339. Der Jude Pfefferkorn zu Halle.408

[301] Im Jahre 1515 oder nach Andern im Jahre 1514 den 13. September Mittwochs nach Aegidii ist Johann Pfefferkorn, ein getaufter Jude zu Halle, vor der Moritzburg auf der Juden Kirchhof, als er zuvor etliche Male mit glühenden Zangen gerissen, an einer Kette, so um den Leib gegangen, an eine Säule gelegt, daß er herumgehen können, und ein Kohlenfeuer um ihn gemacht, so immer näher hinzugescharrt, er also gebraten und verbrannt worden, nachdem er bekannt, daß er

1) bei 20 Jahren priesterlich Amt gepflogen und doch nicht geweihet oder ordiniret worden,

2) drei geweihete Hostien gestohlen, derselben eine behalten, gemartert und gestochen, die andern zwo den Jüden verkauft,

3) von den Jüden hundert Gulden bekommen und ihnen einen Eid geschworen, den Erzbischof Albrecht zu Magdeburg und den Churfürsten Joachim zu Brandenburg sammt allem ihren Hofgesinde mit Gift zu vergeben, wie denn gar nahe geschehen und er, da er damit umgegangen, zur Haft gebracht worden,

4) ingleichen alle Unterthanen des Erzstiftes Magdeburg und Halberstadt zu vergeben und sie mit Brand zu verfolgen,

5) zwei Kinder gestohlen, das eine den Jüden verkauft, es selber martern und stechen helfen, daß sie das Blut davon zu ihrer Nothdurft bekommen, das andere, weil es rothe Haare gehabt, hätte er ohne Schaden wieder weggeschenkt,

6) sich für einen Arzt ausgegeben, den Leuten aber, wenn er ihnen helfen sollte, Gift beigebracht und so 15 Personen getödtet,

7) einem Priester im Frankenlande einen gebannten Teufel gestohlen, damit viel Zauberei getrieben, endlich denselben um 5 Gülden verkauft, und

8) die Borne vergiftet.

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Nach Olearius S. 231.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 301.
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