701. Das Hufeisen auf dem Ueberwassers-Kirchhof zu Münster.817

[678] Als die Liebfrauenkirche in Münster gebaut wurde, sah der Teufel mit großem Verdruß diesem herrlichen Bau zu und sann auf allerlei Mittel, dieses gottgefällige Werk zu hintertreiben. Endlich beschloß er, durch List die Sinne des Baumeisters zu bethören, schmückte sich, flocht seine Haare in Zöpfe und kam mit schönen Frauenkleidern angethan und mit seidenen Handschuhen und köstlichen Edelsteinen ausgeziert auf den Bauplatz. Allein der Baumeister ließ sich nicht irre machen; auf seinen Maßstab gestützt hörte er unbewegt die Reden der schönen Frau und wies selbst Gold und Edelsteine, welche sie ihm bot, mit Verachtung zurück. Da ergrimmte der Teufel, stampfte zornig mit dem Fuße auf den Boden und verschwand mit Hinterlassung eines argen Gestankes. Sein Pferdefuß aber hat sich in den Stein, auf welchen er trat, abgedrückt, so daß die Spur des Hufeisens noch heutigen Tages auf dem Ueberwassers-Kirchhofe zu sehen ist.

817

S. Münsterische Geschichten S. 171.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 678.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Sagenbuch des Preußischen Staats
Sagenbuch des Preußischen Staats: Erster Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Zweiter Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Erster Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Zweiter Band