1132. Die Zauberurnen.

[914] (S. Crusius a.a.O. S. 399. Delius, Ueber den vermeinten Götzen Crodo. Halberst. 1827 S. 125 etc. [der den ganzen Fund für erdichtet hält.])


Im Jahre 1733 fand der Sohn des Gemeinde-Worthalters, Erdwin von der Hardt, auf dem Osterfelde bei Goslar drei alte Urnen aus grauer Töpfererde in der Größe einer Wein-Quartflasche, 3/8 Ellen hoch, ohne Fuß und Deckel mit einem engen Halse, die Materie von der Dicke eines Federkiels, rundumher mit Streifen. Alle waren mit Gyps angefüllt, eine aber hatte einen abgebrochenen Hals. Erstere schüttete man aus ohne darin etwas zu finden, letztere aber untersuchte Erdwin von der Hardt selbst und fand in der Mitte der Flasche ein verkittetes längliches Apothekerglas. Als er an dem Siegel mit einem Federmesser etwas unvorsichtig schabte, sprang die Mündung des Glases mit solchem Knalle und Geklinge ihm ins Gesicht, daß er erschrack und mehrere Stunden lang nicht wieder dabei ging. Dann untersuchte er in Gegenwart einiger Freunde den Inhalt der Urne und fand Folgendes: 1) ein kleines Bündel Haare mit einem dünnen messingenen Drahte fest eingebunden und einen kleinen Pergamentzettel, worauf stand: 5 wiga orapna. 2) Ein krummes Knöchlein mit einem eisernen kleinen Drahte und einem Pergamentzettel mit den Worten: 5 pancrat opna. 3) In dem Glase ein grobes Pergamentröllchen an beiden Seiten mit Charakteren beschrieben, deren Anfang lautete: posteris; am Ende aber de gossa de pissina. 4) In dem größeren Pergamentröllchen ein noch kleineres, auf welchem oben ein schwarzes gemaltes Kreuz mit J.N.R.J. und den Charakteren 5 nobissa, am Ende aber ein einköpfiger Adler befindlich war.

Die zweite Urne enthielt außer Kalk ein bloßes Pergamentröllchen, mit einer unbekannten Schreibart, dem allbekannten Gelübde an den Wodan oder Crodo-Wodan, welches also lautete: Hilli Krotti Woudana, ilpo osk un osken Pana Witekin, ok kelta of den aiskena Karel; vi den Slaktenera. Ik kif ti in Ur two Scapa un tat Rof. Jk slakte ti all fanka up tinen illigen Artesberka d.h.: Heiliger großer Wodan! Hilf uns und unserem Herrn Witekind, auch dem Kelta von dem aischen Karl; pfui dem Schlächter. Ich gebe Dir einen Ochsen und zwei Schafe und den Raub. Ich schlachte alle Gefangene auf Deinem heiligen Harzberge.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 914-915.
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