243. Das Wunderkind zu Kehrberg.308

[214] Nach dem Jahre 1730 ist nach Kehrberg bei Pritzwalk ein Schenk Johann Hohenstein gezogen, dem ist ein siebenter Sohn (ohne daß Töchter dazwischen waren) geboren und er deshalb als ein Glückskind angesehen worden. Bei der Taufe hat derselbe seine Hand aus dem Bettchen gezogen und mit einem sonderbaren Gesichte dem Prediger gereicht. Einst hatte sich seine Mutter mit einem Beile in die Hand gehauen, nach einiger Zeit geht die Wunde wieder auf und fängt an zu bluten; sie bestreicht mit des Kindes Hand den Schaden und siehe, derselbe heilt sofort. Dasselbe geschieht einer andern Frau, welche Schaden an den Brüsten gehabt, welche auf gleiche Weise schnell heil wurden, und einem Mädchen aus Wittstock, die vom Schlage gerührt worden war und durch das Bestreichen jenes Wunderkindes wieder gehen lernte. In Folge davon ist ein solcher Zulauf von Menschen in jenes Dorf erfolgt, daß man kurz vor Pfingsten 1734 an 30,000 Menschen gezählt, welche theils der Genesung halber, theils aus Neugierde dahin gewallfahret. Das Wunderkind hat nun auch Viele durch Streichen, Anblasen und Zupfen geheilt. Andere sind auch gesund geworden, indem sie das Wasser, worin es seine Hände wusch, tranken. Allein wie gewöhnlich wurden die Aerzte, die ihren Broterwerb gefährdet sahen, neidisch, und brachten es dahin, daß der Knabe nach Berlin gebracht, wo er in das Friedrichshospital gesteckt wurde, natürlich keine Wunder mehr thun konnte und bald darauf starb.

308

Nach Beckmann a.a.O. S. 149 etc.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 214.
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