149. Die steinerne Martersäule zu Breslau.

[164] (S. die Illustr. Zeitung 1858 S. 210.)


Die Martersäule, welche jetzt auf der Seite des Maria-Magdalenen-Gymnasiums, nach der Ohlauischen Gasse zu aufgestellt ist, befand sich noch zu Anfange dieses Jahrhunderts auf dem Platze vor der Kirche, dem Pfarrhofe gegenüber. Sie ward als Denkstein dem 1490 hingerichteten und daselbst begrabenen Landeshauptmann Heinrich (oder Heinze) Dompnigk errichtet.

Nun erzählen aber die Chronisten, der Ursprung dieses Wahrzeichens sei folgender. Seit König Johann von Luxemburg war die Schlesische Landeshauptmannschaft dem stets nach Unabhängigkeit strebenden Rath von Breslau verpfändet, und seit 1335 wählte daher derselbe die königlichen Landeshauptleute. Nun hatten sich aber unter der kurzen Regierung des Königs Matthias die Landeshauptleute, und namentlich Heinrich Dompnigk, nicht eben zur Zufriedenheit der Breslauer benommen, sondern mit dem Oberlandshauptmann oder Landsvoigt Georg Stayn in Budissin gemeinschaftlich gegen Breslau's Interessen gewirkt. Als nun Matthias am 4. April 1490 plötzlich in Wien starb, regten sich bekanntlich die unzufriedenen Lausitzer und Schlesier gegen die Landeshauptleute und die Breslauer nahmen die Gelegenheit wahr, bei der durch des Königs Tod erfolgten Auflösung aller Ordnung in Böhmen, Ungarn, Schlesien und den Lausitzen auch ihren[164] Landeshauptmann Dompnigk selbst zur Verantwortung zu ziehen, obschon dies eigentlich nur von dem königlichen Hofgerichte hätte geschehen sollen. Heinze Dompnigk glaubte nichts Klügeres thun zu können, als von dem Breslauer Rathe seine Amtsenthebung zu verlangen. Diese gewünschte Enthebung ward ihm auch ohne Weiteres zu Theil, und er hätte nun eigentlich am Klügsten gehandelt, sich sofort aus dem Staube zu machen, doch er hielt sich für vollkommen sicher und blieb deshalb getrost in Breslau. Während nun Georg Stayn von den Bautznern den Görlitzern und von diesen wieder den Brandenburgern ausgeliefert ward, obschon die Breslauer dessen Auslieferung verlangt hatten, trat plötzlich der neu constituirte Breslauer Rath gegen Dompnigk mit Anklagepunkten hervor und verhaftete ihn am Sonnabend vor Johannis (19. Juni) 1490. Man machte mit ihm sehr kurzen Prozeß, denn er ward zum Tode durch das Schwert verurtheilt und bereits am 6. Juli (nicht den 4. oder 11., wie Einige sagen) 1490 an einem Dienstag hingerichtet. Das Urtheil lautete: »Und wiewohl er solches seines bösen Handelns und Furnemens halber einen härteren und schweren Tod verdient, so wollen jm doch die Herrn gnade antun und jn mit dem Schwerte richten lassen.«

Die Hinrichtung geschah auf einem schwarzsammtnen Teppiche, was ihm als »Herrn« zukam, vor dem Rathhause in der 13. Stunde (1 Uhr Mittags) bei verschlossenen Thoren. Er widerrief Alles, was er unter den Foltern zugestanden und rief zuletzt noch aus, daß er den Tod »Grams und Neides halber« erdulde. Sein Leichnam ward auf dem Maria-Magdalenen-Kirchhofe beerdigt.

Bemerkenswerth ist übrigens, daß laut einer Aktennotiz in Zittau im Jahr 1419 bereits ein »Heinze Domnigk« als Theilnehmer der Raubzüge des bekannten Stegreifritters Heinrich Ranker in der Lausitz und Schlesien, nicht zu Zittau, wohin man diesen ritterlichen Wegelagerer gefangen eingebracht hatte, hingerichtet, sondern »dort seiner Freunde willen« zu Breslau geköpft worden ist.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 164-165.
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