September.

[317] 1. Am Brunnen. Mit Langermann, Graf Einsiedel, von Nostitz und andern. Spatzieren. Die Angelegenheit des Straßburger Münsters und[317] jener Baukunst überlegt. Nach Tische mit Langermann und Müller zu dem Pseudo-Vulkan hinter der Gobes Mühle. Spät zurück. Zeitig zu Bette.

2. Am Brunnen. Mit den gewöhnlichen Curgästen gesprochen. Vor Tische Spatziergang nach der Carlsbrücke mit Graf bis über den Posthof. Auf der Wiese mit Herrn von Alopäus. Nachher zum Bernhardsfelsen und Hospital. Mittag für uns. Nach Tische zu Herrn Langermann. Musik. Mit demselben ans Hospital, gegen die Egerbrücke, die neue Prager Straße hinauf und die alte herunter. An Hrn. Kammerassessor von Goethe nach Weimar. An Hrn. Professor Zelter nach Berlin.

3. Am Brunnen. Nachricht durch Langermann von Schelvers antisexualistischem Aufsatz. Gespräch über die Metamorphose der Pflanzen, auf welcher derselbe beruht. Einiges am neunten Buche. Kleine landschaftliche Gegenstände gezeichnet. Nach Tische mit Langermann und Müller über den Berg an die Fähre, übergesetzt; nach Dalwitz gegangen bis zu dem Pseudovulkan über Hohendorf; durch Hohendorf über Weheditz zurück.

Bedeckter aber schöner Tag, besonders gegen Abend.

4. Nicht mehr am Brunnen. Spatzieren, die Stelle über deutsche Baukunst nochmals durchgedacht. Fernere Abschrift einiger Stellen des 9. Buchs.[318] Mittag für uns. Nach Tische Sallust, etwas gezeichnet. Abends Staatsrath Langermann, Abschied zu nehmen.

Schöner Tag.

5. Über deutsche Baukunst dictirt. Spatzieren nach der Carlsbrücke. Dr. Mitterbacher, über das wunderthätige Bild zu Buchau, Land- und Schulverhältnisse, mangelhafte medicinische Polizey, Ursachen pp. Bey Staatsrath Langermann, Abschied zu nehmen. Mittag für uns. Steinschneider Müller. Spatzieren nach dem Hospital. Dasselbe sowie den heißen Brunnen betrachtet, zur Egerbrücke, zu den Steinbrüchen an dem jenseitigen Ufer. Montaigne und Lafontaine über Alexander. Über die Messe der Katholiken.

NB. Steinschneider Müller erzählte, daß er in früheren Zeiten das Skelett eines colossalen Thieres bey Lessau gefunden habe. Es wäre in Reuß und sonst nachzusehn, was für fossile Knochen in Böhmen gefunden worden.

Bedeckter, Nachmittags heiterer Tag.

6. Am neunten Buche. Gegen Mittag spatzieren. Mit Graf Einsiedel bey Müller. Mittag für uns. Nach Tische gezeichnet. Herr von Miltitz, welcher die Staelischen Auszüge brachte. Dieselben gelesen, ausgezogen, copirt. Später das 10. Buch.[319]

7. Neuntes und zehntes Buch. Spatzieren nach der Carlsbrücke. Dem Fürst Baratynski den Arrian wieder zugestellt. Hefte der Frau von Stael. Mittag für uns. Sodann gegen die Egerbrücke, die Prager Straße hinauf, die alte Prager Straße herunter. Bald zu Bette.

8. Am zehnten Buche. Nach dem Posthofe und Freundschaftssitz. Vorher vor dem grünen Schiff eine Gesellschaft dejeunirend gefunden. Zu Hause Fortsetzung der morgendlichen Arbeiten. Bey Herrn von Miltiz und Grafen Chotek Visiten. Letzteren nicht angetroffen. Beethovens Ankunft. Mittag für uns. Beethoven. Abends auf der Prager Straße.

9. Am zehnten Buche das Herdersche Verhältniß durchgegangen. Spatzieren im Thale aufwärts bis zu Stahls Ruhe, den Schlangenpfad zu Findlaters Tempel, den Voghtischen Stieg bey der Harfe herunter. Mittag für uns. Nach Tische der kleine Roman von Caroline Pichler: Sie war es dennoch. Auf der Prager Straße bey den Töchtern des Postmeisters in dessen Garten. Abends Beschluß des mittägigen Romans.

Vollkommen schönes Wetter und reiner Himmel.

10. Durchsicht der neuen Abschrift des neunten und zehnten Buchs. Spatziergang nach dem Posthofe. Der Rückweg mit dem Kreishauptmann von Weyrotter[320] gemacht. Mittag für uns. Anfang des Ordnens und Einpackens, besonders der Mineralien. Große Promenade, wie nebensteht. Von Carlsbad ab Uhr 2. 45, vom Posthofe 3. 20, von der Papiermühle 4. 10, vom Hammer 4. 30, von Aich 6., angekommen in Carlsbad 7. 30.

11. Die neuen Abschriften ferner durchgesehn. Spatzieren gegen die Carlsbrücke. Wundersames Gespräch mit dem alten Professor emerit. der Physik von Krakau, Abb. Andr. Trzcinski. Mittag für uns. War der Kutscher von Jena angekommen. Wurde ferner eingepackt und der Entschluß gefaßt morgen abzureisen. Recapitulirte ich das Tagebuch der vergangenen 19 Wochen.

Etwas umwölkter, schwüler Tag.

12. Eingepackt und alles zur Abreise vorbereitet. Doctor Mitterbacher. Bey Müller die Graf Einsiedelsche Sammlung durchgesehn. Um 12 Uhr abgefahren. Um 3 Uhr in Zwota, 4 1/2 Maria-Kulm, 6 1/2 in Eger. Halbbedeckter schöner Tag.

13. Um 7 Uhr bey starkem Nebel von Franzensbrunn. Um 11 1/2 nach Neuhauß. Um 1 1/2 von da weg und um 5 1/2 Uhr in Hof angelangt. Zeitungen gelesen, die die Einnahme von Smolensk berichten. Gegen acht Uhr zu Abend gegessen. Einiges gezeichnet. Nach zehen Uhr zu Bette.[321]

Früh sehr starker Nebel, dann warmer heiterer Tag.

14. Wenig Nebel. Schöner Sonnenaufgang. Halb acht Uhr abgefahren. Gegen halb 11 nach Gefell. Halb zwey Uhr in Schleiz angekommen. Nach 2 Uhr zu Mittag gegessen. Halb 5 spatzieren ums Schloß herum. Schöner Abend. Über die katholische Religion.

Heiterer warmer Tag.

15. Durch Hundegebell Nachts beunruhigt. Halb fünf Uhr aufgestiegen. Halb sechs von Schleiz abgefahren, um zehen Uhr in Podelwitz, um 2 in Kahla. Daselbst zu Mittag gegessen im goldnen Löwen. Nach vier abgefahren. Um 6 in Winzerla, daselbst von August und Bergrath Voigt empfangen. Gegen halb 7 mit den Schimmelchen nach Hause gefahren. Bergrath Voigt, Obrist von Hendrich und August waren Abends noch da. Vollkommen schöner Tag.

16. Früh die Museen, den botanischen Garten und die Sternwarte besucht. Herr von Knebel und Frommanns. Bey Herrn Obrist von Hendrich gefrühstückt. Halb zwölf Uhr abgefahren und halb zwey angekommen. Zu Tische Wolffs und Dem. Engels. Nach Tisch verschiedene Packete eröffnet und Briefe durchgesehn. Abends die beyden Klingsberge.

Schöner etwas heißer Tag.[322]

17. Bey Serenissimo im römischen Haus; waren Oberforstmeister von Fritsch und Kanzler von Wolfskeel zugegen. Auf dem Weg Gespräch mit Rentsecretär Seidel. Bey Durchlaucht der Herzogin und dem Erbprinzen. Bey Hofrath Meyer in der Ausstellung. Mittag unter uns. Nach Tische war Geh. Regierungsrath von Müller da. Abends Riemer, welcher zu Tische blieb. Gespräch über das neunte und zehnte Buch, die er gelesen hatte.

Warmes schönes Wetter.

18. Briefe. An Hrn. Obrist von Hendrich nach Jena. Verschiedene Störungen. Einige Schauspieler, Lortzings, Graff. Beym französischen Gesandten. Mittag Dem. Engels. Nach Tische Einrangirung der neuen Autographa. Geh. Regierungsrath Müller war da. Die deutsche Hausfrau von Kotzebue. Abends unter uns. Früh Regen, dann heiter und kalt.

19. Ältere Rechnungen durchgesehn. Verschiedenes geordnet. Bey Hofmechanikus Körner die Luftpumpe angesehn. Im untern Garten. Bey Frau von Stein. Mittag zur Tafel. Waren die Damen allein. Abends Hofrath Meyer. Über den Moses von Bronze. Schauspiel: die Hochzeit des Figaro.

Früh bedeckt, dann heiter.

20. Rechnungsgeschäfte. Briefe. Professor Riemer. Die Hälfte des neunten Buchs mit ihm durchgegangen.[323] Völkel. Zweyter Secretär des französischen Gesandten. Genast. Herr Hofmarschall von Ende. Mittags Frommanns, Hofräthin Schopenhauer, Regierungs-Assessor Müller, Professor Riemer. In den Garten gefahren, heraufgegangen. Niebuhrs Römische Geschichte 2. Theil. Abends Whist.

Schöner Tag.

21. Briefe und anderes. Hrn. von Lindenau auf dem Seeberg. Hrn. von Reinhard nach Cassel. Hrn. Magister Stimmel nach Leipzig. Hrn. Stadtgerichtsrath Dr. Schlosser nach Frankfurt a. M. Kam Hofmechanikus Körner wegen der Luftpumpe und sonst. Director Sickler, von Marwitz und Doctor Stuhr. Der Erbprinz. Mittag im Garten Dem. Engels. Kamen Wolffs und der junge Niemeyer. Abends mit Professor Riemer einen Theil des 9. Buchs durchgegangen.

Vollkommen schöner Tag.

22. Briefe. Kiesers neueste Schriften. Untergang der Naturstaaten von Feodor Eggo. Im Garten. Genast wegen des Kaufmanns von Venedig. Bey Frau von Stein. Mittag bey Hofe, waren die Damen allein. Abends im Garten. Das 11. Buch zu ajustiren angefangen.

Warmer schöner Tag.

23. Briefe. An Hrn. Prof. Kieser nach Jena. An Frommann abermals eine Abtheilung des[324] neunten Buchs. A Monsieur Duport, maitre de ballet etc. à Cassel. Betrachtung des eilften Buchs. Stuhr, Untergang der Naturstaaten. Um eilf Uhr bey der Hoheit. Um 12 bey Frau von Wolzogen. Mittag unter uns. Nach Tische mit August über verschiedenes Äußere und Innere. Abends die deutsche Hausfrau und ein Ballet; kamen Professor Riemer und Hofrath Meyer in die Loge.

24. Anfang der neuen Melusine ins Reine dictirt. Theatersession. Bey Herrn Geh.Rath von Voigt. Mittag für uns. Nach Tische mit August die Carlsbader Gedichte und anderes vorgenommen. Abends Professor Riemer. Schluß des neunten Buches durchgegangen.

25. Neue Melusine. Im Garten. Fernere Überlegung wegen der Michaelscontracte. Herr von Spiegel. Rath Conta. Mittag für uns. Nach Tische Autographa durchgesehn. Hofkammerrath Kirms. Abends Hofrath Meyer. Sculpturen des Capitols.

Früh Regen, Abends heiter und kalt.

26. Die neue Melusine. Concept dem Theatercassirer dictirt. Im untern Garten. In dem Quartier, dem Bibliotheksdiener bestimmt. Bey Frau von Stein. Mittag bey Hofe. Abends Professor Riemer, Anfang des 10. Buchs durchgegangen. An Hrn. Frommann, Schluß des neunten[325] Buchs. An Frau von Recke nach Carlsbad.

Heiterer, kühler Tag.

27. Rechnungssachen. In Belvedere; den abgeblühten Pisang besucht, den kleinen Prinzeßinnen aufgewartet. Gegen ein Uhr Herr von Buchholz von Münster. Blieb derselbe bey Tisch. Abends Herr Hofrath Meyer. Stuhrs Urstaaten.

Gelind, etwas Regen.

28. Nebenstehende Briefe und Expeditionen. An Hrn. Kammerrath Frege und Comp., Avisbrief und Assignation auf 400 rthl. an Hrn. Haide abgegeben. An Hrn. Stadtgerichtsrath Doctor Schlosser, Avisbrief und zwey Assignationen, jede zu 500 Fl. Rhein., welche diesen Morgen an Herrn Haide gleichfalls abgegeben worden. Verschiedenes das Theater betreffend. Professor Froriep von Tübingen. Mittag für uns. Im untern Garten, wo Äpfel abgenommen wurden. Abends Hofrath Meyer. Verschiedne Reisen der Engländer und Franzosen nach den östlichen Inseln und China.

Sehr warmer angenehmer Tag.

29. Schluß der neuen Melusine. Spatzieren. Mit Frau von Stein und Fräulein Staff in dem untersten Garten. Geh. Regierungsrath von Müller. Nachricht von der Einnahme von Moskau. Mittag bey Hofe. War die Hoheit nicht[326] zur Tafel gekommen. Abends Professor Riemer. Die Mitte des 10. Buchs.

Halbbedeckter, etwas schwüler Tag.

30. Rechnungsberichtigungen. Expeditionen. An Hrn. Frommann nach Jena, ein Theil des Manuscripts. Mit Frau von Stein gegangen, Herrn von Ende zu besuchen. Mittag für uns. Nach Tische Mad. Lortzing. Sodann Herr Hofrath Meyer. Abends Professor Riemer, einen Theil des 10. Buchs durchgegangen.

Bedeckter milder Tag.


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, III. Abteilung, Bd. 4, S. 317-327.
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