380. Die Kapelle auf dem Petersberge bei Halle.

[333] Auf dem hohen Petersberge bei Halle, der aber früher Lutterberg (d.h. klarer Berg, mons serenus) hieß, weil man von seinem Gipfel den ganzen Saalkreis, das Stift Merseburg, die Anhaltschen Fürstenthümer, den größten Theil von Thüringen und der Grafschaft Mansfeld, Theile des Harzes, des Magdeburgischen, Halberstädtischen und Meißnischen Kreises übersehen kann, soll früher gegen Mitternacht zu ein dem Mars geweihter Götzentempel gestanden haben und man behauptet sogar, das auf einer kleinen Anhöhe daneben befindlich gewesene Gemäuer habe von der Göttin Bellona den Namen gehabt, welche Höhe davon noch heute der Blonsberg heißt. Der Verfasser des alten Petersbergischen Geschichtsbuchs (Chron. Montis Sereni p. 2) sagt ausdrücklich, dort sei dem Teufel geopfert worden.466 Der Erbauer des jetzt in Trümmern liegenden Klosters daselbst war aber Markgraf Conrad von Wettin (1136), der den allerdings schon von seinem Bruder Dedo angefangenen Bau (1124) vollendete. Letzterer soll nämlich an dieser Stelle sich mit seiner von ihm verstoßenen Gemahlin Bertha von Groitsch wiedergetroffen und versöhnt haben. Dann zog er in's gelobte Land und brachte von hier ein Stück vom heil. Kreuz Christi mit, welches er in Silber fassen ließ und der großen Kirche als Heiligthum verehrte. Auf jenem Berge aber, sagte das Volk, wohne der heil. Petrus und sähe sich im Sächsischen, Anhaltinischen und Magdeburgischen um, was die Leute Gottes machten, ob sie fromm wären und sich zur Kirche und dem christlichen Glauben hielten. Dieser Ursache wegen wäre sein Wunsch, daß ihm oben auf dem Berge eine Kirche gebaut werden möchte. Aus diesem Grunde ist ihm auch die Kirche in seine Obhut gegeben worden und bei der Zerstörung der Kirche durch das Einschlagen des Blitzes am 31. August des Jahres 1565 ist sein Bild von Stein in ganzer Figur, welches sich an der linken Seite des Eingangs in den hohen Chor am Rondel auf einem Fußgestell befand und mit der Hand nach dem hohen Altar hinzeigte, unversehrt geblieben.467 An jener Stelle liegt ein Schatz verborgen, nach welchem man, freilich vergeblich, oft gesucht hat. Als Ursache der Zerstörung der Kirche betrachtet man, daß, als 14 Tage vor dem Brande eine Kirchenvisitation auf dem Petersberge stattfand und der Pfarrer Bernreit daselbst sich bitter über die Vernachlässigung der Kirche von Seiten der Behörde beschwerte, aber nichts erlangte, der anwesende Pfarrer von Zörbig, Johann Winter, ausrief: »Ei, möchte doch Gott mit dem Donner drein schlagen!«468

466

Antiquus hostis jam ab illo monte per institutionem dominici senatus deturbatus erat.

467

Gegenüber der Bildsäule sah man früher noch folgende 4 Verse in Stein gehauen in der Wand:

Dum sacer Augustus Gothanam destruit arcem,

Haec sacra destructa est fulminis igne domus

Petra suum Petrum defendit. Vindice dextra

In mediis flammis sie tege Christe tuos.

468

S. Wichmann, Chronik des Petersberges. Halle 1857 in 8. S. 52.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 333.
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