1044. Die heilige Halle.

[859] (S. Sudendorf a.a.O. S. 226.)


In der freiadligen Hofstätte der Schulenburge im Kirchspiele Badbergen liegt ein schiefer Sandplatz, die heilige Halle geheißen. Vor Zeiten war dies aber ein ganz unangebauter Ort und mitten in demselben befand sich ein Berg, welcher der heilige Berg hieß. Zwischen dem Berge aber und der Ecke, wo Badbergen liegt, zieht sich ein schmaler Wiesengrund hin, der vor Alters ein Morast war. Auf dem heiligen Berge aber lag ein Stein und nach diesem ging um Pfingsten jedes Jahr eine große Prozession, denn an diesem Orte stand das erste Gotteshaus, d.h. Ankum sagt man, ist älter als Badbergen, welches erst von Ankum gestiftet ward. Zu Ankum aber wohnte eine reiche Wittfrau, die war sehr lange schon bettlägerig. Da gelobte sie, sie wolle an der Stelle, wenn sie gesund werde, eine Kapelle bauen, wo sich eine Gans hinsetzen werde, die sie wolle fliegen lassen. Da kamen nun Pfaffen und viele andere Leute zu ihr und sie ließen eine Gans fliegen und folgten derselben nach. Die Gans flog aber durch die Bauerschaft Druchern und Suttrup und durch das Veiser Branck und setzte sich zuletzt an den heiligen Berg und spielte und badete sich unten in dem Wasser. Die Leute aber, welche ihr nachgegangen waren, hießen den Ort Badbergen und die Wittfrau ließ dort das erste Gotteshaus bauen und nannte es die heilige Halle. Nach dieser Zeit ist aber die Kapelle verfallen und da eine neue Kirche gebaut worden, wo nun das Dorf steht. Von dem Berge ist aber auch nichts mehr zu sehen, denn vor etwa vierzig Jahren ward er ganz abgetragen und davon ein Damm durch den Wiesengrund aufgeführt, über den jetzt die Chaussee geht. Als aber der heilige Berg noch stand, da kam um Ostern das ganze Kirchspiel hier hinauf. Die jungen Leute schlugen Ball, schlugen Räder und sprangen und liefen um die Wette, bis es Abend ward. Dann machten sie oben auf dem Berge ein großes Feuer an und tanzten und sangen um dasselbe herum, was sie aber gesungen haben, das weiß man nicht mehr.

Nach einer andern spätern Sage ist jedoch die heilige Halle ein heidnischer Tempel gewesen, bis der Besitzer der Schulenburg daraus eine Kapelle gemacht und die Heiden durch Zwangsunterricht auf seiner Burg belehrt hat, welche daher Schulenburg genannt worden ist und das Gildemeisteramt in der Kirche zu Badbergen erworben hat.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 859.
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