390. Das Crucifix im Dom zu Erfurt.

[338] Im Dom zu Erfurt befindet sich ein kolossales Gemälde auf der Wandfläche, der Kanzel gegenüber, den großen Christoph darstellend, gleich neben[338] demselben aber ein großes ebenfalls kolossales Crucifix, das wider die Gewohnheit der Vesperbilder bekleidet ist. Es rührt aus jener Zeit her, wo man es für unanständig hielt, den Heiland nackend in den Kirchen darzustellen. Nach der Volkssage ist es aber gar kein Christusbild, sondern vielmehr die heilige Wilgefortis, die nach der Legende einen heidnischen Mann nehmen sollte und von ihrem eigenen Vater gekreuzigt ward, weil ihr Gott auf ihr inständiges Bitten in einer Nacht einen Bart wachsen ließ. Ob er sie im Uebrigen auch in einen Mann verwandelt hat, davon sagt die Legende nichts.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 338-339.
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