1223. Das Hexenkreuz vor dem Ekkerfelde.

[995] (S. Köster a.a.O. S. 212.)


Nordwestlich von Lehe, eine Viertelstunde von dem Flecken, liegt ein einige hundert Morgen großes Feld, das sich aus den umgebenden Niederungen sanft erhebt und Ekkerfeld heißt. Dasselbe ist mit Tausenden von kleinen bemoosten Hügeln an seinem südlichen Abhange bedeckt. Dies Feld wird aber nicht bebaut, sondern dient als Gemeindehüteplatz. Hier in der Tiefe war ehedem der Lieblingsaufenthalt der Hexen in jener Gegend. Deshalb heißt auch heute noch das Kreuz, das beim Eingange steht und von Jedermann, der hinauf oder hinuntergeht, auf einem eisernen Stecken umgedreht werden muß, das Hexenkreuz. Einst kommt ein Mann aus Lehe spät in der Nacht über dieses Feld, als er bei dem Kreuze angelangt ist, fällt er aber plötzlich in die Tiefe hinab. Sein Fall ist indeß nicht unsanft, eben so wenig erschrickt er, als er in der Tiefe angekommen ist, denn er befindet sich in einem herrlichen Palaste, wo die Tische mit allerhand köstlichen Speisen bedeckt sind. Nun merkt er, daß er in einem Hexenpalast ist. Die Hexen[995] nöthigen ihn von den Speisen zu genießen, als er sie aber gekostet, findet er sie gar nicht nach seinem Geschmacke, denn es fehlt das Salz daran, welches bekanntlich den Hexen zuwider und unausstehlich ist. Da sagt der Mann unbesonnener Weise: »Alles ist so schön, die Speisen sind so köstlich, aber Eins fehlt daran, nämlich das Salz!« In einem Augenblicke wird er wieder aufgehoben und auf die Oberfläche der Erde geschleudert. Als er sich nun besinnt, wo er sein mag und mit den Händen herumfühlt, gewahrt er, daß er in einem tiefen Sumpfe steckt, aus dem er sich mit großer Angst und Anstrengung herausarbeitet.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 995-996.
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