857. Der Frauenberg und die Pestsäule.

[739] (S. Brower, Antiquitates Fuldenses. Antv. 1612 in 4°. p. 30. Schwarz S. 38.)


Erst der Papst Bonifacius IX. ertheilte auf die Bitten des Abtes Johannes von Merlau im Jahre 1396 die Erlaubniß, daß Frauen am Grabe des h. Bonifacius und der neben ihm ruhenden h. Lioba ihr Gebet verrichten durften. Bis dahin wies man jede Frau dort ab, selbst der Kaiser Lothar und seine Gemahlin, der im Jahre 1132 hier das Osterfest feiern wollte, und Kaiser Friedrich, der im Jahre 1165 mit seiner Gemahlin das Grab des h. Bonifacius besuchen wollte, so wie die Gräfin Albrata von Banz, welche alle ihre Schätze für die Erlaubniß, das Grab zu besuchen, geben wollte, wurden abgewiesen. Sie mußten nach dem nahen Berge, dem Bischofssitze ziehen, und davon führt dieser heute noch den Namen Frauenberg.

Am Fuße desselben erhebt sich heute noch eine Säule, welche daran erinnern soll, daß, als einst hier eine Pest wüthete und Alt und Jung von derselben weggerafft ward, der Bischof von Fulda aus dem Dome eine Wallfahrt[739] nach dem Frauenberge anstellte. Als aber die Gläubigen, das Venerabile voran, unter Singen und Beten nach dem Wallfahrtsort zogen, da stürzte einer von ihnen an jenem Orte von der Krankheit gefaßt, zu Boden und starb als das letzte Opfer derselben. Zum Andenken daran errichtete man dort die Säule und jedes Jahr am Gnadentage zog die Schaar der frommen Bürger Fuldas nach dem Kloster um da zu beten.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 739-740.
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