515. Der Poltergeist zu Thorn.

[534] (S. Zernecke S. 335.)


Am 11. Februar des Jahres 1655 am Donnerstage vor Quadragesimä hat sich bei Hans Goldnern, einem Kaufmanne, so am Neustädtischen Ringe gewohnt, ein seltsames Poltern und ungewöhnliches Werfen erhoben. Darauf hat ein unruhiger Poltergeist am hellen Mittage nicht nur die Speisen vom Tische, die Gläser und Schüsseln von den Leisten geworfen und zerbrochen, die Fenster mit Steinen zerschlagen und allerlei Unfug angerichtet, sondern auch dem Söhnlein derselben Leute, welches dreizehn Jahr alt gewesen, allerlei Schmerzen zugefügt, ihn oft darnieder geworfen und sich ihm bald in der Gestalt eines Bockes, Rehes, Vogels, bald eines andern Thieres vorgezeigt. Dieses Poltern hat nun aber Tag für Tag über ein Vierteljahr gewährt, bis endlich durch fleißiges Fürbitten in der Kirche und andächtiges Gebet der Eheleute im Hause sich solches etwas gestillt. Die Ursache dieses unruhigen Wesens hat man einer Magd im Hause beigemessen, welche mit einem Windelbande allerlei Gaukelei vorgehabt, weshalb sie gefänglich eingezogen, aber da sich inzwischen Alles beruhigt und sie auch in der Tortur nicht hat bekennen wollen, endlich auf freien Fuß gesetzt worden ist.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 534.
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