460. Matthes Pagels.

[483] (S. Arndt Bd. I. S. 249 etc. [II. A. S. 207.])


Bei dem Kirchdorfe Lanken unweit der Granitz wohnte ein Bauer, Namens Matthes Pagels, ein fleißiger Mann, der aber sehr einsam und[483] still lebte und den die Leute für sehr reich hielten. Einige munkelten auch, er sei ein Hexenmeister. Ein guter Mensch war er aber nicht. So bekam er einst Streit mit einem seiner Nachbarn, weil dieser ihn beschuldigte, er pflüge an einer Seite den Acker ab. Der Bauer Pagels that dies auch wirklich, er fluchte und schwur aber, das ganze Ackerstück gehöre ihm in seiner ganzen Breite, so weit er gepflügt hatte, und noch zehn Schritte weiter bis zu der hohen Buche, die oben an dem Rain stand, und das wolle er durch Eid und Schriften beweisen. Er brachte auch ein Papier vor, wodurch der Acker sein ward. Die Leute sagen aber, zwei von den kleinen Schwarzen, die ihm auch das Geld ins Haus trugen, hätten ihm das Papier gemacht. Indeß hatte er schon bei seinem Leben keine Ruhe vor diesen seinen sogenannten Freunden. Jede Nacht um 12 Uhr mußte er mit aller Gewalt aus dem Bette und auf dem Ackerstücke rundum wandeln und auf die hohe Buche klettern und dort zwei volle Glockenstunden aushalten und frieren. Noch sieht man ihn zuweilen da als einen kleinen Mann im grauen Rocke mit einer weißen Schlafmütze auf dem Kopfe; gewöhnlich aber sitzt er wie eine schneeweiße Eule auf dem Baume, sobald die Mitternacht vorüber ist, und schreit ganz jämmerlich. Kein Mensch kommt aber dem Baume gern zu nahe und kein Pferd ist dort am Wege vorbeizubringen, sondern sie schnauben und blasen und bäumen sich, und gehen auch mit dem besten Reiter durch und querfeldein.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 483-484.
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