381. Das Anklamische Gespenst.

[442] (S. Remigius, Daemonolatria Th. II. S. 504.)


Seit Weihnacht des Jahres 1687 hat sich ohnweit der Pommerschen Stadt Anklam in einem Dorfe, Groß-Buntzau genannt, der leidige Satan bei einem Prediger Tag und Nacht aufgehalten. Er nahm nicht allein allerhand Kleidung an, sondern verstellte sich auch oft in Viehs-Gestalt mit Hühner- oder andern Thierfüßen, er saß manchmal öffentlich am Tische, kehrte sich jedoch stets an die Wand, und wenn ihn der Priester zur Rede stellen wollte, antwortete er mit allerhand garstigen Zoten, lief öfters davon und zeigte den Hintersten, wobei er stets wie eine Ziege blöckte. Er ging oft über des Priesters Bücher und blätterte darin, er that indeß Niemandem etwas zu Leide, aber wenn man ihn an seinen Ort wies, warf er mit Steinen um sich und verwundete solcher Gestalt des Priesters Sohn an der Stirne. Desgleichen ward eine alte Frau im Hause, die ihm den Hintersten gezeigt, mit ihrer eigenen Hand im Gesichte übel zugerichtet. Einem Studenten, der in das Haus kam, mit des Priesters Tochter zu reden, warf er eine Katze um den Hals und lachte darüber von Herzen. Hernach hat ihn die Magd, welche das Vieh füttern wollen, unter dem Heu gefunden, und da sie ihn herausgeschlagen, hat er sich auf ein Pferd gesetzt und ist rund herum ums Pfarrhaus geritten.

Merkwürdig ist es, daß der Priester einen Zettel mit den Worten: »Des Weibes Samen soll der Schlange den Kopf zertreten« an die Stubenthüre geklebt, welchen der Bösewicht dergestalt durchlöchert hat, als wenn's mit Hagel durchschossen wäre, daß man keine Schrift daran erkennen konnte. Er verkleidete sich meist in Gestalt eines Gewürzhändlers oder Apothekergesellen mit einer grünen Schürze. Seine Augen waren so groß als Brillengläser, das Gesicht etwas rauchhaarig wie eine Eselshaut, und seine Füße vorn wie Kuhfüße, hinten aber mit Klauen. Gottes Allmacht aber regierte dabei, daß alle Mauersteine, womit er nach den Leuten warf, im Herunterfallen wie Federn hin- und herflatterten, daß die Leute Zeit hatten, dem[442] Wurfe zu entweichen. Etliche Wochen nachher gesellte sich zu diesem Bösen noch ein anderer langer weißer Geist oder Gespenst, sagte aber und that Niemandem etwas Böses, nur daß er im Hause hin- und herwandelte.

Um den 16. Februar 1688 hielt sich der böse Geist annoch hier auf und schlug damals des Predigers Tochter sehr übel, und als darauf des Priesters Knecht mit einem Fuder Holz aus dem Wald gekommen war, setzte er sich zu ihm auf den Wagen und beschwerte ihn dergestalt, daß die Pferde mit der Last nicht fortkommen konnten. Der Knecht geht darauf hin etliche Bauern zu Hilfe zu holen, wie er aber wieder an die vorige Stelle kommt, findet er weder Pferde noch Wagen, weshalb er nach Hause geht und daselbst Alles unbeschädigt wiederfindet.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 442-443.
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