350. Warum die Halloren noch jetzt als Leichenträger gebraucht werden.422

[309] Vor vielen Jahren ging ein Hallore zu Halle in die Kirche. Da sah er, wie ein kleiner blauer Dunst immer vor ihm her schwebte und endlich in ein Kellerloch neben der Kirche schlüpfte. Er beschloß, nach der Predigt nachzusehen, was dies gewesen sei, und verstopfte das Loch mit seinem Taschentuch. Als die Kirche aus war, ging er hin, zog das Tuch heraus und wollte in den Keller sehen; doch kaum war das Loch wieder offen, so fuhr der blaue Dunst heraus und dem Halloren gerade ins Gesicht. Da sank er um und war todt. Und nun brach eine furchtbare Pest in Halle aus, an der alle Menschen starben bis auf acht Halloren. Diese begruben die übrigen und wurden die acht bösen Männer genannt. Und seit der Zeit werden die meisten Leichen in Halle von acht Halloren zu Grabe getragen und nur wenige auf dem Leichenwagen gefahren.

422

Nach Sommer S. 73.

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Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 309.
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