253. Der Ursprung des Geschlechts von Hatzfeld.

[275] Es giebt zwei alte Sagen über den Ursprung dieses Namens. Die eine berichtet, es habe einmal ein deutscher Kaiser eine Schlacht geschlagen, nun hätten aber seine Krieger bald nach dem Beginn derselben den Feinden das Feld zu räumen begonnen und der Kaiser habe bereits am Siege verzweifelt, da sei auf einmal von dem andern Flügel seines Heeres ein Reiter angesprengt gekommen, der habe schon von weitem ein Tuch geschwenkt und gerufen: »Er hat's Feld! er hat's Feld!« und da habe der Kaiser wieder Muth bekommen, den Kampf aufgenommen und das Feld behauptet und zu dem Reiter gesagt: »Du sollst hinfüro Hatsfeld heißen!« und so sei dieser der Urahn des berühmten Geschlechtes geworden.

Die zweite Sage stammt aus Oberhessen und lautet so. Es stand einst dort auf dem sogenannten Christberg ein Schloß, da wohnte ein König, der[275] eine sehr schöne Tochter hatte. Ein anderer König aber, Grünewald geheißen, war sein Feind und eines schönen Tages rückte er mit gewaltiger Heeresmacht vor jene Burg und belagerte sie, allerdings lange vergeblich, allein als der Maitag heranbrach, da rückte er mit allen seinen Kriegern, die grüne Bäume trugen, heran und die Königstochter, welche dies für ein unglückliches Zeichen ansah, sprach zu ihrem Vater: »Vater gebt Euch gefangen, der grüne Wald kommt gegangen!« dann ging sie selbst in König Grünewalds Lager und machte sich bei ihm freien Abzug aus mit allem was sie auf einen Esel packen könne. Als ihr nun der König dies zugestanden, lud sie ihren Vater und die besten ihrer Schätze und Kostbarkeiten auf einen solchen und zog von dannen, immer westlich nach dem Christberge zu. So kamen sie denn an eine freundliche Gegend und da sprach sie: »Hier wollen wir ruhen« und davon heißt der Ort Wollmar, dann aber zogen sie durch dichte Wälder und hohe Gebirge bis auf ein schönes Feld und da sagte die Königstochter: »Hier hat's Feld!« und lud ihren Esel ab und bauete sich da ein schönes Schloß, das nannte sie Hatsfeld. Davon sind die Trümmer noch übrig und die Stadt hat davon den Namen erhalten; sie liegt vier Stunden von Christberg im Gebirge an der Eder. Von dem Ritter aber, den sie sich heirathete, stammt das Geschlecht der Hatzfelde ab.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 275-276.
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