200. Die Hexe zu Fißen bei Salzwedel.263

[188] Im Jahre 1687 den 15. August hat Haus Röhle, Kirchenvorsteher zu Hillgenfelde, dem Pastor Herrn Jos. Schelius erzählt, daß er nämlich von seinem Vater gehört, daß in Fißen ein Bauer gewesen, Roost genannt, welcher sammt seinem Weibe hexen können. Das Weib habe unter Andern diese Kunst gekonnt: Wenn sie einen Wispel Korn verkauft, habe sie nebst dem Gelde allemal das Korn wieder mitgebracht und habe es doch der Fuhrmann nicht merken müssen. Als sie einstmals von Salzwedel gekommen und vor Gartze vorbeigefahren sei, habe sie gesagt: hiesige Krügerin (d.h. Gastwirthin) plämpert oder buttert noch, und ich habe das Geld (von der Butter) schon im Beutel. Endlich ist sie am dritten Pfingsttage von den Vögten vom Heiligen Geiste (einem Churf. Brandenb. Amte vor Salzwedel) gefangen genommen worden, dergestalt, daß sie weder Hand noch Fuß mehr an die Erde kriegen können, da sie denn nachgehends verbrannt worden, wobei die Hexe vorher bekannt, wenn sie nur einen einzigen Finger bei der Festmachung hätte können an die Erde kriegen, so hätte in Fißen in 9 Jahren kein Brotkorn wachsen sollen. Item sie hätte aus dem Schubenhofe zu Coßuhn 9 Jahre Brotkorn gehabt, welcher Hof auch fast ganz darüber zu Grunde gegangen. Hierauf hat sich der Mann bekehren wollen, ist aber vom Teufel erhascht, über die Scheune geführt und bis über die Kniee in die Erde gesetzt worden, er sei aber wieder ausgegraben worden, habe noch eine Zeit lang gelebt, und nicht zum Feuertode verurtheilt worden.

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Nach Reinhard a.a.D. Bd. I. S. 125.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 188-189.
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