1357. Der Bischof Blücher.

[1097] (S. Müllenhoff S. 120, nach Alb. Krantz, Metropol. VIII. 29.)


Der Ratzeburger Kirche stand im 13. Jhdt. als Bischof einer aus dem Geschlechte von Blücher vor. Das war ein frommer Mann und überaus mildthätig und freigebig. Einmal bei einer großen Hungersnoth und Theuerung hatte er nach und nach seinen ganzen Speicher, der voll von Mehl und Korn gewesen war, ausgeleert und den Armen gegeben, so daß ihm selber und seinem Gesinde nichts nachblieb. Als nun wieder Arme kamen und flehentlich um Speise baten, ließ er seinen Schaffner kommen und hieß ihm den Armen geben, was etwa noch da wäre. Aber der Schaffner wußte, daß der ganze Speicher rein ausgekehrt war, antwortete also, es sei nichts mehr da, was den Armen könne gegeben werden. »So geh doch, geh«, sagte der Bischof, »und sieh, ob nicht noch ein Bischen da ist, damit diese nicht leer davon gehen. Geh nur in Gottes Namen und gieb es ihnen.« Er glaubte wohl, daß der Schaffner allzusehr für die Zukunft sorgte und doch vielleicht etwas aufgehoben hätte, da doch in Wahrheit nichts mehr da war. Als der Schaffner aber den Speicher öffnete, fand er ihn dennoch wieder ganz voll Korn und Mehl und gab nun den Armen reichlich, und der fromme Bischof vergoß Thränen, als ihm das Wunder kund ward, und dankte Gott inbrünstig für seine Gnade.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 1097.
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