1057. Das Kloster zu Börstel.

[866] (S. Sudendorf in d. Mittheil. Bd. II. S. 402. Kuhn Bd. I. S. 26.)


Dies Kloster stand zuerst zu Menslage und ward Rosenthal genannt. Es besaß aber ein heiliges Marienbild, allein eines Nachts verschwand dasselbe und Niemand wußte, wo es hingekommen war. Da zogen die Klosterjungfrauen aus in das große wüste Moor und suchten es und als sie lange gesucht[866] hatten, da fanden sie es in dem Thal, welches Börstel heißt. Solches begab sich aber mehrere Male. Da merkten die Jungfrauen wohl, daß das Bild da wohnen wolle, und sie erbauten das Kloster über der Stelle, wo es gefunden worden war, und hießen den Ort Marienberge. Hier stand nun das Bild lange Jahre und that viele Wunder. Als aber die bösen Zeiten kamen und die Jungfrauen den alten Glauben und die alte Tugend im Stiche ließen, da ward das Bild traurig und vergoß viele Thränen. Dies dauerte aber einige fromme Leute, welche noch den alten Glauben hatten, und sie nahmen das Bild und trugen es in einer feierlichen Wallfahrt heraus. Das Bild aber zeigte ihnen selbst den Weg, den sie gehen sollten, denn sowie sie auf den unrechten Weg kamen, da ward das Bild so schwer, daß sie es nicht fortbringen konnten, sowie sie aber wieder auf den richtigen Weg kamen, da ward es so leicht, als wenn es unsichtbare Engel auf ihren Schultern trügen. Als sie nach Telgte kamen, da fing das Bild an zu lachen, und die Leute merkten, daß es hier bleiben wolle, und brachten es in die Kirche, wo es heute noch zu sehen ist. Hier pflegt es viele Zeichen zu thun und bittere Thränen und Angstschweiß über den Unglauben der Menschen zu vergießen.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 866-867.
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