Zweyter Auftritt.

[7] Jason und Kreusa, in einem von Sklagen gezogenen Wagen mit ihrem Gefolge, der gehet hinten über das Theater. Medea verborgen.


MEDEA hervortretend. Wie er auf diesem Wagen thronte, ... Schöner als am ersten Tage unserer Liebe! – ... Majestätisch, und sicher wie ein Gott. – ... Soll ich nach? – ... Fährt ununterbrochen in der Musik fort. Soll ich dieß Getöse der Freude in banges Klagen, in stummes Trauern verwandeln! – .. Soll ich mich in den Tempel wagen, und das schändliche Paar am Fuße der zürnenden Bildsäulen erwürgen – ... Oder warten, bis sie beym schwelgerischen Mahle trinken? auf den Untergang ihrer Feinde, auf Medeens Untergang? ... Dann diese Säulen niederreißen, daß der stürzende Palast ihr Brautbette werde – ... Thörichte! womit schmeichelst du dir! – ... Aus Jupiters Blute gezeugt, und von den Schutzgöttern Korinths[7] bewacht, spottet Kreusa deiner machtlosen Wuth! – ... Ha! Verwegne, frohlocke nicht zu früh! – ... Die Eifersucht ist sinnreich – ... Es giebt andere Wege zu deinem Leben, – ... Wie? wenn dein Jason, wenn er nun die Beute zu genießen glaubt, heimlichen Giftes voll, und von der Hand des Todes gestreckt, an deinem Busen langsam verschmachtete! – ... Sterben? sich krümmen und nicht mehr seyn? ... Ist das die ganze Strafe, die er verdient hat? – ... Deine ganze Rache Medea? ... Leben soll er, aber sich zur. Unter der Musik. Quaal – Göttern und Menschen verhaßt, ein bleiches, zitterndes Gespenst, vom Lande zu Lande fliehen, jeder aufgehende Same, jeder sinkenden Nacht fluchen, sterben wollen und nicht können! – ... Ha! solch eine Rache, ihr Eumeniden – helft sie mir ausdenken! – ... Daß er schon Kinder von Kreusen hätte! – ... Hat er nicht Kinder? – ... Entsetzlicher Gedanke! – ... Wie Schauder des Todes, durchbebt er mein Gebein! – ... Götter! Götter![8] sie sind auch meine Kinder! – ... Aber Jason ist ihr Vater – alles was ihm zugehört ist strafbar! – ... Sein Andenken werde von der Erde vertilgt – ... Durch dich Unglückliche? – ... O! meine Kinder! – ... Arme, Verlassene, eines bessern Vaters, einer glücklichern Mutter werth! – ... Verachtung wird euer Loos seyn, Neid auf jedem eurer Tritte lauschen, arglistige Bosheit an der Knospe eures Lebens nagen, bis sie fällt. – ... Hab ich euch darum mit Schmerzen gebohren? darum für euch gewacht, gesorgt, geweinet? – ... O! daß euch nie die Sonne angelächelt hätte! – ... Daß ich in der Angst der Gebährerin verschmachtet wäre! – ... Und ich ließ euch unter meinen Feinden zurück? – ... Nein! Nein! ihr sollt nicht Brüder von Kreusen sehen! – ... Es ist Liebe, Wohlthat, die einzige letzte Wohlthat eurer Mutter! – ... Sie gab euch, sie nehm es wieder! – ... Wandelt in Unschuld, und Friede, wandelt hinab zu den Schatten. – ... Wandelt[9] hinab zu den Schatten! – ... Verkündigt den Richtern der Hölle, wer euch sendet, und wer euer Vater ist! – ... Die folgende Rede mit Pizzicato angefangen. Ha! Jetzt, erblickt er die zerstückten Leichname, das rieselnde Blut – stürzt über sie her in schrecklicher Todesstille – umarmt sie – ruft sie vergebens – springt auf, und rast – ... Jetzt wälzt er sich im Staube, und fleht dem Blitz ihn zu zerschmettern, dem Abgrund ihn zu verschlingen – ... Jetzt ergreift er mit selbstmörderischer Faust den Dolch – ... Und du siehst es Medea – siehst es, und stirbst vor Entzücken! – ... Wie geschieht mir so plötzlich? – ... Ich höre kommen – ... Gute Götter! was seh ich? – ... Medea zieht sich zurücke.[10]


Quelle:
Georg Anton Benda: Medea. Verfaßt vom Herrn Gotter, Innsbruck 1782, S. 7-11.
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