757. Die Sagen von der Burg Limberg.877

[717] Auf der Nordseite des Wesergebirges westlich von der Kreisstadt Lübbecke befinden sich heute noch die Trümmer der alten Veste Limberg oder Lyntburg. Die Gründung dieser Burg führt man ebenfalls auf den alten Sassenherzog Wittekind zurück. Derselbe litt einst an einem bösartigen Ausschlage; von Schmerzen gequält wanderte er von seinem Landhause Babilonie einsam in die Berge. Er kam auch an den heutigen Limberg und fand dort eine Quelle, in welcher er sich badete. Bald bemerkte er Linderung und badete täglich, und siehe, er genas nach und nach. Voll Freude beschloß er, auf der Höhe eine Burg zu bauen. Er that's und gab ihr den Namen Lyntburg. Der Quell oder Born aber ist heute noch unterhalb der Burgmauern nach der Börninghauser Seite hin vorhanden.

Diese Burg ist aber in alten Zeiten der Sitz einer Ritterfamilie, der edlen Herren vom Lyntberge gewesen. Nun lebte aber in der Nähe des am nördlichen Fuße des Limbergs liegenden Städtchens Oldendorf vor Zeiten eine grausame Stiefmutter, eine Ritterswittwe, welche ihr armes Pflegekind verschmachten ließ. Dies erfuhr der tapfere Ritter vom Lyntberge, welcher[717] ein Verwandter des gemordeten Kindes war. Er zog gegen das gottlose Weib, überwand ihre Mannen, nahm sie gefangen und brachte sie auf die Lyntburg. Hier stieß man sie in ein tiefes, unterirdisches Gewölbe hinab, gab ihr ein Stück Brod und einen Krug Wasser mit und überließ sie dann ihrem Schicksale. Sie kam elend um, ihr Geist aber hat keine Ruhe gefunden und geht noch als Schreckensgestalt auf dem Limberge um. Der untere Theil des noch in seinen Trümmern vorhandenen dicken Thurmes soll der Kerker sein, in welchem das Weib lebendig ihr Grab fand.

Nach und nach waren aber die Besitzer der Veste Lyntburg arm geworden und der letzte Sprößling des alten Geschlechtes hatte kaum kümmerlich zu leben. Gegenüber auf dem Berge bei Rödinghausen hatte aber der Ritter vom Nonnenstein seine Burg. Er war reich und seine einzige Tochter Gertrude die Erbin aller seiner Güter. Der Ritter vom Lyntberge aber liebte das reiche Fräulein und sie ihn und Beide gedachten sich zu heirathen, allein der Vater des Mädchens gab seine Einwilligung wegen der Armuth des jungen Mannes nicht. Einst stellte nun der Ritter vom Nonnenstein ein prächtiges Turnier an und versprach dem seine Tochter zur Gemahlin, welcher in diesem Kampfspiele Sieger bleiben werde. Am festgesetzten Tage erschien auch ein Ritter mit festgeschlossenem Helme und siegte über Alle, welche mit ihm ein Lanzenstechen wagten. Als der Sieger aber nach Ende des Lanzenstechens seinen Helm öffnete, war es der Ritter vom Lyntberge. Er begehrte nun seine Geliebte zur Hausfrau, doch der Vater forderte zuvor, daß er auch mit ihm eine Lanze bräche. So kämpften sie denn im scharfen Rennen mit einander, kamen aber dabei Beide um's Leben. Als das reiche Fräulein diesen schrecklichen Ausgang sah, da bestimmte sie ihre Burg zu einem Jungfrauenkloster und wurde darin die erste Aebtissin, die Lyntburg aber verfiel und kam in andere Hände.

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S. Vormbaum S. 99. etc.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 717-718.
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