Juli.

[355] 1. Früh bey Ziegesars, die nach Franzensbad gingen, da wir Abschied nahmen. Nachher mit Briefen beschäftigt. Kam Herr Kammerrath von Flanz von Gera, mit Dr. Jani und dessen Sohn. Es wurde besonders von der Geraischen Schaumerde gesprochen und ihrem Vorkommen bey Rupitz, nicht weit von Gera, ihrer Entdeckung durch einen Kaufmann, der zuerst die Decken seiner Zimmer damit abweißen lassen. Nach Tische geschlafen. Abends zu Frau von Eybenberg. Viel über ihre italiänische Reise und über viele Personen, womit sie Bekanntschaft gemacht. Cardinal Fesch. Österreicher, Polen. Ich las ihr die pilgernde Thörin und die neue Melusine.

Geschichte von einem höchst unwissenden Juden,[355] der, reich geworden, [sich?] in allerley Kenntnissen unterrichten ließ, von denen er die Namen hörte. Er fragte ihn einstmals, wie denn der Tisch auf Geographie hieße.

2. Früh Briefe und Expedition nach Weimar. An meine Frau und an den Bibliothekar Vulpius. Nach Mittage mit Frau von Seckendorf und Dem. Gotter nach dem Hammer, daselbst ausgestiegen und eine Promenade in's Gebirg gemacht, nach Kohlhaus zu. Abends bey den Damen Thee getrunken. Dann in's Concert von Schuppanzigh. Abends bey Frau von Eybenberg Sonette gelesen.

3. Früh am Schloßbrunnen. Bekanntschaft mit den beyden Töchtern der Herzogin von Curland, der Prinzeß von Hohenzollern, und der Herzogin von Acerenza. Nachher mit ihnen, mit Frau von Eybenberg und Graf Rasumofsky auf der Wiese. Zu Frau Generalin von Berg, welche angekommen war. Besorgung eines Boten nach Hummelshain. Briefe an Ziegesars. An Frau von Stein, mit Pandorens Wiederkunft; an Hrn. Geheimderath Voigt, verschiedene eingegangene Briefe; an Hrn. Hofkammerrath Kirms einige Theatersachen; an Major von Knebel, Briefe von Heidelberg; an Hofrath Meyer, Abdrücke; an Hrn. von Hendrich, Badeliste: in einem Packet durch Hrn. von Flanz bis nach Gera geschafft. Bey Graf Borkowski. Mineralien[356] von Schlackenwald und sonst. Nach Tische geschlafen. Die Scholastica von Ariost, Juvenals erste Satire. Zu Frau von Eybenberg. Gentzische Schrift über das russische Manifest gegen England nach dem Frieden von Tilsit.

4. An den Wahlverwandtschaften das 11. Capitel. Graf Borkowski. Nach Tische am Schema der Wahlverwandtschaften weiter gedacht und dieses Abends auf der Promenade fortgesetzt. Ich ging den Chotekschen Weg hin, den Voghtischen hinaus, dann bis zum Findlaterschen Tempel mehrmals hin und her. Sodann auf die obersten Gipfel, wo ich noch nie gewesen und man das ganze Eger- und Töpelthal von Fischern bis nach der Papiermühle übersieht, woselbst ich einen Dresdner antraf. Abends zu Frau von Eybenberg.

5. Die Wahlverwandtschaften zwölftes Capitel. Nach Tische verschiedene Visiten ohne angenommen zu werden. Gegen Abend zu Frau von Eybenberg: über die Gentzische Schrift. Nachher über verschiedene italiänische und andere Lebensverhältnisse. St. Joseph den Zweyten vorgelesen. An Major von Knebel, an Bergrath Lenz, an Geheimen Regierungs Rath von Voigt durch Grafen Borkowski. An meine Frau nach Lauchstädt, wegen Dr. Kappe, mitgeschickt einen Brief von August.

6. Schema der Wahlverwandtschaften umgeschrieben[357] bis zu Ende. Allein spatzieren nach der Carlsbrücke und über diese Dinge gedacht. Gegen Mittag zu Frau von Seckendorf. An Dem. Gotter die ersten Elemente der Pflanzenmetamorphose überliefert. Mit ihr spatzieren zum Säuerling und dann zurück. Nach Tische mit beyden Frauenzimmern nach Aich gefahren und etwas weiter. Dann ausgestiegen und zu Fuß in's Egerthal nach den Heilinger Felsen. Interessante riesige Felsenwand und Wasserparthie. Nach Aich zurück, daselbst Thee getrunken. Nach Hause. Schöner Abend. Mondenschein. Briefe von Herrn von Hendrich und Fräulein Sylvie.

7. An den Wahlverwandtschaften dictirt das 13. Capitel. Um 11 Uhr Dr. Emmerich von Straßburg. Nach Tische bey Frau von Matt. Abends mit Madam Limburger nach dem Friederikenfelsen und dann eine große weitere Tour gemacht. Dann bey Frau von Eybenberg, die von ihren frühern Berliner Bekanntschaften, Graf Bernstorf, Frau von Berg und sonst erzählte.

8. Am Schema der Wahlverwandtschaften. Zu Frau von Berg. Gegen Mittag bey Dem. Gotter. Botanische Gegenstände. Gegen Abend mit Frau von Seckendorf nach dem Hammer. Von da aus zur Porzellanfabrik und weiter. Bey Frau von Seckendorf zum Thee. Nachher bey Frau von Eybenberg: über die Wiener, ihr[358] Verhältniß zu Theater, Litteratur und Geschmack überhaupt.

9. Mit Frau Gen. v. Berg nach 9 Uhr abgefahren. Über Lifländische und Russische Verhältnisse. Gegen 1 Uhr in Zwota. Gegessen. Um 7 Uhr in Franzenbrunn. Die Zigesarische Familie getroffen. Spazieren. Nach dem Brunnen. Thee. Spazieren später. Zustand der Ungeselligkeit in Franzenbrunn.

10. Getruncken. Docktor Kappe consultirt. Bekanntschaft mit dessen Tochter. Anlage einer Anstalt das Kohlensaure Gas zu benutzen. Neuer Brunn zum Badewasser. Zu Hause. Schema der Wahlverwandtschaften. Mit der Familie gegessen. Spazieren im Parck. Auf den Ball. Hochzeit der Dem. Adler. Graf, Gräfin Bose. Kriegsr ........ von Breslau. Ins Feld gegen Westen spaziert. Thee zusammen getruncken.

11. Zeitig getruncken. Dr. Kappe über verschiedene Wirckung der Mineralwasser, Metallkalke p. Graf Bose. Anlage zu Benutzung des Kohlensauren Gasses. Abschied der Fr. v Berg Hr. und Fr v Zigesar von Hummelshayn. Gebadet. Mittag mit der Z. Fam. Fr. v. Boseck geb. v Thümmel. Abend gegen Eger zu spaziert. Heisser nachher sehr angenehmer Abend.

12. Getruncken. Nachher spazieren auf der Esplanade des Parcks. Kapellmstr Himmel Mittags in[359] der Cammer einem im Wald gelegenen Traiteur Hause, sehr gut gegessen. So dann auf die Einsiedeley über Liebenstein. Sehr schöne Aussichten. Spät zurück. Die Partie ward mit Zigesars, Fr v. Bock und den Kindern gemacht. An Dr Riemer An Frau v. Eibenberg

13. Getruncken. Graf Lieven. Mit G. auf den Schneckenberg. Dann gebadet. Mad Limpurg begrüßt. Dr Kappe Consultation Nebenstehende Excursionen vorgeschlagen. Nebst den Kappischen. Schömberg im Sächsischen, eine Stunde der Capellenberg Seeberg eine Stunde die Schlucht und Drathmühle Meyerhof. St. Anne durch Eger ein und eine halbe Stunde. von da nach der Einsiedeley eine halbe Stunde. Alexanders Bad. 3 – 3 1/2 Meilen Luisenburg pp Anderthalb Tage. Nach Tische nach Eger. Münz Kabinet bey Huß. Schloß Capelle, Säle, Thurn. Mit Sonnen Untergang zurück. Spazieren in s Bosket. Spät zum Thee. Nach Lauchstedt.

Heißer klarer Tag.

14. Getruncken. Mit S. ins Bosket. Zum Frühstück. Dr Kappe. Dessen Tochter nicht wohl. Kranckheiten im Hause. Gegen Abend mit v. Zigesar und Dr Kappe auf den Cammerberg. Schöne Aussicht und interessanter Vulkanismus

S. Abends kranck. Wirckung der Musick.

Gesch. der W. mit ihrem alten Manne. Rechenpfennige[360] statt Dukaten. Mit Zucker gepudert. Billet an die Riedesel wegen der Schuld.

15. Getruncken. Schema des Cammerbergischen Wesens. Kam Oberf.mstr von Zigesar von Carlsbad. Briefe. Geschichte der Wette daß bey einem Diné nicht würde gelacht werden. Kästchen. Zu Fuß nach dem Cammerberg zu weiterer Untersuchung. S. Abends Kranck.

16. Getruncken. Bey Mad Limpurg zum Caffe. Kamen Fr v. Seckendorf und Dlle Gotter von Carlsbad. Verschiedentlich promeniren. Mittags alle zusammen gespeist. Nach Mittag vor der Thüre. Zu Himmel welcher köstlich spielte. Steine vom Cammerberg in Ordnung. Mit S. verschiedenes durch gesprochen. Schöne Nymphäen.

Abends Geschichten von Berbisdorf.

Motiv zu einer Erzählung Einer der durch Sparsamkeit (Knickerey) in grössere Ausgaben verfällt.

Verwechslung ausländischer Worte. Aus der Zeit da man so viel französche Worte in die deutsche Sprache mischte welche von denen nachgesprochen wurden die kein Französch kannten. Macarone, Macedone, Amazone.

Von einem Frauenzimmer das reitet.

17. Nicht getruncken. Gingen Fr. v. Seckendorf und D. Gotter fort. Ingl. Hr. Oberforstmstr v. Zig. Badete. Allein im Bosket. Gräfinn Apponi,[361] Töchter und v Lieven beym Frühstück getroffen. Auf den Cammerberg mit S. und Fr v Bock. Herrlicher Abend. Weitere Untersuchung des Gesteins. Sonnen Untergang sehr schön. Nachts ins Bosket. Geschichte von Frau von Wangenheim ihren Heyrathen und Schicksalen. Frau v. Eibenberg. C. B.

18. Getruncken. Wegen des Music Effects bald vom Brunnen. Mit S. hinter den Häusern spazieren. Elemente der Farbenlehre. Spazieren nach Lohma. Feuerwerck das wir nicht sahen.

Gesch. Wie hies er doch! die letzte Sylbe ist Mann, die erste ist ein Gewürz. »Nicht Ingwer? nicht Zimmt?« Nein! Nein! – Hafermann!

19. Getruncken. Mit der Fürstinn Schönburg. Briefe von Carlsbad und Packet durch Graf Dietrichstein. Ansicht des Kammerbergs für Pr. Julie v. Schönburg Sammlung dazu. Abends nach St. Annen

Herrliche Aussicht. Man sieht Engelhaus.

20. Getrunken. Graf Dietrichstein, Vizekanzler. Fürstinn Schönburg. Verlosung von Bildern. Ging Dr. Kappe fort Samml. Kammerberger Min. für Kriegsr. Clausen Bey Fürstinn Schönburg. Ihr Bruder Fürst Reus. Fürstinn v. Leiningen. Sang. Schöne Stimme. Abends noch lange spazieren. Nachts die Geheimnisse vorgelesen.

21. Weder getruncken noch gebadet. Eingepackt bes. die Suite vom Cammerberg. Einige Suiten zusammen[362] gelegt. Silvien aus dem Tasso vorgelesen. Nach Tische Gräfinn Bose, Fürstinn von Leiningen. Ich ging zu den Schönburgischen. zu Apponys. Mit S. und Fr. v. Schwarzenfels spazieren auf dem Ried. Kästchen eingepackt. Vorher! Abschiede. Um 9 Uhr abgefahren. Nach Lauchstedt mit einer Assignation von 200 rh. s. Nach Lauchst. eine Schachtel mit einem Häubchen.

22. Die schöne Nacht bey gutem Wege durchgefahren. Früh 6 Uhr in Carlsbad. Exped. nach Frbrunn durch den rückkehrenden Wagen. Ordnung Sonstiges indessen vorgegangnes. Abends bey Fr. v Eibenberg mit Riemer dazu kam v Wirtby Schlechtes Benehmen der Russen bey Austerliz. Studentenstreich Alexanders und Friedr. Wilh. gegen die feindl. Vorposten.

23. Wahlverwandschaften. Briefe. An Runge. An Czupic. Nach Tische Müller. Überraschung durch Burys Ankunft. Zu Frau von Eibenberg.

24. Wahlverwandtschaften. Rechnungen Bathyani. Mittags Bury. Über Berlin Dresden. Kunst und Leben. Mit Fr v. Eibenberg ausgefahren

Vorgelesen. Wahlverwandsch. Kam Frau von Bock an. Brief von Fr. Brunn. Letzte Tage. Cammer. Cammerb. mit den Damen. An Czupic die Steine abgesendet.

25. Die Wahlverwandtschaften. Cap. 17. 18. Bury portraitirte von seinem Leben, Ereignissen,[363] Arbeiten, Gesinnungen, Meynungen, Überzeugungen. Zusammen gegessen. Zu Fr. v. Berg, von Bock, v. Seebach. Mit Fr. v. Eibenb. spazieren nach dem Hammer und sodann zur Eger Brücke. Mad Waltron derselben die WV. bis zu Otiliens Brief an die Freunde.

NB. Il Cortigiano von Castiglione

26. Früh die Stanzen für B. Rechnungen und Acten besorgt. Bury portraitirte. Kam Graf Finckenstein. Mittags Bury. Mit Fr. v. Eibenberg spazieren nach dem Hammer. Abends gelesen. Prinzessin von Curland. Gräfin Czernin. An Dr. Cotta. Die pilgernde Thörinn. Einiges für Werner.

27. Bury zeichnete. Stanzen für die Pr. v. Hessen. Inventionen zum Rahmen. Einiges getuscht. Mittags zusammen. Von Mecklenburg. Den dortigen Gutsbes. Bury nahm Abschied. Landsch. aufgez. Zu Dem. Stock. Über Dresden, Müller, Rühl, Kleist, Hartm. v. Hasa, dessen Scheidung. Körners. Dem poetischen Talent des Sohnes. Mit Fr. v Eibenb. nach dem Hammer. Abends Farbenlehre.

28. Die Wahlverwandsch. bis zu Ende schematisirt. Vorarbeiten zu völliger Durcharbeit. Visiten. Mad. Basenge. Hofr Titius. Gr. Czernin. Graf Bose. Hofr. Becker. Graf Lieven wo ich die Herzoginn von Würtenberg und Gen. Benckendorf fand. Nach Tische zu Dem. Kirchgessner.[364] Geschlafen. Zu F. v. Eibenberg. Faust. Was in Spanien passirt u.s.w.

Regen.

29. Schema des Schlusses der Wahlverwandtschaften. Briefe von Meyer und Vulpius. Bergrath Werner, mit ihm über die Egerschen zweifelhaften vulcanischen Producte, über Arrangement eines mineralogischen Cabinetts, über verschiedene neu entdeckte Fossilien aus der Carlsbader Gegend. Nach Tische mit verschiedenen Personen auf der Wiese. Zu Frau Generalin von Berg, sie bis zur Comödie begleitet, zu Frau von Matt, über ihre astronomische Beschäftigung. Mit Frau von Eybenberg nach dem Hammer gefahren. Auf der Papiermühle für sie Papier gekauft. Graf Wrtby zu Pferde. Herzog von Gotha mit seinen bemäntelten Kutschern. Kurze Zeit zu Hause. Bey Frau von Eybenberg den Abend zugebracht. Schilderungen mehrerer Persönlichkeiten und Verhältnisse, besonders der neuen Kaiserin, ihrer Mutter, ihres Betragens und Umgebungen. Arrangement wegen der geschnittnen Steine.

30. Früh Schluß der Wahlverwandtschaften. Verschiedenes in Bezug auf die Abreife der Frau von Eybenberg. Früh bey Gräfin Loß. Geschichte der Farbenlehre vorgenommen. Abends mit Frau von Eybenberg auf dem Hammer und Krebse eingekauft. Nachher Bekanntschaft mit[365] Fräulein von Knabenau. Mit ihr, Dem. Stock und ........ spatzieren gegangen. Nachher bey Frau von Eybenberg Forellen und Krebse gegessen.

31. Die Geschichte der Farbenlehre durchgedacht. Bey Dem. Stock, Fräulein Knabenau, wo der geistliche Herr aus Dresden war, Bergrath Werner, von Herda, Wangenheim. Nach Tische allerley Visiten. Gegen Abend mit Frau von Eybenberg auf dem Hammer, und nachher über der Egerbrücke gegen Fischern. Abends bey Frau von Eybenberg gegessen, Abschied genommen. Schöne Mondnacht. Nach Spatziergang auf der Wiese.


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, III. Abteilung, Bd. 3, S. 355-366.
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