Der fünfte Auftritt.

[54] Porcius. Arsene. Pharnaces. Phönice.


PORCIUS.

Mit was für Heftigkeit hör ich Pharnacen sprechen?

ARSENE.

Komm, werther Porcius, du mußt den Frevel rächen!

Pharnaces ist zu frech. Er ist noch nicht vergnügt,[54]

Daß meines Bruders Leib vorlängst im Grabe liegt,

Dahin er ihn gestürzt: er will auch mich hier zwingen,

Der Parther Erbreich ihm zum Brautschatz mitzubringen.

Er klaget freventlich den großen Cato an,

Von dem ich nimmermehr was Böses glauben kann.

Der, spricht er, wolle mich des Thrones unwerth schätzen:

Jedoch, das thut er nur, sich selbst darauf zu setzen.

Ich weis, daß Cato mir den Beystand zugesagt,

Als ich mein Ungemach vor kurzem ihm geklagt.

Drum komm! und rette mich und deines Vaters Ehre;

Und gib, mein Porcius, der Hinterlist die Lehre:

Daß Rom die Bosheit nicht in Schutz zu nehmen pflegt,

Und keine Königinn in Mörderarme legt.

PORCIUS.

Pharnaz, was hör ich da? Mein Vater! ein Betrüger?

Das sagt auch Cäsar nicht, der ungerechte Sieger!

Die Bosheit lehrt dich das, weil dir bey aller List,

Arsenens Herz und Reich bereits versaget ist.

Prinzessinn, baue nur auf meines Vaters Worte:

Du lebst in Utika, dem wohlbewahrten Orte,

Wo sonder Catons Wink dir niemand schaden kann:

Pharnaces selbst ist ihm vollkommen unterthan.

PHARNACES.

Wer? ich? ihm unterthan?

PORCIUS.

In Pontus bist du König,

Doch nicht in Afrika. Hier gilt ein Prinz sehr wenig![55]

Prinzessinn, sorge nicht für deine Sicherheit.

Wenn alles dich verläßt, ist Porcius bereit,

Und folgt des Vaters Spur, die Unschuld zu beschützen:

Befiehl, so soll mein Stahl für deine Wohlfahrt blitzen.


Arsene geht ab.


Quelle:
Johann Christoph Gottsched: Ausgewählte Werke. Herausgegeben von Joachim Birke, Band 2: Sämtliche Dramen, Berlin 1968/1970, S. 54-56.
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