Erster Auftritt.



[3] MEDEA erscheint zu Anfange des Allegro der Intrade auf ihren mit Drachen bespannten Wolkenwagen – steigt ab – und winkt ihm zu verschwinden. Vertrauter Wohnsitz! vormals den Schutzgöttern frommer Eintracht, häuslichen Glücks, der unverbrüchlichen Treue heilig! – – ... So wag ichs, dich wieder zu betreten? – ... Freystadt unaussprechlicher – – für mich auf ewig verlohrner Freuden! ... Haus meines Gatten, der mich von sich stößt! ... Meine Kinder! – – – ... Ach, die nicht mehr mein sind! – – ... Unglückliche Medea! – – – ... Unglücklich[3] – – – da du dich rächen kannst? – – ... Wo sind sie, die stolzen Entwürfe, mit denen du kamst? – ... Wirft dieser Anblick sie schon zu Boden, o was wirds seyn, wann du ihn selbst erblickest, den geliebten Verräther? – – ... Wann du sein Bild in jenen Unschuldigen umarmst – ... Stähle deine Brust, beleidigtes, verworfenes, ins Elend gebanntes Weib! – ... Mutter ohne Kinder – ... Mutter ohne Kinder – ... Bey folgender Rede, wie bey einigen andern Stellen, fällt die Musik jedesmal mit dem unterlegtem Worte ein. O du! des ehelichen Bundes Beschützerin, des Meyneids Rächerin, verlassener Weysen Mutter, allmächtige Juno! Knieend. Hier lieg ich jetzt, – ... Jetzt lieg ich hier – ... Und flehe um Rache – ... Um Rache auf Jasons Haupt – ... Fleh um Rache auf Jasons Haupt. – – ... Hier lag ich sonst – ... Sonst lag ich hier – ... Und flehte Segen – ... Flehte Segen auf ihn herab. – ... Flehte Segen auf ihn herab. ... Hier lieg ich jetzt – ...[4] Jetzt lieg ich hier. ... Und flehe um Rache – ... Um Rache auf Jasons Haupt – ... Fleh' um Rache auf Jasons Haupt – ... Ich verbannt! Sich erhebend. verbannt! ... Ich, einer Kreusa nachgesetzt! – ... Ha! Treuloser! – ... Ist das mein Lohn? – ... Hast du vergessen, daß dein Leben mein Werk ist? ... Daß ich dir alles aufopferte? – ... Daß ich hasse, wie ich liebe? ... Wer ich bin? – ... Was ich vermag? – ... Daß ich auf Stürmen daher fahre – ... Daß ich Grundfesten der Erde erschüttere? ... Unselige Macht! – ... Die Elemente gehorchen meiner Stimme – und das Herz des Mannes den ich liebe, verschließt sich ihr! – ... Schatten bring ich von Orkus zurück – und ein Herz kann ich nicht erhalten? – ... Paläste wink ich hervor – und habe keinen Winkel zu meiner Ruhe! – ... Folgendes unter der Musik, ohne Pause. Wo soll ich hin? – in mein Vaterland zurück? verließ ichs nicht um seinetwillen? Würden unsere Hausgötter nicht vor dem Schalle meiner[5] Tritte fliehen? Die Gebeine meines Vaters nicht er zittern? Meine Brüder nicht die Schmach rächen, die ich über sie gebracht habe? – ... Auch der Elendeste der Menschen hat doch irgend eine gute Seele, die an seinem Schicksal Antheil nimmt, – aber wen hab ich? – ... Für mich ist jede selige Freude vertilgt! – ... Ich bin allein in der Schöpfung! – ... Man hört von Ferne die Musik des Aufzugs. Sie schallen, sie schallen die Triumphlieder des glücklichen Verbrechers! – ... Er kömmt! er kömmt! – ... Er taumelt hin in wollüstigem Rausche, die Majestät der Götter zu verhöhnen! – ... Einer andern die Treue zu schwören, die er mir schwur. – ... Vor eben den Altären, die von unsern Opfern rauchten – ... Ha! kaum halt ich mich zurück! – ... Wo verberg ich mich? – ... Sie verliert sich im Säulengang.[6]


Quelle:
Georg Anton Benda: Medea. Verfaßt vom Herrn Gotter, Innsbruck 1782, S. 3-7.
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