252. Der neue Adel in der Altmark.317

[218] Im Jahre 926 hat Kaiser Heinrich der Finkler in der Altmark angefangen sich gegen die Wenden zu rüsten. Diese merkten aber bald, daß es ihnen gelte, und befestigten sich daher auch in der Stadt Brandenburg, und weil es zornige, heftige Leute waren, so ließ ihr König Mizisla Kaiser Heinrichen absagen mit seinen Leuten, die er zu ihm nach Stendal schickte. Kaiser Heinrich gab den Legaten zwar demüthige Antwort, aber er ließ einen alten Hund herbringen und stäupen und an einen Baum hängen, daraus die Legaten ihre eigentliche Antwort abnehmen konnten. Darauf schrieb der Kaiser Heinrich der Finkler einen Landtag zu Stendal aus, berief seine Sachsen und Thüringer, Bünder und Märker, zeigte ihnen seine Noth an und begehrte Hilfe. Weil ihm aber noch immer mehr Leute vonnöthen, besonders getreue Leute, die ihm zum Kriege dienstlich, so fing er an, auf dem Landtage in Gegenwart vieler Fürsten, Grafen und Herren und Alten vom Adel, und machte alle seine Hofdiener, Handwerksleute zu Hofe, gemeine Amtleute und Kriegsleute zu eitel Edelleuten, sprechend: »Adel, Edel, Eid, Halt!«, gab ihnen auch Sturm- und Kriegsrüstung zu Waffen und Helmzeichen, wie solches der Edelleute Waffen vielfältig mit sich bringen. Das ist auch die Ursache, warum, vornehmlich in der Alten Mark, so viele von Adel sind, nämlich über fünfzig Geschlechter, und es sind so viele Dörfer daselbst vor Zeiten nicht gewesen, als man Namen der Geschlechter findet, von welchen jetzt viele untergegangen.

Die Hauptleute und Befehlshaber erhöhete der Kaiser zu Grafen und Herren. Als darauf nun der Kaiser seine Kriegsleute gemustert und seine neuen Edelleute vermahnet, sie sollten ihren Adel bedenken und mit adligen Thaten beweisen, da rückte er mit dem Haufen stracks über die Elbe. Sein[218] Oberster war Johannes, Heinrichs des Kahlen Sohn, des Markgrafen zu Stade, ein junger, aber freudiger Kriegsmann und rechter Held. Dieweil nun plötzlich ein harter Winter kam, rückte er Anno 927 vor Brandenburg, schlug sein Zelt auf dem Eise auf, stürmte und gewann Brandenburg, würgte die Wenden, Heruler, Obotriten und was darinnen lag und besetzte es auch stark mit Sachsen und vielen vom Adel, von welchem noch viele Geschlechter über der Elbe übrig sind und sich in der Mittelmark, Neumark, Uckermark, Priegnitz, Mecklenburg etc. vertheilt haben.

Darauf baute der Kaiser zu Brandenburg zum Zeichen des Sieges auf dem Harlungerberge eine runde Kirche, zu der Ehre der Jungfrau Maria. Sodann rückte der Kaiser nach dem Siegeberge, dem Blockhause unter Werben, welches er Werben nannte. Er wollte daraus den Sieg erwerben, wie es auch geschah. Als er da sein Feldlager hielt im Frühling, da kamen nämlich die Wenden gerüstet mit großer Heeresmacht, mit welchen der Kaiser eine heftige Schlacht hatte. Darin ließen die Neuen vom Altmärkischen Adel ihre Thaten scheinen und behielt der Kaiser durch sie das Feld.

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Nach Temme S. 62.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 218-219.
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