372. Die ungerathenen Kinder in Stettin.

[431] (S. Zöllner's Reise durch Pommern und Rügen. Berlin 1797 in 8°. S. 206. Grümbke, Darst. d. Insel Rügen Th. I. S. 179. Zickermann, Histor. Nachr. von den alten Einwohnern in Pommern. Stettin 1724 S. 87.)


In der Stadt Stettin lebten zu einer Zeit zwei ungerathene Kinder, die ihren Eltern viel Herzeleid machten und in ihrer Gottlosigkeit zuletzt soweit gingen, daß sie dieselben sogar schlugen. Dafür traf sie aber eine entsetzliche Strafe. Denn nachdem sie beide plötzlich gestorben waren, und man sie begraben hatte, streckte sich auf einmal von jedem die Hand aus dem Grabe heraus, mit welcher sie sich an ihren Eltern vergriffen hatten. Das Schrecklichste dabei aber war, daß die Hände frisch und blutend waren und nicht verwesen konnten. Man grub sie zwar in die Erde wieder hinein, allein dies half alles nicht, sie wuchsen wieder heraus. Da beschloß man zuletzt auf Berathung des Raths und der Geistlichkeit, daß man sie mit einem Spaten abdrehen wolle. Dies geschah und man hing sie zum ewigen Andenken in der Kirche zu St. Peter und Paul in der Sakristei auf, wo sie noch jetzt hängen sollen.[431]

Auch in der Kirche zu Bergen auf Rügen zeigt man eine abgehauene Menschenhand vor, welche von einem Vatermörder sein soll und nach dessen Tode aus dem Grabe hervorgewachsen ist und nicht wieder hat hineingebracht werden können, so daß man sich zuletzt genöthigt gesehen hat, sie abzuhauen. Desgleichen wird auch auf der Rathsbibliothek zu Stralsund eine ähnliche Hand eines Vatermörders aufbewahrt.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 431-432.
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