466. Wie Dr. Luther einen Teufel austreiben lehrt.551

[396] Man liest in den Tischreden Dr. M. Luthers, daß eines Tages zu ihm ein Dorfpfarrer, Namens von Spitz, hart bei Torgau wohnend, gekommen ist. Der klagte ihm, daß der Teufel des Nachts ein Poltern, Stürmen, Schlagen und Werfen in seinem Hause mache, daß er ihm alle seine Töpfe und irdene Gefäße zerbreche und er keinen Frieden vor ihm habe, denn er werfe ihm die Töpfe und Schüsseln an den Kopf hin, daß sie in Stücke sprängen, plage ihn und lache seiner noch dazu, daß er oftmals des Teufels Lachen höre, aber er sehe nichts. Dies Wesen und Spiel habe aber der Teufel ein ganzes Jahr getrieben, also daß sein Weib und Kinder nicht mehr im Hause bleiben wollten, sondern flugs herausziehen möchten. Da sprach der Doctor Luther: »Lieber Bruder, sei stark im Herrn, weiche diesem Mörder, dem Teufel, nicht, leide und dulde sein äußerlich Spiel und Lärmen, auch den geringen zeitlichen Schaden, daß er Dir die Töpfe und hölzernen Schüsseln zerbricht, denn er kann Dir doch an Leib und Seele nichts thun, das hast Du bisher in der That also erfahren, denn der Engel des Herrn hat sich um Dich gelagert, der schützt und behütet Dich. Darum laß den Teufel immerhin mit den Töpflein spielen, Du aber bete zu Gott mit Deinem Weib und Kinderlein und sprich: Trolle Dich, Satan, ich bin Herr im Hause und Du nicht. Durch göttliche Macht und Befehl bin ich in diesem Hause Herr und ich habe einen himmlischen Beruf, daß ich Pfarrherr dieser Kirche bin. Deshalb habe ich Zeugniß vom Himmel und auf Erden und darauf poche ich. Aber Du, Teufel, schleichst Dich in dies Haus als ein Dieb und Mörder und bist ein Bösewicht und Mörder. Warum bleibst Du nicht im Himmel? Wer hat Dich in dies Haus geladen? Also singe ihm seine Litanei und lasse ihn seine Zeit spielen!« Also hat der Pfarrer auch gethan.

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Nach Missander, Deliciae histor. Dresden 1698. Th. I. S. 134.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 396-397.
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