808. Das Crucifix in Stromberg.929

[762] In Stromberg, einer Stadt im Regierungsbezirk Münster, steht eine schöne Kirche und in ihr ein hölzernes Crucifix, das sich sehr wunderthätig zeigt, weshalb dahin jährlich Wallfahrten und Prozessionen gehalten werden.

Von diesem Crucifix aber erzählt die Sage Folgendes. Vor ohngefähr tausend Jahren fand man dasselbe in der Erde, da wo jetzt die Kirche steht. Man stellte es in der, damals am Fuße des Berges in dem Dörfchen Stromberg befindlichen Kirche auf den Altar; aber am nächsten Tage war es verschwunden und befand sich wieder an dem Orte, wo man es zuerst entdeckt hatte. Man wollte es nun abermals in die Kirche bringen, aber man war nicht im Stande, es aufzuheben oder gar fortzuschaffen. Man spannte zwei Ochsen vor, aber alles vergebens. Nur sechs Ochsen mit Ketten daran gespannt vermochten es zur Kirche zurückzuführen. Am nächsten Morgen fand man es aber immer wieder an seinem alten Platze, von dem man es nun auch durch die größten Anstrengungen nicht bewegen konnte. Da führte der Zufall einen frommen Einsiedler vorbei, welcher erklärte, daß das Crucifix nicht von hier weggebracht, sondern hier für dasselbe eine Kapelle erbaut werden solle, wozu er sogleich selbst überall milde Gaben einsammelte, von denen dann die erstgenannte Kirche erbaut worden ist.

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S. Ziehnert Bd. II. S. 126.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 762.
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