich Goethe besuchte, daß die bedenklichen Zeitumstände – in welche ich selbst damals, nicht aber zum Unglück, sondern, wofür ich Gott herzlich danke, zum Segen des Landes, das ich bewohnte, handelnd verflochten war – mit männlicher Umsicht von uns nach allen Seiten durchgesprochen wurden. So kam denn auch diesmal, als ich Goethe nach meiner Zurückkunft von Erfurt in seinem Garten besuchte, die Rede auf die Beschwerden der französischen Regierung. Ich theilte sie ihm Punkt für Punkt und so mit, wie sie auch nach diesem der Herzog unverändert gelesen hat. Es sei bekannt, hieß es unter anderm in dieser Schrift, daß der Herzog von Weimar dem feindlichen General Blücher, der sich zu Hamburg mit seinen Officieren nach der Niederlage von Lübeck in der größten Verlegenheit befunden, 4000 Thaler auf Wechsel vorgeschossen habe. Ebenso wisse jedermann, daß ein preußischer Officier, der Hauptmann v. Ende,... als Hofmarschall bei der Frau Großfürstin angestellt sei. Es sei nicht zu leugnen, daß die Anstellung so vieler preußischer Officiere sowohl im Militär- als Civilfach, deren Gesinnungen bekanntlich nicht die besten seien, für Frankreich etwas Beunruhigendes mit sich führe. Schwerlich werde es der Kaiser billigen, oder jemals zugeben, daß man mitten im Herzen des Rheinbundes gleichsam eine stillschweigende Verschwörung wider ihn anlege. Sogar zum Hofmeister seines Sohnes, des Prinzen Bernhard, habe[350] man einen ehemaligen preußischen Officier, den Herrn von Rühle... gewählt; Herr von Müffling, ebenfalls gedienter Officier und Sohn des preußischen Generals dieses Namens,... sei mit großem Gehalte in Weimar als Präsident eines Landescollegiums angestellt; der Herzog stehe mit demselben in einem vertrauten persönlichen Umgange, und es sei natürlich, daß alle solche Verbindungen nur dazu dienten, einen ohnehin schlecht genug verheimlichten Groll gegen Frankreich zu nähren. Es scheine, daß man gleichsam alles absichtlich hervorsuche, um den Zorn des Kaisers, der doch manches von Weimar zu vergessen habe, aufs Neue zu reizen und herauszufordern. Unvorsichtig wenigstens seien die Schritte des Herzogs in einem hohen Grade, wenn man ihnen auch nicht geradewegs eine böse Absicht unterlegen wolle. So habe derselbe auch den Herzog von Braunschweig, den Todfeind Frankreichs, nebst Herrn v. Müffling, nach dem Gefechte von Lübeck zu Braunschweig auf seinem Durchmarsch besucht.

»Genug!« fiel mir Goethe, als ich bis dahin gelesen hatte, mit flammendem Gesichte ins Wort. »Was wollen sie denn, diese Franzosen? Sind sie Menschen? Warum verlangen sie geradeweg das Unmenschliche? Was hat der Herzog gethan, was nicht lobens- und rühmenswerth ist? Seit wann ist es denn ein Verbrechen, seinen Freunden und alten Waffenkameraden im Unglück treu zu bleiben? Ist denn eines edeln Mannes Gedächtniß so gar nichts in euern Augen?[351] Warum muthet man dem Herzoge zu, die schönsten Erinnerungen seines Lebens, den siebenjährigen Krieg, das Andenken an Friedrich den Großen, der sein Oheim war, kurz alles Ruhmwürdige des uralten deutschen Zustandes, woran er selbst so thätig Antheil nahm, und wofür er noch zuletzt Krone und Scepter auf's Spiel setzte, den neuen Herren zu gefallen, wie ein verrechnetes Exempel plötzlich über Nacht mit einem nassen Schwamme von der Tafel seines Gedächtnisses hinwegzustreichen? Steht denn euer Kaiserthum von gestern schon auf so festen Füßen, daß ihr keine, gar keine Wechsel des menschlichen Schicksales in Zukunft zu befürchten habt? Von Natur zu gelassener Betrachtung der Dinge aufgelegt, werde ich doch grimmig, sobald ich sehe, daß man dem Menschen das Unmögliche abfodert. Daß der Herzog verwundete, ihres Soldes beraubte preußische Officiere unterstützte, daß er dem heldenmüthigen Blücher nach dem Gefecht von Lübeck einen Vorschuß von 4000 Thalern machte, das wollt ihr eine Verschwörung nennen? Setzen wir den Fall, daß heute oder morgen Unglück bei eurer großen Armee einträte: was würde wohl ein General oder ein Feldmarschall in den Augen des Kaisers werth sein, der gerade so handelte, wie unser Herzog in dem vorliegenden Falle wirklich gehandelt hat? Ich sage euch, der Herzog soll so handeln, wie er handelt! Er muß so handeln! Er thäte sehr Unrecht, wenn er je anders handelte! Ja, und müßte er darüber Land und Leute,[352] Krone und Scepter verlieren, wie sein Vorfahr, der unglückliche Johann, so soll und darf er doch um keine Hand breit von dieser edeln Sinnesart und dem, was ihm Menschen- und Fürstenpflicht in solchen Fällen vorschreibt, abweichen. Unglück! Was ist Unglück? Was ist Unglück, wenn sich ein Fürst dergleichen von Fremden in seinem eigenen Hause muß gefallen lassen. Und wenn es auch dahin mit ihm käme, wohin es mit jenem Johann einst gekommen ist, daß beides, sein Fall und sein Unglück, gewiß wäre, so soll uns auch das nicht irre machen, sondern mit einem Stecken in der Hand wollen wir unsern Herrn, wie jener Lukas Cranach den seinigen, ins Elend begleiten und treu an seiner Seite aushalten. Die Kinder und Frauen, wenn sie uns in den Dörfern begegnen, werden weinend die Augen aufschlagen und zueinander sprechen: das ist der alte Goethe und der ehemalige Herzog von Weimar, den der französische Kaiser seines Thrones entsetzt hat, weil er seinen Freunden so treu im Unglück war; weil er den Herzog von Braunschweig, seinen Oheim, auf dem Todbette besuchte; weil er seine alten Waffenkameraden und Zeltbrüder nicht wollte verhungern lassen!« Hier rollten ihm die Thränen stromweise von beiden Backen herunter; alsdann fuhr er nach einer Pause, und sobald er wieder einige Fassung gesammelt, fort: »Ich will ums Brot singen! Ich will ein Bänkelsänger werden, und unser Unglück in Liedern verfassen! Ich will in alle Dörfer und in[353] alle Schulen ziehen, wo irgend der Name Goethe bekannt ist; die Schande der Deutschen will ich besingen, und die Kinder sollen mein Schandlied auswendig lernen, bis sie Männer werden, und damit meinen Herrn wieder auf den Thron herauf- und euch von dem euern heruntersingen! Ja, spottet nur des Gesetzes, ihr werdet doch zuletzt an ihm zu Schanden werden! Komm an, Franzos! Hier oder nirgend ist der Ort mit dir anzubinden! Wenn du dieses Gefühl dem Deutschen nimmst oder es mit Füßen trittst, was eins ist, so wirst du diesem Volke bald selbst unter die Füße kommen! Ihr seht, ich zittre an Händen und Füßen. Ich bin lange nicht so bewegt gewesen. Gebt mir diesen Bericht! Oder nein, nehmt ihn selbst! Werft ihn ins Feuer! Verbrennt ihn! Und wenn Ihr ihn verbrannt habt, sammelt die Asche und werft sie ins Wasser! Laßt es sieden, brodeln und kochen! Ich selbst will Holz dazu herbeitragen, bis alles zerstiebt ist, bis jeder Punkt in Rauch und Dunst davonfliegt, sodaß auch nicht ein Stäubchen davon auf deutschem Grund und Boden übrig bleibt! Und so müssen wir es auch einst mit diesen übermüthigen Fremden machen, wenn es je besser mit Deutschtand werden soll.«

Ich brauche kein Wort zu diesem wahrhaft männlichen Gespräche hinzuzusetzen, das ebenso ehrend für Goethe, als für den Herzog ist.

Als ich Goethe beim Abschied umarmte, standen auch mir die Augen voll Thränen.[354]


358.*


1808, 14. Mai.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Auf mitunter sehr schlechten Wegen nach Franzensbad. Am Brunnen gewesen. Schöne Kobellsche Landschaft[209] mit blauen Bergen. Besonders Politica besprochen.

»Europa – äußerte Goethe – war sonst eine der seltensten Republiken, die jemals existirt, und ging dadurch zu Grunde, daß ein Theil das sein wollte, was das Ganze war, nämlich Frankreich wollte Republik werden. – Jetzt nirgends Schutz und Hilfe. Omnia in propatulo.

Sonst, der Mensch auf sich allein gestellt, suchte er Hilfe bei anderen: in Burgen, Schlössern, bei Freunden. Jetzt, in der öffentlichsten Kommunikation hilflos, und nur durch sein Inneres zu trösten und zu helfen.

Sonst verschlossen nach außen, offen nach innen; jetzt offen nach außen, verschlossen nach innen.«[210]


359.*


1808, 15. Mai.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Unterwegs [zwischen Franzensbad und Karlsbad] über Liebe. Amor feminarum plerumque officiosus, marium sive masculorum enthousiazôn. Goethes Geschichte amoris uxoris suae post expertam fidem. Über Werners Liebe.[210]


360.*


1808, 17. Mai.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Nach Tische Metra für Goethe. Abends mit ihm den Chodekschen Weg. Über Pandora: über Systole und Diastole des Weltgeistes. »Jene giebt die Specifikation, diese das Unendliche. In der Natur sei das Unmögliche, daß nichts nicht werde: das Leben sei gleich da.«[211]


361.*


1808, 1. Juni.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Über Tische von Politicis, – daß Napoleon mit Spanien fertig sei, daß Rußland es früher mit Polen ebenso gemacht. Ich meinte, unsere Kritiker würden ihn einen glücklichen Nachahmer schelten.[211]


362.*


1808, 2. August.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Abends Armenconcert von Pixis und Holbein gegeben, der declamirte und sang, Goethes Hochzeitlied und Schillers Glocke. Nicht besonders. Um 9 Uhr nachhause mit Goethe. Darüber gesprochen.

[211] »Hier giebt man – sagte Goethe – Concerte und Bälle, um wohlthätig zu sein, und ist wohlthätig, um mit Ehren singen und tanzen zu können. Das ist die Art von Mittelsalz, womit die moderne Welt ihre Pflicht und Vergnügen zugleich abführt, damit ja alles recht kurmäßig geschehen möge.«[212]


363.*


1808, 11. August


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Mittags allein, mit Goethe. Über München, die dortigen Verhältnisse. Plan zu einem deutschen Volksbuche besprochen.[212]


364.*


1808, 13. August.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

»Es geht den Leuten, oder uns, mit den Wissenschaften wie dem Zadig (von Voltaire) mit dem verlaufenen Hund und Pferde, das jedermann an der Beschreibung erkennt, aber niemand gesehen haben will.«

»Ein ähnlicher Fall ist, daß die Leute auch von dieser oder jener Sache etwas wollen gehört oder gelesen haben, aber nicht angeben können was und wo.«[212]


365.*


1808, 20. August.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Mittags mit Goethe allein zu Tisch. Über Frau v. d. Recke; sie sei ohne Perfectibilität und stehen geblieben.[213]


366.*


1808, 26. August.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Mittags allein. Allerlei über der Menschen Art und Weise. Über Werners und Schlegels Pfiffigkeit.[213]


367.*


1808, August (?).


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Goethe äußerte in Karlsbad: »Das Ideale im Menschen, wenn diesem die Objekte genommen oder verkümmert werden, zieht sich in sich, feinert und steigert sich, daß es sich gleichsam übertrumpft.

Die meisten Menschen im Norden haben viel mehr Ideales in sich, als sie brauchen können, als sie verarbeiten können; daher die sonderbaren Erscheinungen von Sentimentalität, Religiosität, Mysticismus etc.«[213]


368.*


1808, 27. August.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Über Tische vom Charakter. Er sei, sagte Goethe, die Tüchtigkeit vis-à-vis von etwas Höherem, das er über sich erkenne, und seine Selbstschätzung. Der Charakter ruhe auf der Persönlichkeit, nicht auf dem Talente.

»Der Charakter ist eine psychische Gewohnheit, eine Gewohnheit der Seele, und seinem Charakter gemäß handeln, heißt seinen physischen und geistigen Gewohnheiten gemäß handeln; denn diese sind ihm allein bequem, und nur das Bequeme gehört uns eigentlich an.

Wer nicht nachgiebt, ob er schon einsieht, daß der andere Recht hat, heißt ein trotziger Charakter. Es wird ihm aber leichter, nicht nachzugeben (wie es mancher gewohnt ist, mit der linken Hand alles zu thun, was vielen schwer däucht), es ist seine Gewohnheit. Man muß Gewohnheit aber so verstehen: wir können uns eigentlich nichts angewöhnen, nichts was nicht eigentlich schon unser wäre; es ist nur das Wiederholen des ersten ursprünglichen Thuns, und der Charakter ist eigentlich vor aller Gewöhnung und Gewohnheit. Er erscheint uns nur als Gewohnheit; denn wir müssen etwas wiederkehren sehen, wenn wir wissen sollen, daß[214] es da ist, und diese Wiederkehr, dieses Wiederholen des Ersten und Einen heißen wir Gewohnheit.

Die gewöhnlichen Vorstellungsarten sind absurd. Man sagt: weil er das und das so oft gethan hat, ist es ihm zur Gewohnheit worden. Dies ist ein Idem per Idem. Es ist wie wenn ich sagte: weil ich den Handschuh so oft aus- und angezogen habe, ist er weit geworden. Wenn es nicht die Natur des Handschuhleders wäre, sich zu dehnen, so hätte ich ihn tausend und abertausendmal anziehen können, er wäre nicht weiter geworden. Warum wird es denn kein Stahlhandschuh, oder ein steinerner? ich mag sie noch so oft anziehen.

Nein! er hat es gethan, so oft und so oft, weil er's mußte, weil es seine Eigenschaft ist; und diese Eigenschaft erscheint uns als Gewohnheit, weil wir sie wiederholt sehen. Charakter ist also Eigenschaft und Gewohnheit zugleich. Jenes a priori angesehen; dieses, a posteriori.

Nimmt man das Willkürliche aus dem Leben und Handeln und Verfahren hinweg, so hat man das Beste hinweggenommen. Sei ich noch so weise und verständig und zweckmäßig: ich muß sterben wie der Aller unvernünftigste, wie der Thor. Und ich habe keine Freude davon gehabt, und andern keine damit gemacht.«[215]


369.*


1808, 28. August.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Goethes Geburtstag. Mit ihm über den neueren Roman, besonders den seinigen. Er äußerte:

Seine Idee bei dem neuen Roman »Die Wahlverwandtschaften« sei: sociale Verhältnisse und die Conflicte derselben symbolisch gefaßt darzustellen.

Abends über das antike Tragische und das Romantische. »Das antike Tragische ist das menschlich Tragirte. Das Romantische ist kein natürliches, ursprüngliches, sondern ein gemachtes, ein gesuchtes, gesteigertes, übertriebenes, bizarres, bis ins Fratzenhafte und Karrikaturartige. Kommt vor wie ein Redoutenwesen, eine Maskerade, grelle Lichter-Beleuchtung. Ist humoristisch (d.h. ironisch vergl. Ariost, Cervantes; daher ans Komische grenzend und selbst komisch) oder wird es augenblicklich, sobald der Verstand sich daran macht, sonst ist es absurd und phantastisch. Das Antike ist noch bedingt (wahrscheinlich, menschlich), das Moderne willkürlich, unmöglich.

Das antike Magische und Zauberische hat Stil, das moderne nicht. Das antike Magische ist Natur menschlich betrachtet, das moderne dagegen ein bloß Gedachtes, Phantastisches.

Das Antike ist nüchtern, modest, gemäßigt, das Moderne ganz zügellos, betrunken. Das Antike erscheint[216] nur ein idealisirtes Reales, ein mit Großheit (Stil) und Geschmack behandeltes Reales; das Romantische ein Unwirkliches, Unmögliches, dem durch die Phantasie nur ein Schein des Wirklichen gegeben wird.

Das Antike ist plastisch, wahr und reell; das Romantische täuschend wie die Bilder einer Zauberlaterne, wie ein prismatisches Farbenbild, wie die atmosphärischen Farben. Nämlich eine ganz gemeine Unterlage erhält durch die romantische Behandlung einen seltsamen wunderbaren Anstrich, wo der Anstrich eben Alles ist und die Unterlage nichts.

Das Romantische grenzt ans Komische (Hüon und Amanda, Oberon), das Antike ans Ernste und Würdige.

Das Romantische, wo es in der Großheit an das Antike grenzt, wie in den Nibelungen, hat wohl auch Stil, d.h. eine gewisse Großheit in der Behandlung, aber keinen Geschmack. Die sogenannte romantische Poesie zieht besonders unsere jungen Leute an, weil sie der Willkür, der Sinnlichkeit, dem Hange nach Ungebundenheit, kurz der Neigung der Jugend schmeichelt. Mit Gewalt setzt man Alles durch. Seinem Gegner bietet man Trotz. Die Weiber werden angebetet: Alles wie es die Jugend macht. – –

Alle irdische Poesie ist immer noch zu charakteristisch, rein objectiv zu sein, d.h. noch zu individuell, nicht generell genug. Ja, was uns als reines Object vorkommt, ist selbst noch Individuum. Die Sonne selbst ist ein Individuum, ob sie uns gleich als das reinste Object erscheint, da sie mit nichts zu vergleichen ist.[217] Alle empirische Poesie, selbst die uns am meisten objectiv erscheint, die griechische oder antike, ist doch nur charakteristisch und individuell, und imponiert uns nur dadurch, durch ihr streng Charakteristisches. Es ist ein erhöhtes Griechenthum, was uns entgegenkommt. Alles was uns imponiren soll, muß Charakter haben. Die Poesie an sich, ohne Charakter, ist nicht empirisch darzustellen.

Das Eigene einer jeden Landes- und Volkspoesie, besonders im Dramatischen, besteht darin, daß sie auf einem Gegensatz beruht, auf einen Gegensatz hinarbeitet, gleichsam vis-à-vis eines Gegensatzes sich in Bezug aus ihn heraushebt.

Das Drama macht bei den Franzosen einen viel stärkeren Gegensatz mit dem Leben, zum Zeichen, daß ihr gewöhnliches Leben ganz davon entfernt ist. Bei den Deutschen weniger, indem sie selbst schon im Leben wenigstens naiv, gemüthlich und poetisch sind.«[218]


370.*


1808, 30. August.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Um 6 Uhr von Karlsbad weggefahren. Über die Wahlverwandtschaften und was noch zu thun sein möchte, Gegen Mittag in Mariakulm. Über eine Geschichte in Castischem Sinn und Geschmack und höchst moralisch (erste Idee zu dem Gedichte »Das Tagebuch. 1810«).[218]


371.*


1808, 30. September und folgende Tage.


Bei den Festen zu Ehren

des Kaisers Napoleon

Der Herzog berief in diesen Tagen [29. September] unsern Goethe nach Erfurt, der nach seiner eigenthümlichen Sinnesweise sich bisher ganz fern gehalten hatte. Es war mir [Friedrich v. Müller] gelungen, eine bequeme Wohnung in der Nähe des Herzogs aufzufinden, und Goethe blieb mehrere Tage in Erfurt. Das französische Theater gewährte ihm unsäglichen Genuß, und es war höchst interessant, ihn nach jeder Vorstellung noch Stundenlang bei dem Herzog über die Eigenthümlichkeiten der französischen Tragiker und dramatischen Künstler sprechen zu hören; er war dabei stets in der höchsten Aufregung, voll Feuer und hinreißender Beredsamkeit.

– – – – – – – – – – –

Napoleon hatte schon mehrmalen den Wunsch blicken lassen, daß die Herzogin von Weimar ihm und seinem kaiserlichen Gast [Alexander I.] einen Ball zu Weimar geben möchte. Der Herzog überlegte hin und her, welche noch weiteren Festlichkeiten und Anordnungen schicklicherweise getroffen werden müßten, wenn so hohe Gäste nach Weimar kämen ..... Der Herzog forderte Goethe auf, auszufinden, was etwa am würdigsten zur Verherrlichung der hevorstehenden merkwürdigen Tage[219] in Weimar geschehen könnte. Goethe gab wirklich auch mehre höchst großartige und imposante Ideen an; theils aber hätte ihre Ausführung zu viel Zeit erfordert, theils erschienen sie inderthat zu gigantisch. Der Herzog beschloß daher, sich außer einem Festmahle und Hofballe auf eine große Hirschjagd am Ettersberg, für den ersten Tag der kaiserlichen Anwesenheit, und für den andern Tag auf eine andere große Jagd auf den Bergen gegen Jena hin zu beschränken, da Napoleon gewünscht hatte, dem Kaiser Alexander das Schlachtfeld von Jena zu zeigen.[220]


372.*


1808, 2. October.


Mit Napoleon Bonaparte


a.

Bei Frau von der Recke lernte er [Goethe] den Minister Maret kennen, auf den er einen außerordentlichen Eindruck machte, und der davon dem Kaiser erzählte, worauf Napoleon ihn sogleich am 2. October zu sich einladen ließ. Die Audienz dauerte fast eine volle Stunde. Ich [von Müller] hatte Goethe bis ins Vorzimmer begleitet und harrte da seiner Rückkehr. Nur Talleyrand, Berthier und Savary waren bei dieser Audienz gegenwärtig; gleich nach Goethes Eintritt in das kaiserliche Cabinet kam auch noch der Generalintendant Daru dazu.

Der Kaiser saß an einem großen runden Tische[220] frühstückend. Zu seiner rechten stand Talleyrand, zu seiner linken Daru, mit dem er sich zwischendurch über die preußischen Contributionsangelegenheiten unterhielt. Er winkte Goethe, näher zu kommen, und fragte, nachdem er ihn aufmerksam betrachtet hatte, nach seinem Alter. Als er erfuhr, daß er im sechzigsten Jahre stehe, äußerte er seine Verwunderung, ihn noch so frischen Aussehens zu finden, und ging alsbald zu der Frage nach Goethes Trauerspielen über, wobei Daru Gelegenheit nahm, sich näher über sie auszulassen und überhaupt Goethes dichterische Werke zu rühmen, namentlich auch seine Übersetzung des »Mahomet« von Voltaire. »Das ist kein gutes Stück!« sagte der Kaiser und setzte umständlich auseinander, wie unschicklich es sei, daß der Weltüberwinder von sich selbst eine so ungünstige Schilderung mache. Werther's Leiden versicherte er siebenmal gelesen zu haben1 und machte zum Beweise dessen eine tief eindringende Analyse dieses Romans, wobei er jedoch an gewissen Stellen eine Vermischung der Motive des gekränkten Ehrgeizes mit denen der leidenschaftlichen Liebe finden wollte. »Das ist nicht naturgemäß und schwächt bei dem Leser die Vorstellung von dem übermächtigen Einfluß, den die Liebe auf Werther gehabt. Warum haben sie das gethan?«

[221] Goethe fand die weitere Begründung dieses kaiserlichen Tadels so richtig und scharfsinnig, daß er ihn späterhin oftmals gegen mich mit dem Gutachten eines kunstverständigen Kleidermachers verglich, der an einem angeblich ohne Naht gearbeiteten Ärmel sobald die fein versteckte Naht entdeckt.

Dem Kaiser erwiderte er: es habe ihm noch niemand diesen Vorwurf gemacht, allein er müsse ihn als ganz richtig anerkennen; einem Dichter dürfte jedoch zu verzeihen sein, wenn er sich mitunter eines nicht leicht zu entdeckenden Kunstgriffs bediene, um eine gewisse Wirkung hervorzubringen, die er auf einfachem, natürlichem Wege nicht hervorbringen zu können glaube.

Nun auf das Drama zurückkommend, machte Napoleon mehrfache sehr bedeutende Bemerkungen, die den Beweis lieferten, daß er die tragische Bühne mit der größten Aufmerksamkeit, gleich einem Criminalrichter, betrachte, und die deutlich genug zeigten, wie tief er das Abweichen des französischen Charakters von Natur und Wahrheit empfinde. Auf die Schicksalsstücke übergehend, mißbilligte er sie höchlich: »Sie haben einer dunkleren Zeit angehört; was will man jetzt mit dem Schicksal? Die Politik ist das Schicksal!«

Hierauf sprach er lange mit Daru über die Contributionsangelegenheiten, während dessen der Marschall Soult hereintrat, den der Kaiser scherzend über einige unangenehme Ereignisse in Polen ansprach. Auf einmal[222] stand Napoleon auf, ging auf Goethe zu und fragte mit gemäßigterer Stimme nach Goethes Familie und seinen Verhältnissen zu den verschiedenen Personen des herzoglichen Hauses. Die Antworten, die er erhielt, übersetzte er sich sogleich nach seiner Weise in entschiednere Urtheile. Doch bald wieder auf das Trauerspiel zurückkommend, sagte er: »Das Trauerspiel sollte die Lehrschule der Könige und der Völker sein; das ist das Höchste, was der Dichter erreichen kann. Sie z.B. sollten den Tod Cäsars auf eine vollwürdige Weise, großartiger als Voltaire, schreiben. Das könnte die schönste Aufgabe Ihres Lebens werden. Man müßte der Welt zeigen, wie Cäsar sie beglückt haben würde, wie alles ganz anders geworden wäre, wenn man ihm Zeit gelassen hätte, seine hochsinnigen Pläne auszuführen. Kommen Sie nach Paris! Ich fordere es durchaus von Ihnen. Dort giebt es größere Weltanschauung, dort werden Sie überreichen Stoff für Ihre Dichtungen finden.«2

Jedesmal, wenn er über etwas sich ausgesprochen hatte, setzte er hinzu: »Qu'en dit Monsieur Goet?«

Als nun Goethe endlich abtrat, hörte man den Kaiser bedeutsam zu Berthier und Daru sagen: »Voilà un homme!«

[223] Goethe beobachtete lange ein tiefes Schweigen über den Hergang bei dieser Audienz, sei es, weil es überhaupt in seinem Charakter lag, sich über wichtige, ihn persönlich betreffende Vorgänge nicht leicht auszusprechen, sei es aus Bescheidenheit und Delicatesse. Daß aber Napoleons Äußerungen ihm einen mächtigen Eindruck hinterließen, konnte man ihm sehr bald abmerken, obschon er selbst den Fragen seines Fürsten nach dem Inhalte der Unterredung auf geschickte Weise auszuweichen verstand. Die Einladung nach Paris insbesondere beschäftigte ihn noch geraume Zeit recht lebhaft; er fragte mich mehrmalen nach dem ohngefähren Betrag des Aufwandes, den sie wohl erfordern würde, nach den verschiedenen, für ihn nöthigen Einrichtungen in Paris, Zeitabtheilungen u.s.w. Späterhin mochte ihn wohl die Erwägung so mancher nicht zu beseitigenden Unbequemlichkeiten in Paris von dem Vorhaben abgebracht haben.


b.

Napoléon leitete das Gespräch über »Werther« mit den Worten ein: »Je n'aime pas la fin de votre roman!« worauf Goethe erwiederte: »Je ne croyais pas, que Votre Majesté aimât que les romans aient une fin.«


1 Inderthat finden sich »Werther's Leiden« in Bourienne's Memoiren unter dem Verzeichniß der wenigen Bücher aufgeführt, die Napoleon mit nach Ägypten nahm.


2 Von den Worten »Doch bald wieder auf das Trauerspiel zurückkommend« an ist das Gespräch irrthümlich hier aufgeführt und fand unzweifelhaft am 6. Oktober statt.[224]


1560.*


1808, 30. September und folgende Tage.


Mit Napoleon Bonaparte


a.

Napoléon fidèle à son système momentané de lenteur avait distribué les premières journées de[105] manière à ce que l'on ne trouvât jamais le moment de parler d'affaires. Ses déjeuners étaient longs: il y recevait du monde, il y causait volontiers ..... J'ai vu [Talleyrand] plusieurs de ces déjeuners durer plus de deux heures. C'est là que Napoléon faisait venir les hommes considérables et les hommes de mérite qui s'étaient rendus à Erfurt pour le voir. Tous les matins il lisait avec complaisance la liste des personnes nouvellement arrivées. Le jour où il y trouva le nom de M. Goethe, il l'envoya chercher.

»Monsieur Goethe, je suis charmé de vous voir.« – »Sire, je vois que quand Votre Majesté voyage, elle ne néglige pas de porter ses regards sur les plus petites choses.« – »Je sais que vous êtes le premier poète tragique de l'Allemagne.« – »Sire, vous faites injure à notre pays; nous croyons avoir nos grands hommes: Schiller, Lessing et Wieland doivent être connus de Votre Majesté.« – »Je vous avoue que je ne les connais guère; cependant j'ai lu la guerre de Trente ans; cela, je vous en demande pardon, ne m'a paru fournir des sujets de tragédie que pour nos boulevards.« – »Sire, je ne connais pas vos boulevards; mais je suppose que c'est là que se donnent les spectacles pour le peuple, et je suis faché de vous entendre juger si sévèrement un des plus beaux génies des temps modernes.« – »Vous habitez ordinairement Weimar; c'est le lieu[106] où les gens de lettres célèbres de l'Allemagne se réunissent?« – »Sire, ils y sont fort protégés; mais nous n'avons dans ce moment-ci à Weimar d'homme connu dans toute l'Europe que Wieland, car Müller habite Berlin.« – »Je serais bien aise de voir M. Wieland.« – »Si Votre Majesté me permet de le lui mander, je suis sûr qu'il se rendra ici immédiatement.« – »Parle-t-il le français?« – »Il le sait, et il a lui-même corrigé plusieurs traductions de ses ouvrages faites en français.« – »Pendant que vous êtes ici, il faut que vous alliez tous les soirs à nos spectacles. Cela ne vous fera pas de mal de voir représenter les bonnes tragédies françaises.« – »Sire, j'irai très volontiers, et je dois avouer à Votre Majesté que cela était mon projet; j'ai traduit, ou plutôt imité quelques pièces françaises.« – »Lesquelles?« – »Mahomet et Tancrède«. – »Je ferai demander à Rémusat si nous avons ici des acteurs pour les jouer. Je serai bien aise que vous les voyez représenter dans notre langue. Vous n'êtes pas si rigoureux que nous dans les règles du théâtre«. – »Sire, les unités chez nous ne sont pas essentielles«. – »Comment trouvez vous notre séjour ici?« – »Sire, bien brillant, et j'espère qu'il sera utile à notre pays.« – »Votre peuple est-il heureux?« – »Il espère beaucoup.« – »Monsieur Goethe, vous devriez rester ici pendant tout le voyage, et écrire l'impression que fait sur vous le grand spectacle[107] que nous vous donnons.« – »Ah! sire, il faudrait la plume de quelque écrivain de l'antiquité pour entreprendre un travail semblable.« – »Étes vous de ceux qui aiment Tacite?« – »Oui, sire, beaucoup.« – »Eh bien, pas moi; mais nous parlerons de cela une autre fois. Écrivez à M. Wieland de venir ici; j'irai lui rendre sa visite à Weimar où le duc m'a invité à aller. Je serai bien aise de voir la duchesse; c'est une femme d'un grand mérite. Le duc a été assez mal pendant quelque temps, mais il est corrigé.« – »Sire, s'il a été mal, la correction a été un peu forte; mais je ne suis juge de pareilles choses; il protège les lettres, les lettres, les sciences, et nous n'avons tous qu'à nous louer de lui.« – »Monsieur Goethe, venez ce soir à Iphigénie. C'est une bonne pièce; elle n'est cependant pas une de celles que j'aime le mieux, mais les Français l'estiment beaucoup. Vous verrez dans mon parterre un bon nombre de souverains. Connaissez-vous le prince primat?« – »Oui, sire, presque intimement; c'est un prince qui a beaucoup d'esprit, beaucoup de connaissances et beaucoup de générosité.« – »Eh bien, vous le verrez ce soir, dormir sur l'épaule du roi de Wurttemberg. Avez-vous déjà vu l'empereur de Russie?« – »Non, sire, jamais, mais j'espère lui être présenté.« – »Il parle bien votre langue; si vous faites quelque chose sur l'entrevue d'Erfurt, il faut le lui dédier.« – »Sire, ce n'est pas mon usage; lorsque[108] j'ai commencé à écrire, je me suis fait un principe de ne point faire de dédicace, afin de n'avoir jamais à m'en repentir.« – »Les grands écrivains du siècle de Louis XIV n'étaient pas comme cela.« – »C'est vrai, Sire, mais Votre Majesté n'assurerait pas qu'ils ne s'en sont jamais repentis.« – »Qu'est devenu ce mauvais sujet de Kotzebue?« – »Sire, on dit qu'il est en Sibérie et que Votre Majesté demandera sa grâce à l'empereur Alexandre.« – »Mais savez-vous que ce n'est pas mon homme?« – »Sire, il est fort malheureux et il a beaucoup de talent.« – »Adieu, Monsieur Goethe

Je suivis M. Goethe et l'engageai à venir dîner chez moi. En rentrant, j'écrivis cette première conversation, et pendant le dîner je m'assurai, par les différentes questions que je lui fis, que telle que je l'écris ici, elle est parfaitement exacte. En sortant de table, M. Goethe se rendit au spectacle; je mettais de l'intérêt à ce qu'il fut près du théâtre, et cela était assez difficile, parce que les têtes couronnées occupaient sur des fauteuils le premier rang; les princes héréditaires, pressés sur des chaises, remplissaient le second; et toutes les banquettes qui étaient derrière eux étaient couvertes de ministres et de princes médiatisés. Je confiai donc M. Goethe à Dazincourt, qui, sans blesser aucune convenance, trouva le moyen de le bien placer.


b.

[109] L'empereur avait envoyé toute la Comédie-Française à Weimar ..... On jouait La Mort de César devant tous les souverains et princes qui d'Erfurt étaient venus à Weimar. Du spectacle, on passa dans la salle de bal .... Après avoir fait le tour de la salle, et s'être arrêté près de quelques jeunes femmes dont il [Napoléon] demandait le nom à M. Frédéric de Müller... qui avait reçu l'ordre de l'accompagner, il s'éloigna de la grande enceinte et pria M. de Müller de lui amener M. Goethe et M. Wieland .... Il alla chercher ces messieurs qui, avec quelques autres membres de cette académie, regardaient ce beau et singulier spectacle. M. Goethe, en s'approchant de l'empereur, lui demanda la permission de les lui nommer .....

»Vous êtes, j'espère, content de nos spectacles,« dit l'empereur à M. Goethe; »ces messieurs y sont-ils venus?« – »A celui d'aujoud'hui, sire, mais pas à ceux d'Erfurt.« – »J'en suis faché; une bonne tragédie doit être regardée comme l'école la plus digne des hommes supérieurs. Sous un certain point de vue, elle est au dessus de l'histoire. Avec la meilleure histoire, on ne produit que peu d'effet. L'homme, seul, n'est ému que faiblement; les hommes rassemblés reçoivent des impressions plus fortes et plus durables. Je vous assure que l'historien que vous autres citez toujours, Tacite, ne m'a jamais rien[110] appris. Connaissez-vous un plus grand et souvent plus injuste détracteur de l'humanité? Aux actions les plus simples, il trouve des motifs criminels; il fait des scélérats profonds de tous les empereurs, pour faire admirer le génie qui les a pénétrés. On a raison de dire que ses Annales ne sont pas une histoire de l'empire, mais un relevé des greffes de Rome. Ce sont toujours des accusations, des accusés et des gens qui s'ouvrent les veines dans leur bain. Lui qui parle sans cesse de délations, il est le plus grand des délateurs. Et quel style! Quel nuit toujours obscure! Je ne suis pas un grand latiniste, moi, mais l'obscurité de Tacite se montre dans dix ou douze traductions, italienes ou françaises que j'ai lues; et j'en conclus qu'elle lui est propre, qu'elle naît de ce qu'on appelle son génie autant que de son style; qu'elle n'est si inséparable de sa manière de s'exprimer que parce qu'elle est dans sa manière de concevoir. Je l'ai entendu louer de la peur qu'il fait aux tyrans; il leur fait peur des peuples, et c'est là un grand mal pour les peuples mêmes. N'ai-je pas raison, M. Wieland? Mais je tous dérange; nous ne sommes pas ici pour parler de Tacite. Regardez comme l'empereur Alexandre danse bien!«[111]


373.*


1808, 6. October.


Mit Napoleon Bonaparte


a.

[Auf dem Hofball zu Weimar hatte Napoleon gleich anfangs mit Goethe sich unterhalten und später wiederholt.]


Der Kaiser sprach während des Balles noch einmal mit Goethe und drückte ihm sein lebhaftes Interesse an Veredlung der tragischen Kunst aus. Er wiederholte dabei, daß man das Trauerspiel nicht nur für die würdigste Schule der Fürsten und Staatsmänner achten müsse, sondern daß es in gewisser Hinsicht selbst weit über der Geschichte stehe.


b.

During the ball, Napoleon talked at great length with Goethe and Wieland. Speaking of ancient and modern literature, Napoleon touched on Shakespeare, whom he was too French to comprehend, and said to Goethe: »Je suis étonné qu'un grand esprit, comme vous, n'aime pas les genres tranchés.« Goethe might have replied that grands esprits have almost universally been the very reverse of tranchés in their tastes, but of course it was not for him to controvert the Emperor. After speaking magniloquently of tragedy, Napoleon told him he ought to write a [225] Death of Caesar, but in a grander style than the tragedy of Voltaire. »Ce travail pourrait devenir la principale tâche de votre vie. Dans cette tragédie il faudrait montrer au monde, comme César aurait pu faire le bonheur de l'humanité, si on lui avait laissé le temps d'executer ses vastes plans.« One cannot help thinking of Goethe's early scheme to write Julius Caesar, and how entirely it would have been opposed to the genre tranché so admired by Napoleon.

A proposition more acceptable than that of writing tragedies at his age, was that of accompanying Napoleon to Paris, »Venez à Paris! je l'exige de vous. Là vous trouverez des matières immenses pour vos créations poétiques.«[226]


1634.*


1808, 6. October.


Mit Napoleon Bonaparte

Une réception somptueuse attendait à Weimar les deux empereurs. Après un repas splendide un bal réunit la plus brillante société allemande. Goethe et Wieland s'y trouvaient. Napoléon laissa cette société pour aller dans le coin d'un salon converser longuement avec les deux célèbres écrivains de l'Allemagne. Il leur parla du christianisme, de Tacite, de cet historien, l'effroi des tyrans, dont il prononçait le nom sans peur, disait-il en souriant; soutint que Tacite avait chargé un peu le sombre tableau de son[45] temps, et qu'il n'était pas un peintre assez simple pour être tout à fait vrai. Puis il passa à la littérature moderne, la compara à l'ancienne, se montra toujours le même, en fait d'art comme en fait de politique, partisan de la règle, de la beauté ordonnée, et, à propos du drame imité de Shakespeare, qui mêle la tragédie à la comédie, le terrible au burlesque, il dit à Goethe: »Je suis étonné qu'un grand esprit comme vous n'aime pas les genres tranchés.« – Mot profond, que bien peu de critiques de nos jours sont capables de comprendre.[46]


1635.*


1808, 8. October.


Mit Karl Morgenstern

Auf der Treppe [der Bibliothek zu Weimar] begegnete ich dem Geheimen Rath v. Goethe. Wir sprachen einige Minuten zusammen über das französische Theater. Ich hatte ihn schon in Erfurt beim Präsidenten v. d. Reck gesprochen und ..... ihn bald darauf eines Morgens mit Falk im Gasthof (der Schlehdorn) besucht, wo er etwa drei Viertelstunden sehr interessant sprach über deutschen Geist, im südlichen Deutschland zumal, und manches andere, das ich leider nicht angemerkt habe. Er sprach mit der Milde, Ruhe, Klarheit und Natürlichkeit des großen Geistes, zugleich vertraulich, zumal da Falk, den er genau kennt, dabei war.[46]


1636.*


1808, 14. October.


Mit Karl Morgenstern

Gegen Mittag war ich eine kurze Weile bei Geheimem Rath v. Goethe .... Gespräch über Jacobi und Johannes Müller, die er grüßen läßt; Über Klinger: Klinger würde sich, meint er, in Deutschland jetzt nicht gefallen, weil er hinter der Zeit in manchem zurückgeblieben sei; über gewisse Dinge spreche man gar nicht mehr, die seien aus- und abgemacht.[47]


1637.*


1808, 14. (?) October.


Mit Franz Josef Talma

Auf Talma's Frage an Goethe, ob der »Werther« nicht eine wahre Geschichte sei, half sich Goethe durch ein treffliches Wort heraus; er sagte: von den interessirten Personen habe sich der eine gerettet, um die Geschichte erzählen zu können; man wüßte sonst nichts von ihr.[47]


374.*


1808, 15. October.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

... Goethe. Mit ihm in den Garten und dann auf seinem Zimmer. Über die Erfurter Sachen. Daß er den Kaiser gesprochen. Wolle es aufschreiben, was er mit ihm gesprochen. Er hat ihm gleichsam das Tippelchen auf das I. gesetzt.[226]


375.*


1808, 7. November.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Mittags allein mit Goethe. Über die Hagen'sche Liedersammlung, Mathissons lyrische Blumenlese, Mangel an Objectivität der deutschen Dichter.[227]


376.*


1808, 9. November.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Mittags mit Goethe allein zu Tisch. Über die Nibelungen als ein von Grund aus tüchtiges Gedicht.[227]


377.*


1808, 16. November.


Vortrag der Damen

Am Mittwoch hat uns Goethe seine Reflexionen über das alte Gedicht [das Nibelungenlied], was er uns vorliest, mitgetheilt. Seine Gedanken schienen mir [Henriette v. Knebel] so frisch und richtig. So glaubt er auch, daß in den damaligen Zeiten eigentlich das wahre Heidenthum gewesen wäre, ob sie gleich kirchliche Gebräuche hatten; denn Homer hätte mit den Göttern in Verbindung gestanden, aber in diesen Leuten findet sich keine Spur von irgend einem himmlischen Reflect.[227]


1638.*


1808, 17. oder 18. November.


Mit Wilhelm von Humboldt

Ich war in Weimar und sah Goethe zwei Tage lang, sprach viel von Ihnen [J. H. Jacobi] mit ihm und soll Sie herzlich von ihm grüßen. Ich fand ihn wohl und, wie Sie ihn kennen, beschäftigt, indeß ziemlich[47] zornig über so manches literarische Unwesen in Deutschland. Er klagt so ernstlich über Anarchie, Formlosigkeit und Mangel an Technik in den neuen Poeten und Autoren, daß es ihn doppelt verdrießt, so viel wahres Talent in ihnen zu finden und zu Grabe gehn zu sehn, und daß er nah daran ist, mancherlei Beschränkungen, die jenseits des Rheins Mode sind, wenigstens nicht sonderlich zu tadeln. Übrigens fährt er fort, um sich her soviel er kann zu wirken und liest z.B. alle Mittwoch Vormittag einem ausgewählten Zirkel, unter dem sich auch die Herzogin befindet, die Nibelungen vor. Mit dem Kaiser Napoleon hat er eine lange Unterredung gehabt über seinen »Werther« und das französische Theater. Über den ersteren, versichert er, habe der Kaiser sehr wahre, frappante und ihm sonst nie vorgekommene Bemerkungen gemacht; das letztere kenne er bis zur Bewunderung genau und habe alle historische und poetische Motive der bekanntesten Stücke bis in ein ungeheures Détail hinein verfolgt. Sehr viel haben wir auch Bettina's erwähnt, die er nachwürden, wie wir, schätzt.[48]


378.*


1808, 25. November.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Über Wolff's Meinung von Homer u. dergl. Äußerte Goethe:

»Schon fast seit einem Jahrhundert wirken Humaniora nicht mehr auf das Gemüth dessen, der sie treibt, und es ist ein rechtes Glück, daß die Natur dazwischen getreten ist, das Interesse an sich gezogen und uns von ihrer Seite den Weg zur Humanität geöffnet hat.

Daß die Humaniora nicht die Sitten bilden! Es ist keineswegs nöthig, daß alle Menschen Humaniora treiben. Die Kenntnisse, historisch, antiquarisch belletristisch und artistisch, die aus dem Alterthum kommen und dazu gehören, sind schon so divulgirt, daß sie nicht unmittelbar an den Alten abstrahirt zu werden brauchen, es müßte denn einer sein Leben hineinstecken wollen. Dann aber wird diese Kultur doch nur wieder eine einseitige, die vor jeder anderen einseitigen nichts voraus hat, ja noch obenein nachsteht, indem sie nicht produktiv werden und sein kann.«[228]


379.*


1808, 27. November.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Einladung [Riemer's] von Demoiselle Jagemann. Anfrage bei Goethe. Genehmigung von ihm. Von ihm[228] instruirt [über sein Verhalten bei den Verhandlungen bezüglich der Zerwürfnisse in Bühnenangelegenheiten].[229]


1639.*


1808, 30. (?) November.


Mit Heinrich Meyer

Der Hofrath Meyer erstattet einen langen mündlichen Rapport über die Theatersache, wovon das Wesentlichste Folgendes ist:

[48] 1. Der Geheime Rath v. Goethe will mit einer bloß scheinbaren Direction sich nicht abgeben, weil selbst seine Ehre dieses nicht zulasse. – 2. Dagegen will er zwar dem Modo, ihn bis Ostern zu dispensiren, submittiren, müsse dabei aber nur bemerken, daß er mit Grund fürchte und voraussehe, das Theaterwesen werde inzwischen in einen Zustand kommen, daß er den Faden nicht wieder aufnehmen könne; denn mehrere Schauspieler, die in persönlicher Rücksicht gegen ihn sich engagirt hätten, würden aufkündigen, mehrere würden sich in Besitz von Rollen setzen u.s.w. – 3. Indessen sei er sehr bereitwillig, in dem itzigen Zustande die Direction fortzusetzen, wenn ihm nur der zugehörige Einfluß in die Disciplin bleibe und imfall Ew. Durchlaucht darin etwas nöthig fänden, Sie die Gnade haben möchten, es durch ihn gehen zu lassen. Dieses erfordere unumgänglich seine Ehre und sein Ansehen bei den Schauspielern selbst. Wenn übrigens nur die Stücke zustande kommen und gespielt würden! Bisher wären 12-15 Stücke bloß darum erliegen blieben, weil bei jedem Hindernisse hervorgebracht worden wären. Es sei auch ein Stück bereit für Serenissimae Geburtsfest; das müsse aber ganz erst zurechtgeschnitten werden. – 4. Sollte die Idee mit Absonderung der Opera von der Direction ausführbar erscheinen, so wäre Herr Geheimer Rath v. Goethe dazu allenfalls auch bereit. Überhaupt wolle er zu allem die Hand bieten, was Serenissimus wünschten, nur als ein, bloß dem Namen[49] nachstehender Director könne er seiner Reputation wegen nicht stehen.

(Höchst vertraulich fügte Meyer noch die Erklärung bei, daß Goethe keineswegs prätendire, die Mad. Jagemann auf irgend einige Weise zu geniren, sondern daß ihr wie bisher lediglich überlassen bleiben solle, ob oder wie sie auftreten wolle. Überhaupt sehe er durchaus keine Persönlichkeit, sondern es sei ihm bloß um die Sache zu thun.)[50]


1495.*


1808, Ende November.


Mit Heinrich Meyer

Der Hofrath Meyer erstattet einen langen mündlichen Rapport über die Theatersache, wovon das Wesentlichste folgendes ist:

[300] 1. Der G. R. v. Goethe will mit einer bloß scheinbaren Direction sich nicht abgeben, weil selbst seine Ehre dieses nicht zulasse.

2. Dagegen will er zwar dem Modo, ihn bis Ostern zu dispensiren, submittiren, müsse aber dabei nur bemerken, daß er mit Grund fürchte und voraussehe, das Theaterwesen werde inzwischen in einen Zustand kommen, daß er den Faden nicht wieder aufnehmen könne; denn mehrere Schauspieler, die in persönlicher Rücksicht gegen ihn sich engagirt hätten, würden aufkündigen, mehrere würden sich in Besitz von Rollen setzen u.s.w.

3. Indessen sei er sehr bereitwillig, in dem itzigen Zustande die Direction fortzusetzen, wenn ihm nur der zugehörige Einfluß in die Disciplin bleibe, und im Fall Ew. Durchlaucht darin etwas nöthig fänden, Sie die Gnade haben möchten, es durch ihn gehen zu lassen; dieses erfordere unumgänglich seine Ehre und sein Ansehen bei den Schauspielern selbst. Wenn übrigens nur die Stücke zustande kommen und gespielt würden! Bisher wären zwölf bis fünfzehn Stücke bloß darum erliegen blieben, weil bei jedem Hindernisse hervorgebracht worden wären. Es sei auch ein Stück bereit für Serenissimae Geburtsfest, das müsse aber ganz erst zurechtgeschnitten werden.

4. Sollte die Idee, mit Absonderung der Opera von der Direction, ausführbar scheinen, so wäre Hr. G. R. v. Goethe dazu allenfalls auch bereit.

[301] Überhaupt wolle er zu allem die Hand bieten, was Serenissimus wünschten, nur als ein bloß dem Namen nachstehender Director könne er seiner Reputation wegen nicht stehen.

(Höchst vertraulich fügte Meyer noch die Erklärung bei, daß Goethe keineswegs prätendire, die Mad. Jagemann auf irgend einige Weise zu geniren, sondern daß ihr, wie bisher, lediglich überlassen bleiben solle, ob oder wie sie auftreten wolle. Überhaupt sehe er durchaus keine Persönlichkeit, sondern es sei ihm bloß um die Sache zu thun.)

Weimar, den 30. Nov. 1808.

Voigt.[302]


380.*


1808, 1. December.


Über die Zerwürfnisse bei der Bühnenleitung

Nach Tische mit Goethe, der Geh. Räthin; die Theaterangelegenheiten besprochen. Goethes Vorschlag. Einwendungen dagegen und Offens. Stillgeschwiegen.[229]


381.*


1808, 2. December.


Über die Zerwürfnisse bei der Bühnenleitung

Über Theaterangelegenheiten und der Geh. Räthin Vorschlag von gänzlicher Separation der Oper vom Schauspiel und Drama überhaupt, auch des Personals.[229]


382.*


1808, 3. December.


Beim Abendessen

Um 5 Uhr war [W. v.] Humboldt angekommen und logirte mit Theodor [seinem Sohn] bei uns .... Abends Humboldt und Theodor zu Tisch. Über das Theater, Musik, römische Angelegenheiten. Gegen das Sprechen zur Musik erklärte sich G. so: »Musik sei die reine Unvernunft, und die Sprache habe es nur mit der[229] Vernunft zu thun.« Es war den 3. December 1808 abends. Humboldt speiste mit und es war viel vom Theater, Musik u. dergl. die Rede. Schiller hatte besonders den Tic bei Musik sprechen zu lassen, z.B. die Jungfrau von Orleans. Goethen war das immer zuwider, wie er oft genug äußerte.

... Ferner: »Licht, wie es mit der Finsterniß die Farbe wirkt, ist ein schönes Symbol der Seele, welche mit der Materie den Körper bildend belebt. So wie der Purpurglanz der Abendwolke schwindet und das Grau des Stoffes zurückbleibt, so ist das Sterben des Menschen. Es ist ein Entweichen, ein Erblassen des Seelenlichtes, das aus dem Stoffe weicht. Daher sehe ich keinen Todten. Alle meine gestorbenen Freunde sind mir so verblichen und verschwunden, und das Scheinbild von ihnen bleibt mir noch im Auge.«[230]


383.*


1808, 7. December.


Über Frauen

Nach Tisch kam die Elsermann. Streit mit ihr über die Weiber und ihre Einbildung von sich.

(G.) »Weiber haben keine Ironie, können nicht von sich selbst lassen. Daher ihre sogenannte größere Treue, weil sie sich selbst nicht überwinden können, und sie können es nicht, weil sie bedürftiger, abhängiger sind als die Männer.«[230]


384.*


1808, 8. December.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Als von Schubert's Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft und deren Heiligkeit die Rede war, bemerkte G.: »solche Naturen wie Schubert seien gleichsam die Moll-Töne der Natur; das Heilige spräche sich aber auch in Dur-Tönen aus.«[231]


385.*


1808, 9. December.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Von Tischbein in Hamburg sagte Goethe: er sei ein rückschreitender Iehovah; erst habe er Menschen gemalt, nun mache er Thiere.[231]


386.*


1808, 14. December.


Mit Friedrich von Müller

Bei Goethe. »Ich studire,« sprach er, »jetzt die ältere französische Literatur ganz gründlich wieder, um ein ernstes Wort mit den Franzosen reden zu können. Welche unendliche Cultur,« rief er, »ist schon an ihnen vorübergegangen zu einer Zeit, wo wir Deutsche noch[231] ungeschlachte Bursche waren. Deutschland ist nichts, aber jeder einzelne Deutsche ist viel, und doch bilden sich letztere gerade das Umgekehrte ein. Verpflanzt und zerstreut wie die Juden in alle Welt müssen die Deutschen werden, um die Masse des Guten ganz und zum Heile aller Nationen zu entwickeln, die in ihnen liegt.«

Hierauf kam er auf J. H. Voß zu sprechen, dessen Charakter sich erst später »versteinert« habe. »Für seine Angriffe in der Recension über ›des Knaben Wunderhorn‹ [Morgenblatt 1808 Nr. 283 f.] will ich ihn auch noch einst auf den Blocksberg citiren.«

Zum Behufe der geschichtlichen Ausarbeitung über die Farbenlehre studirte Goethe die Zeitgeschichte aller einschlagenden großen Schriftsteller. Wie er jene ansah, davon gab er mir eine Probe durch die Einleitung zu Roger Baco's Leben (geb. 1214). »Auf so heiterm Grunde,« setzte er hinzu, »lasse ich nun die Figur selbst hervortreten. Welch eine Welt von Herrlichkeit liegt in den Wissenschaften! Wie immer reicher findet man sie! Wie viel Klügeres, Größeres, Edleres hat gelebt, und wir Zeitlinge bilden uns ein, allein klug zu sein. Ein Volk, das ein ›Morgenblatt‹, eine ›elegante Zeitung‹, einen ›Freimüthigen‹ hat, ist schon rein verloren. Wie hundertmal besser ist die so verschrieene Romanlectüre, die doch eine ungeheuer weite, wenngleich nicht solide Bildung hervorgebracht hat!«[232]


1640.*


1808, 14. December.


Mit Friedrich von Müller

und Heinrich Meyer

[Ergänzung zu Nr. 386. Schluß:]


Goethe hatte das Jenaische Commissoriale sehr übel genommen. »Ich bin zu alt, um mit mir Farcen und Possen spielen zu lassen.« Er gab mir bei dieser Gelegenheit viele Beweise seines offenen Vertrauens und sprach dann noch lange von der Theatergeschichte. »Es ist unglaublich, wie der Umgang der Weiber herabzieht.« Wenn er die Jagemann alle acht Tage hätte sprechen und persönlich influiren wollen, würde es gegangen sein, da sie aber ohne alle Consequenz und Plan sei, nur eine Rolle spielen, leben, genießen wolle, so ruinire sie jedes Verhältniß, jede Häuslichkeit, in die sie trete, ohne eigentlich böse zu sein.

[50] Er lud uns auf den nächsten Dienstag ein; wahrscheinlich will er seine wöchentlichen Zirkel geben.[51]


1641.*


1808, 17. December.


Mit Franz Kirms

In Befolgung Ew. Herzoglichen Durchlaucht höchsten Auftrags habe ich bereits am Dinstag [13. December] mit dem Herrn Geheimen Rath von Goethe zu sprechen mich bemüht, es hat aber derselbe keinen Antrag angenommen, weil die jetzigen Verhältnisse und seine Gesundheitsumstände es durchaus nicht erlauben wollten, sich mit den Theatergeschäften ferner abzugeben. Gestern Abend habe ich mich wieder zu ihm verfügt und das Resultat mancherlei Unterredung war folgendes.

»Wenn auch Serenissimus ihm unbedingten Auftrag geben würden, die Angelegenheiten des Theaters bei dessen mißlichen Verhältnissen nach Serenissimi Wünschen selbst zu organisiren, so wisse er nicht, wie er es angreifen solle. Das Beste für ihn und seine Gesundheit sei, der Aussicht über das Theater zu entsagen. Wenn er es hätte länger behalten sollen, so hätte es nur ohne Verhältniß mit dem Schauspieler Becker geschehen müssen; er hätte indessen diesem gern Platz gemacht.«[51]


387.*


1808, 18. December.


Mit Gerhard von Kügelgen

Kügelgen, der (vom 8. December 1808) mehrere Wochen in Weimar sich aufhielt, um Wieland und Goethe zu malen, bildete in dieser Zeit einen sehr schönen Abschnitt ..... Seine Bilder gefielen fast allgemein durch ihr lebhaftes (etwas buntes) Colorit und durch den Ausdruck weit geöffneter strahlender Augen, wodurch er sie zu idealisiren strebte. Von Freund Meyer erfuhr ich [St. Schütze] aber unter der Hand, daß er und Goethe über das Verdienstliche seiner Leistungen dem Publicum gegenüber ganz anderer Meinung waren und in den theatralischen Reizen nicht die rechte Kraft des natürlichen Lebens fanden; sie hielten jedoch mit ihrem Urtheil an sich. Einer eigenen Scene wohnte ich (den 18. December 1808) in der Gesellschaft [bei Johanna Schopenhauer] mit bei, wie Kügelgen Goethen modellirte und, um keine Langeweile auf seinem Gesichte zu sehen, einen Streit mit ihm über die griechische Malerei eröffnete. Daran that er sehr übel. Goethe konnte nicht einmal einen einzelnen Widerspruch gern ertragen, und Disputiren ist ein fortwährendes Widersprechen. Es kreuzten sich daher so viele verdrießliche und zornige Züge durch das Gesicht, daß es ganz den Charakter einer ruhigen Übereinstimmung verlor und wohl nur noch wenig zum Modelliren[233] dienen konnte. Aber was den Inhalt des Gesprächs betraf, da mußte ich in der Stille Kügelgen beipflichten, der es bezweifelte, daß die Griechen in der Malerei die höchste Vollkommenheit und schon den Gipfel der spätern Kunst erreicht hätten. Goethe glaubte daran, weil die Griechen überhaupt so vollkommen gewesen.[234]


388.*


1808, kurz vor Weihnachten.


Mit Ludwig Achim von Arnim

Goethe hat den Arnim unendlich freundlich in Weimar ausgenommen, ihm von seiner, des Herzogs und der Großfürstin Seite gedankt für den »Einsiedler« und ihm wörtlich erklärt: es sei ihm und andern nie ein so lebendiges Blatt erschienen; sie bedauerten alle, daß es aufhöre und hofften, daß mit der Zeit gewiß eine zweite Auflage erscheinen werden. Gegen Voß giebt er ihm in allem gänzlich recht und bedauert nur, daß er ihm irgendje geantwortet.[234]


1642.*


1808, 26. December.


Bei von Wolzogens

Bei einem... Souper in demselben Hause hörte ich Goethen über Astronomie sprechen. »Die Sonne« – sagte er – »wird einst einen Ring bekommen, wie der Saturn einen hat. Man sollte diese Voraussagung in eine eherne Tafel eingraben und dieselbe in die Erde bergen, damit die Leute, die sie etwa in später Zeit fänden, erkennten, wie klug wir gewesen.«[52]


389.*


1808, 31. December und vorher.


Mittag bei Goethe


a.

Brief von Frommann. Um 1 Uhr kam er selbst, mit ihr, Steffens und seiner Frau. Werneburg und[234] Werner speisten mit. Nach Tische recitirte Werner sein altes Quodlibet aus Polen. Dann ein paar Sonette aus Italien. Das zweite nicht zu Ende, denn als er den Mond mit einer hostia verglich, so wurde Goethe furios und grob und sagte, er solle was besseres machen. Er turnirte es spaßhaft, aber kam immer wieder darauf zurück, daß es dumm sei. Steffens und Frommann stimmten ein und tadelten die Sache noch mehr. Werner war geduldig als ein Märtyrer.


b.

Goethe war [Ende December] nach Jena gekommen; ich [Steffens] sah ich nach sieben Jahren zum ersten Male wieder und seine Gegenwart ergriff mich tief. Er begleitete mich nach der Mineraliensammlung, die noch immer unter der Direction des Professors Lenz bedeutende Schätze in sich schloß ..... Goethe war bekanntlich ein geognostischer Dilettant; seine wiederholten Reisen verlockten ihn zu mancherlei Untersuchungen, und unsere Unterredung schweifte bald von der Mineralogie nach anderen naturwissenschaftlichen Gegenständen hin. Einige optische Untersuchungen wurden behandelt, seine Ansicht von der Metamorphose der Knochen beschäftigten uns, und er beklagte sich mit Heftigkeit über die Art, wie einige Naturforscher sein Vertrauen mißbraucht und mitgetheilte Entdeckungen, ohne ihn zu nennen, als eigene bekannt gemacht hatten. Ich war ganz in die frühere schöne Zeit versetzt. Goethe ward immer heiterer, liebenswürdiger, und ich genoß[235] ein Glück, welches mir seit langen Jahren fremd geworden war. Goethe lud mich und meine Frau mit der Frommann'schen Familie nach Weimar ein. Wir fanden bei Tafel außer Goethes Frau, Meyer und Riemer nur Werner. Goethe war sehr heiter; das Gespräch drehte sich um mancherlei Gegenstände, und die unbefangenen geistreichen Äußerungen des berühmten Wirthes erheiterten uns alle. Auch mit den Frauen wußte er sich auf liebenswürdige Weise zu unterhalten.

Endlich wandte er sich an Werner, der bis jetzt wenig theil an den Gesprächen genommen hatte. »Nun, Werner,« sagte er auf seine ruhige, doch fast gebieterische Weise, »haben Sie nichts, womit Sie uns unterhalten, keine Gedichte, die Sie uns vorlesen können?« Werner griff eilig in die Tasche, und die zerknitterten schmutzigen Papiere lagen in solcher Menge vor ihm, daß ich erschrak und diese Aufforderung Goethes, die das unbefangene und interessante Gespräch völlig zu unterdrücken drohte, keineswegs billigte. Werner fing nun an, eine Anzahl von Sonetten uns auf seine abscheuliche Weise vorzudeclamiren. Endlich zog doch eines meine Aufmerksamkeit auf sich. Der Inhalt des Sonetts war der köstliche Anblick des vollen Mondes, wie er in dem klaren italienischen Himmel schwamm. Er verglich ihn mit einer Hostie. Dieser schiefe Vergleich empörte mich, und auch auf Goethe machte er einen widerwärtigen Eindruck; er wandte sich an mich. »Nun, Steffens,« fragte er äußerlich ruhig, indem er[236] einen geheimen Ingrimm zu verbergen suchte, »was sagen Sie dazu?« »Herr Werner,« antwortete ich, »hatte vor einigen Tagen die Güte, mir ein Sonett vorzulesen, in welchem er sich darüber beklagte, daß er zu spät, zu alt nach Italien gekommen wäre; ich glaube einzusehen, daß er recht hat. Ich bin zu sehr Naturforscher, um eine solche Umtauschung zu wünschen. Das geheimnißvolle Symbol unser Religion hat ebensoviel durch einen solchen falschen Vergleich verloren, wie der Mond.« Goethe ließ sich nun völlig gehen und sprach sich in eine Heftigkeit hinein, wie ich sie nie erlebt hatte. »Ich hasse« – rief er – »diese schiefe Religiosität; glauben Sie nicht, daß ich sie irgendwie unterstützen werde. Auf der Bühne soll sie sich, in welcher Gestalt sie auch erscheint, wenigstens hier, nie hören lassen.« Nachdem er auf diese Weise sich eine zeitlang und immer lauter ausgesprochen hatte, beruhigte er sich. »Sie haben mir meine Mahlzeit verdorben,« sagte er ernsthaft; »Sie wissen ja, daß solche Ungereimtheiten mir unausstehlich sind. Sie haben mich verlockt, zu vergessen, was ich den Damen schuldig bin.« – Er faßte sich nun ganz, wandte sich entschuldigend zu den Frauen, fing ein gleichgültiges Gespräch an, erhob sich aber bald, entfernte sich und man sah es ihm wohl an, daß er tief verletzt war und in der Einsamkeit Beruhigung suchte. Werner war wie vernichtet.


[Gespräche vom 17. Mai und 13. November 1808 finden sich verwebt in Nr. 285.][237]


1496.*


1808.


Mittag bei Goethe

Als einmal in einer Tischgesellschaft bei Goethe die Rede davon war, ob der Schriftsteller eine ihn tadelnde Beurtheilung stillschweigend hinnehmen oder beantworten solle, erklärte Zacharias Werner: so lange ihn kein Recensent beschuldige, silberne Löffel gestohlen zu haben, werde er stets schweigen. Da sagte Goethe, der an dem Gespräch scheinbar wenig Antheil genommen hatte: »Auch dann müßten Sie schweigen.«[302]


390.*


1808 Ende oder 1809 Anfang.


Über Therese aus dem Winkel

Kügelgen .... sagt, ... daß Goethe mit seltner Wärme von ihr [als Malerin und Harfenistin] sprach und den Zweifler ausschalt.[238]


1497.*


Um 1808 (?).


Über Christiane von Goethe, geb. Vulpius

In ihrer Sprache, ihrem Wesen war sie ganz thüringisch und blieb es bis an ihr Ende. Den Vater ihrer Kinder zu pflegen und ihm das körperliche Leben behaglich zu machen, ward die Hauptaufgabe ihres Daseins, die Sie mit Eifer zu lösen suchte. In allem Übrigen ließ sie sich aber nichts anfechten und verharrte unwandelbar bei ihrer Sitte und ihrem Treiben. »Sollte man wohl glauben,« sagte Goethe einst mit seiner antiken Ruhe zu Freunden, »daß diese Person schon zwanzig Jahre mit mir gelebt hat? Aber das gefällt mir eben an ihr, daß sie nichts von ihrem Wesen aufgiebt und bleibt, wie sie war.«1


1 Das Weitere in dem, hauptsächlich auf Böswilligkeit gegründeten ›Büchlein‹ muß Anstand genommen werden, mitzutheilen, da es in Niederträchtlichkeit verläuft.[303]


Quelle:
Goethes Gespräche. Herausgegeben von Woldemar Freiherr von Biedermann, Band 1–10, Leipzig 1889–1896, Band 8, S. 303-304.
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