486. Die Ruhensburg und die drei Kreuze bei Lohra.569

[431] Bekanntlich wurde die Göttin Lohra in dem großen Walde verehrt, in dessen Nähe das Schloß Lohra liegt. Zur Zeit des Bonifacius oder Winfried's war hier noch ein großer schauerlicher Wald, von dem jetzt nichts mehr übrig ist als ein kleines Gehölz, die sogenannte Ruhensburg, zwischen dem Reinhardsberg, Bleicherode und dem Schlosse Lohra, sowie einige getrennte Feldhölzer, zwischen denen nun gutgebaute Dörfer, von der Wipper benetzt, die reizende Gegend, welcher der Brocken zum fernen Hintergrunde dient, beleben. In der Mitte des Berges, auf dem man die Göttin vorzugsweise verehrte, entsprang eine Quelle, zu der unglücklich Liebende, besonders Jungfrauen, denen der Tod ihren Geliebten entriß, wahlfahreten, um hier Ruhe und Vergessenheit zu trinken. Auf dem Gipfel desselben Berges baute eine edle Sachsenjungfrau, deren Verlobter in einer Schlacht gegen die Franken das Leben verlor, die Ruhensburg, wovon jener Hain noch jetzt den Namen hat. Ruhensburg nannte sie den Ort, weil ihr Lohra in diesem Haine einen neuen Geliebten sandte, der sie tröstete. Diese Burg ward von Bonifacius zerstört, denn gegen ihn hatte die Göttin keine Macht. Zwar ereilte sie ihn einst ohnweit des Reinhardsberges und versenkte den ihn tragenden Wagen und die Pferde an demselben in tiefen Schlamm, so daß er beinahe von der Erde verschlungen worden wäre, allein ein Gebet zu der heil. Jungfrau rettete ihn, und zum Andenken dieser Gefahr errichtete er drei Kreuze, die noch jetzt an dem Orte zu sehen sind.

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Nach Otmar, Volkssagen S. 75 etc.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 431.
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