991. Die Mohrenhand.

[831] (S. Hartmann a.a.O. S. 377 u. Sudendorf ebd. Bd. III. S. 238 etc.)


Einstmals hörte der Bauer auf Siemeringshofe zu Langen, wie er Nachts vor seiner Hausthüre stand, den Zug mit gewaltigem Halloh der Jäger und Gekläffe der Hunde über sein Haus ziehen. In seinem Uebermuthe rief er dem Zuge nach: »Givt mi aff!« Kaum hatte er die Worte gesprochen, als ein dunkler Gegenstand ihm blitzschnell vor die Füße fiel. Entsetzt wich er ins Haus und schloß die Thüre hinter sich zu. Als er am andern Morgen seinen Geldschrank öffnete, erblickte er darin zu seinem größten Schrecken eine abgehauene Mohrenhand (d.h. ein schwarzer Knochen mit verdorrter Haut in der Form einer abgehauenen Hand), seinen Antheil an der Jagdbeute. So viel sich nun auch der Bauer es hat kosten lassen, die Hand durch Bannen, Versenden, Verbrennen und Vergraben los zu werden, sie kehrte immer wieder auf Siemerings Erbe zurück und seit der Zeit war Sterbgang im Hause und bei einem Sterbefalle darin ist noch jetzt das Sprichwort gebräuchlich: »dei swarte Hand heww sück weer röget (die schwarze Hand hat sich wieder gerührt).« Wenn die Hand sich rührte, mußte einer im Hause sterben. Auch duldete die schwarze Hand nicht, daß Jemand in dem Hause am Sonnabend spinne, was auch stets unterblieb. Vor 50 Jahren lag die Hand noch im Keller, jetzt ist sie in der Wand desselben eingemauert.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 831.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Sagenbuch des Preußischen Staats
Sagenbuch des Preußischen Staats: Erster Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Zweiter Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Erster Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Zweiter Band