505. Die Pfarrkirche zu Culm.

[531] (S. Temme S. 214.)


Die Pfarrkirche zu Culm, eins der schönsten mittelalterlichen Bauwerke in Preußen, sollte eigentlich mit zwei Thürmen versehen werden, allein da sich der Baumeister verpflichtet hatte, mit dem Bau an einem bestimmten Tage fertig zu werden und der zweite Thurm erst zur Hälfte fertig war, als der Termin der Vollendung schon ganz in der Nähe war, so sah sich der Meister genöthigt, nicht blos Tag und Nacht, sondern auch Sonn- und Festtags arbeiten zu lassen. So gelang es ihm auch den Tag einzuhalten, allein an demselben Tage, wo die Kirche eingeweiht werden sollte, erhob sich auf einmal in der Luft ein gewaltiges Brausen und die bestürzte Menge sah plötzlich vom Himmel einen Engel mit einem Flammenschwert herabkommen, mit welchem er den zuletzt fertig gemachten Thurm entzündete und bis auf den Grund niederbrannte, jedoch so, daß nichts weiter von der Kirche beschädigt ward. Man versuchte allerdings den Thurm wieder aufzuführen, allein auch das zweite Mal vernichtete ein Blitzstrahl die gehabte Arbeit. Seit dieser Zeit hat man abgesehen, den Bau zu vollenden.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 531.
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