1302. S. Knud läutet Weihnacht aus.

[1056] (S. Jahrb. Bd. IV. S. 282. X. S. 203 etc.)


In allen nordischen Reichen giebt es ein Sprichwort vom 7. Januar »Sanct Knud ringer Julen ut«, was sagen will, daß mit diesem Tage die Gewohnheit des Alltagslebens nach der Weihnachtsfreude wieder in ihr Recht eintritt. Dieses Sprichwort hat seinen Ursprung von folgender Begebenheit.

Knud Laward aus dem Königsstamm des Svend Estrithson, der als dänischer Lehnsfürst über das Herzogthum Schleswig herrschte und überdies vom deutschen Kaiser Lothar zum König der Obotriten (Wenden) gekrönt war, in seinem Lande der »Knäs« genannt, in Schleswig aber Knud Laward (aus dem Angels. Hlaford = Lord, Herr), war der erste Fürst, welcher von Schleswig aus über deutsche und dänische Reichslande gebot, beiden Reichen zu Lehen ging und dem dänischen König, seinem Oheim Niels gegenüber, dabei doch eine stolze Selbstständigkeit zu bewahren wußte, so daß ihm selbst dessen Thron nicht unerreichbar erschien. Da beschloß des Königs Sohn Magnus, um sich die Erbfolge zu sichern, den gefährlichen Nebenbuhler aus dem Wege zu räumen. Knud ward also eingeladen, das Weihnachtsfest in der Königsstadt Roeskilde mitzufeiern. Er kam, ohne Arg folgte er auch trotz aller Warnungen seiner Muhme Cäcilie in Harelstadt, trotzdem daß selbst der ihm von Magnus entgegengeschickte Führer, der durch einen Eid gebunden war, ihm unterwegs von einem Mörder oder der Rache der Brunhilde vorsang, der Einladung seines Vetters zu einer Unterredung in den Wald bei Ringsted zu kommen. Hier überfiel er den arglosen Magnus und spaltete ihm das[1056] Haupt vom linken Ohr bis zum rechten Auge und alle Begleiter desselben durchbohrten den entseelten Körper, damit später keiner von ihnen die Schuld an der Blutthat leugnen könnte. Dies geschah am 7. Januar des Jahres 1131. Der Ermordete ward später auf Betrieb seines Sohnes, Königs Waldemars des Großen heilig gesprochen (1. Juli 1170). Weil nun aber das bestürzte Volk, nachdem die Ermordung ihres Herzogs durch seinen Blutsverwandten ruchbar geworden war, sofort alle Weihnachtsfeierlichkeiten abbrach, so entstand jenes Sprichwort. Uebrigens fiel sein Mörder Magnus drei Jahre nachher in der Schlacht, seinen Vater Niels aber erschlugen, als er nach Stadt Schleswig kam, die Genossen der Gilde, deren Aeltermann und Beschützer Herzog Knud gewesen war, im Jahre 1134.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 1056-1057.
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