October.

[281] 1. Geschichte her Philosophie besonders in Rücksicht aus Naturwissenschaft. Mittags allein. Abends Thee und Souper, wozu Hofräthin Schopenhauer und Prof. Fernow. Regierungsrath Voigt und seine Flau, Hofrath Meyer, ingleichen die jungen Sänger vom Theater, Hr. Heß, Morhard, Deny, Strobe, Dem. Engels und Elsermann. Wurden einige vierstimmige Sachen, als Canons und dergleichen gesungen.

2. Mittags Sophie Teller zu Tische. Abends bey der regierenden Herzogin, wo der Herzog und die Frau von Stein gegenwärtig.

3. Geschichte der Philosophie. Allgemeines Schema der Farbenlehre durchs 15. Jahrhundert. Einiges im Scaliger De subtilitate. Einiges im Aguilonius. Auf der Ausstellung, auf der Bibliothek. Mittags allein. Nach Tische Hofrath Meyer: über das Colorit der Griechen. Im Schauspiel einen Theil von Lilla gesehen. Zu Durchlaucht dem Herzog: über den von der bayerischen Academie vor kurzem ausgesetzten Preis auf eine deutsche Sprachlehre und sonstiges die Sprache betreffend.

4. Hypothetische Geschichte des Colorits nach Plinius. Um 11 Uhr die Sänger. Zu Tische Legationsrath Schmidt und Rath Völkel. Manches[281] von Petersburg, der dortigen Rangordnung und sonstigen Verhältnissen. Gegen Abend zu der Hofräthin Schopenhauer, Passow und seine Braut und die gewöhnlichen. Feuerwerk auf dem Exerzierplatze. Von da wieder zur Schopenhauer. Zu Hause Poggiana.

5. An Meyers hypothetischer Geschichte des Colorits dictirt. Mittags allein. Nach Tische einiges geordnet. Abends Hofrath Meyer: die Jenaische Litteraturzeitung der vorigen Woche und einen Gesang der Parthenais gelesen. Nachher Berthollets Geschichte der Färberey.

6. Über die Verdienste der Alten im Naturwissenschaftlichen überhaupt, besonders in der Farbenlehre. Nachher auf der Bibliothek wegen Litteratur dieser Geschichte. Mittags allein. Nachmittags und Abends zu Hause. Verschiednes geordnet. Journal des Savants wegen Nuguet. Bey dieser Gelegenheit verschiednes andre gelesen. Fabeln der Rabbinen bey Auslegung mehrerer biblischen Stellen, besonders über den Wagen Ezechiels.

7. Verschiedene Briefe. An Doctor Nicolaus Meyer nach Bremen. (Gratulation wegen seiner Familienvermehrung. Nachricht vom angekommenen Service.) An Hrn. Dr. Cotta nach Tübingen (mit dem Vorspiel, fürs Morgenblatt). An Hrn. Major von Knebel nach Jena (mit dem Vorspiel. An Rentamtsadministrator [282] Kühn (wegen 55 Thaler Vorschuß für Prosector Homburg).

8. Geschichte der Wissenschaften. Mittags Demoiselle Elsermann; nach Tische ihre Rolle in Rettung für Rettung vorlesen lassen. Abends die Sänger, wo ich aber nicht dabey war.

9. Baco von Verulam. Mittags Stromeyer und Sophie Teller zu Tische. Abends Hofrath Meyer: Litteraturzeitung. Probe von Pinto.

10. Brief von Knebel. Verschiedene Anordnungen. Die gedruckten Bogen der Farbenlehre des 1. und 2. Theils berichtigt. Nicht weniger das sich anschließende Manuscript. Überlegung der nächsten Arbeit zur Fortsetzung. Mittag allein. Morgenblatt vom April an. Besuch von Dr. Voigt aus Jena. Abends in der Vorstellung von Pinto. Nachher das Morgenblatt weiter durchgesehen.

11. Aufgeräumt. Baron Voght von Hamburg, welcher über Leipzig, um den französischen Gesandten Baurienne zu sehen, nach Paris geht und im Vorbeygehen einspricht. Gesang. Die ersten vierstimmigen Gesänge; Arien und Duette von Paer und Himmels Lieder. Mittags allein: über Baco von Verulam und Geschichte der Wissenschaften gesprochen. Abends Ball im Hause für die jungen Leute. Bey Egloffsteins, wo Frau von Beaulieu, Fräulein Waldner, Generalin Wangenheim und der junge Herr von Beaulieu zugegen waren.[283]

12. Baco von Verulam. Nachher Herr von Beaulieu: über Heidelberg und die dortige Art zu leben und zu studiren. Baron Voght, der mir verschiedene Autographa verehrte. Zu Mittage allein. Nachmittage Professor Fernow, der seinen Dante überbrachte. Strobe wegen der Rolle in der Camilla. Abends im Theater: die barmherzigen Brüder und die Jugend Heinrich des V. An Frau Räthin Goethe nach Frankfurt. An Hrn. Assessor Leonhard nach Hanau. Ankunft einer Sendung Kupfermünzen von Rom über München.

13. Früh im Baco gelesen. Etwas über ihn dictirt. Hofkammerrath lange wegen Theaterangelegenheiten. Demoiselle Häßler mit Destouches und Aulhorn; sang eine Scene von Beethoven und einiges andre. Zu Mittag Herr v. Beaulieu, der von Heidelberg kam und nach Hannover geht. Viel über Heidelberg und die dortigen Zustände. Abends bey der Hoheit, wo die Frau Erbstatthalterin. Erbprinzeß von Braunschweig und der regierende Hof war. Ankunft einer Cottaischen Sendung als: vier Belin-Exemplare der vier ersten Bände Morgenblatt bis August incl. nebst einigen andern Dingen, Packet von Zelter mit den Berliner Comödienzetteln.

14. Baco von Verulam. Berliner Bildhauer, der in Paris sich 5 Jahre aufgehalten hatte und[284] nach London geht. Mittags allein. Abends im Theater: Rettung für Rettung. Nachher bey Hofräthin Schopenhauer zum Thee und Souper. Brief an Hrn. von Hendrich nach Jena. – Besonderes Luftphänomen an der Nordwestseite, da sich aus weißen Nebelwolken, welche den Horizont bedeckten, weiße concentrische Streifen nach den Seiten und gegen den Zenith erstreckten, sich immer fort veränderten, breiter, schmäler und kürzer wurden. Der Mond schien dabey helle, und die Erscheinung dauerte fast eine Stunde. Man ward sie gewahr, als man nach dem Kometen suchte, welcher gerade an dieser Stelle hätte stehen müssen. Es war ohngefähr Abends 8 Uhr. Der Komet war nicht zu sehen.

15. Baco von Verulam. Spatzieren, wo ich Durchlaucht die regierende Herzogin antraf und mit ihr eine Weile ging. Mittags Demoiselle Elsermann zu Tische. Abends Hofrath Meyer: Rom und London oder über die Beschaffenheit der nächsten Universalmonarchie.

16. Geschichte der Wissenschaften. Um 10 Uhr Dr. Stieglitz von Leipzig und Rath Beyer von Eisenach mit ihren Frauen und dem Schwiegervater des ersten, Pfarrer von Stettfeld. Nachher Dr. Gall und Sporzheim. Zu Tische Deny und Sophie Teller. Dr. Gall kam nach Tische wieder, wo wir über seine Lehre bis gegen Abend[285] sprachen; da ich mich für ihn abgießen ließ. Kleines Concert. Nachher allein und las in der Schrift Rom und London weiter.

17. Über Galls Erzählungen und Vorträge nachgedacht. Alsdann einige Briefe. An Hrn. Kriegsrath Reichard nach Gotha. An Hrn. Major von Hendrich nach Jena, mit zwey Schachteln. Mittag allein. Geschichte der Wissenschaften. Abends Rom und London oder die neuste Universalmonarchie. Im Theater ward Don Carlos gegeben.

18. Briefe geschrieben. Um 11 Uhr die Sänger. Zu Mittag Dr. Stieglitz und Frau und Schwiegervater. Varia. Nachher bey Mad. Schopenhauer mit Fernow und Hofrath Meyer über italiänische Litteratur, Sonette von Berni.

19. Überlegung der bevorstehenden Arbeiten. Den polemischen Theil der Farbenlehre angefangen zu lesen. Auf der Bibliothek. Das alte Gemälde von Erfurt und die Manuscripte besehen. Mittags Dem. Elsermann zu Tische. Um 4 Uhr zu Weißer. Abends im Theater: der Fähndrich und die Geschwister. Im Zwischenact sang Mademoiselle Häßler. An Hrn. von Mannlich mit den Intelligenzblättern der Litteraturzeitung. An Hrn. von Hagen nach Berlin. Dank wegen der Nibelungen. An Hrn. Prof. Luden nach Jena, Dank für Ortis und Einladung.[286]

20. Überlegung des achten Versuches von Newton. Kam Herr von Müffling, mit demselben über die Dresdner litterarischen und philosophischen Verhältnisse: über Gentz, Adam Müller, Schubert, von Kleist etc. Mittag Madam und Demoiselle Häßler zu Tische und Demoiselle Elsermann. Abends bey der Hoheit, wo Spohr und seine Frau von Gotha, er auf der Violine, sie auf der Harfe sich hören ließen. Adresse an Madam Reinhard Nicolaus de Tonger in Cöln.

21. Fortsetzung an den nächsten Versuchen zur Polemik. Mittags allein. Nach Tische Prof. Kästner wegen einer Mineraliensammlung für die Schule. Nachmittag bey Weißern wegen der Büste. Abends im Theater: die französischen Kleinstädter. Betrachtung des erscheinenden Kometen. Fabel von Fierabras.

22. An der polemischen Farbenlehre fortgefahren.

Bey Weißen wegen der Büste. Spatzieren im Park. Mittags Demoiselle Elsermann. Nach Tische Eitle Mühe der Verliebten mit ihr durchgegangen. Artikel von den Kometen in Fischers physikalischem Lexikon. Nachher die Sänger angehört.

23. Polemik, achter Versuch. Verschiedene Vorrichtungen dazu und zu verwandten Experimenten. Zu Mittag Dr. Stoll, viel über Wien und das dortige Theater. Oberforstmeister von Fritsch.[287] Nach Tische Dr. Seebeck. Nachricht von seinen Versuchen über den Einfluß der specificirten Farben auf das Thermometer und Hornsilber. Abends Fierabras. Hanau. Assessor Leonhard mit dem v. Struvischen Manuscript.

24. Fortsetzung am 8. Versuch und neue Vorrichtungen dazu. Briefe. An Bergrath Lenz, wegen Gneuß. An Hofrath Eichstädt, wegen Leonhard. Mittags Demoiselle Elsermann zu Tische. Maler Kaaz aus Dresden mit Hofrath Meyer. Nachher bey Weißern. Abends im Theater: Gulistan oder der Hulla von Samarkand, Operette. Abends Fierabras.

25. Chromatische Experimente zum 8. Versuch. Verschiedenes andere darauf bezügliche. Attila von Werner, durch Täsche, Schauspieler von Wien, überbracht. Mittags Landschaftmaler Kaaz von Dresden mit seiner Frau, geborne Graff, zu Tische. Nach Tische Herr Leo von Seckendorf, der mit Dr. Stoll von Wien gekommen war. Über das neue Journal, das sie herausgeben wollen. Abends bey Madam Schopenhauer, die gewöhnliche Gesellschaft und die genannten Fremden. Abends die Claude Lorrains und Pouffins, in England gestochen, besehen. Sie sind meist von Vivares in den vierziger Jahren radirt; von Mason und andern später radirt und gestochen, wie es scheint einzeln und ohne Zusammenhang[288] untereinander; zuletzt in London 1801, wahrscheinlich von einem speculirenden Kunsthändler zusammengebracht und mit einem gedruckten Verzeichniß versehen und geheftet worden: ein für das landschaftliche Fach höchst schätzbares Werk.

26. Vollständigeres Schema zum 8. Versuch. Brief von Reinhard. Schellings Rede. Spatzieren und bey Frau von Stein. Mittags Demoiselle Elsermann zu Tische. Nach Tische im Garten. Betrachtungen über den Pariser Zustand. Hofrath Meyer; über antikes Colorit, Aldobrandinische Hochzeit. Abends Liebesnetze zum erstenmal. Nachher Machtspruch von Ziegler zu Hause gelesen.

27. Einiges geordnet. Sodann auf die Kirchweih nach Rossel, wo außer den Kriegsbegebenheiten des vorigen Jahres und den speziellen Unheilsgeschichten wenig Unterhaltung war. Am bedeutendsten fand ich, was der Postmeister von Auerstedt erzählte. Es wäre der Mühe werth, ihn zu einem naiven persönlichen Aufsatze zu veranlassen. Abends zurück. Die Berliner Comödienzettel mit Mamsell Elsermann durchgesehen. Nicomed von Corneille, die zwey ersten Acte.

28. Achter Versuch niedergeschrieben. Brief an Reinhard bedacht. Weniges spatzieren. Auf der Bibliothek. Bestellung wegen der Werke Roger Bacons.[289]

Mittags Leo von Seckendorf und Dr. Stoll zu Tische. Des letzteren fantastisches Drama. Über Wien: dortige Lebensart, Verhältnisse, Theater, Kunst: Wachsbüsten und Statuen. Abends Egmont. War ich mit Hofrath Meyer zu Hause. Er las die neuesten Litteraturzeitungen und das Morgenblatt vor.

29. Am 8. Versuch mit dem was dazu gehört. Uckert brachte ein Manuscript von Kant »Zum ewigen Frieden«, woran entsetzlich corrigirt war. Mittags allein. Abends bey der Prinzeß von Oranien. Die Cassaria von Ariost gelesen.

30. Ganz früh die Cassaria ausgelesen. Newtons 10. Experiment durchgegangen sowie sein Resumé nach demselben. Verschiedene Besuche: Herr von Göchhausen, von Seckendorf und Stoll. Mittags allein. Nach Tische bey Frau von Stein, wo ich Herrn von Einsiedel fand. Abends Probe von Zwey Worte. In den Ariostischen Lustspielen, Vergleichung der prosaischen Cassaria mit der in Versen.

31. Einige Expeditionen. An Hofrath Eichstädt mit Reußens Geologie, mit Rücksendung des Müllerschen und Schubertschen Briefes. An Hrn. Carl Friedrich Löbbeke nach Braunschweig, Manuscript der Sophonisbe. Hofkammerrath und Genast wegen Theatergeschäften. Kam Berger von Halle und speiste mit uns. Nach[290] Tische zu Hause und verschiedenes überlegt; unter andern die Wünsche der Wiener betreffend. Abends Hofrath Meyer. Decoration zu der Oper die Liebe auf dem Dache. Im Theater ward Iphigenie gegeben.


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, III. Abteilung, Bd. 3, S. 281-291.
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