1303. Wo die Kinder auf der Insel Amrum herkommen?

[1057] (S. Jahrb. Bd. IV. S. 252.)


Auf der Insel Amrum giebt es eine ziemlich große Fläche mageren Marschlandes an der südlichen Seite der Insel, welche den Namen Ueb Sun führt. Diese wird von einem Flüßchen Gaatal (Guß, Erguß) durchströmt, das als Abfluß eines kleinen See's Guuskölk (Gänsewasser, Gänsekuhle) zu betrachten ist. Die Amringer Kinder, denen ein Brüderlein oder Schwesterlein geboren ist, erzählen nun, aus Guuskölk und Meerham holten die Amringer Frauen, von der Hebamme begleitet, die zarten Kinder. Die Kinderfrau aber, welche das Wasser mit den darin lebenden Kindern beherrsche, wolle die letztern nicht fahren lassen und schlage mit einer Sense um sich, wenn die Frauen herbeikämen sich ein Kind zu holen. Es gelingt den letztern jedoch gewöhnlich, ein solches zu erwischen, aber die holende Frau muß es sich gefallen lassen, von der Hüterin der vielen im Wasser herumschwimmenden Kinder am Bein verwundet zu werden.199

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Dies bezieht sich wohl auf die Hollerteiche und Kinderbrunnen Holda's. Hulkan (von Hulk, Holdchen) heißen auch die in Nordfriesland am Sylvesterabend herumziehenden vermummten und ganz und gar in Stroh eingewickelten Personen, welche in jedes Haus kommen und die Kinder fragen, ob sie beten können, worauf diese ein Gebet herstammeln. Hierauf setzen sie ein Gefäß ans Fenster und sehen dann am Neujahrsmorgen nach, was Hulk gebracht hat.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 1057.
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