616. Dreifacher Adlerkampf.

[588] (S. Prätorius, Abenteuerischer Glückstopf o.O. 1669 in 8°. S. 316 etc. u.G.R. Curicke, d. St. Danzig histor. Beschreibung. Amst. u. Danzig 1687 in Fol. S. 429-431 [mit Abbild.])


Am 6. Januar 1666, als am h. Dreikönigstag, an welchem auch eine unsichtbare Sonnenfinsterniß eingefallen ist, hat man in der Gegend des Dorfes Kalitzke, anderthalb Meilen von Danzig, einen Musquetenschuß weit von der See, zwei an diesem Orte sonst ungewöhnliche Vögel, zwei große Steinadler, zwei Ellen hoch, an den Flügeln vier Ellen breit, an Farbe und[588] Federn über den ganzen Leib fahl, an den Schwänzen weiß, an Schnäbeln und Füßen aber gelb wahrgenommen. Einige Fischer, welche dort nicht weit vom Strande gefischt haben, sind durch das Geschrei der Adler über sich und durch ihr Herumfliegen über sich auf sie aufmerksam geworden, wie dieselben von 1 bis 1/2 3 Uhr mit einander in der Luft über der See über alle Maßen hart gekämpft und gestritten, auch den Anfang ihres Streites mit sonderlichem Geschrei gemacht haben, nicht anders wie zwei erfahrene Kriegsleute gegen einander gezogen und im Fliegen gesucht einer dem andern den schon erlangten Vortheil abzujagen, wie sie denn einander hart zugesetzt und sich einander muthig zur Gegenwehr gestellt, also daß Niemand vermuthen können, wer von beiden zuerst obsiegen werde. Diesmal sind sie jedoch auf eine kleine Zeit von einander gerathen, bald aber wieder an einander gekommen, da sie sich dann heftiger als zuvor angefallen und dermaßen angegriffen haben, daß die Federn in der Luft häufig von ihnen geflogen und in großer Menge in die See gefallen sind. Nach einer halben Stunde sind sie wieder von einander gekommen, als sie nun aber zum dritten Mal wieder zusammengeriethen, ist der Streit und Kampf zum härtesten angegangen. Dies haben gedachte Fischer mit großer Verwunderung angesehen, wie die Adler mit Beißen, Stoßen und Reißen eine gute Weile zugebracht und einer den andern zuletzt mit den Klauen und Schnäbeln zu fassen bekommen und in der Luft sich beide dermaßen gefaßt und herumgetummelt, bis der eine des andern Schnabel fest gefaßt, die Klauen in dessen Brust gesetzt und ihn also unter sich bekommen, auch in der Luft eine gute Weile schwebend gehalten, weil er ihn aber wegen der Schwere nicht länger zu halten vermocht, ihn darnach nicht loslassen wollen, sondern ist mit ihm in die See einen Musquetenschuß weit vom Strande niedergefallen. Als nun solches Niederfallen die Fischer, so allda gefischt, gesehen, sind sie näher hinzugefahren um zu sehen, wie es endlich mit diesen streitenden Vögeln im Wasser ablaufen würde; wie sie nun näher zu denselben gekommen, sind sie gewahr worden, wie der Ueberwinder den Ueberwundenen unter sich gehabt und also denselben einmal über das andere ins Wasser getunkt, so hat auch der Ueberwinder dem andern ein ziemliches Loch in den Kopf gebissen, wiewohl ihm dasselbe den Tod nicht verursacht, sondern er ist von dem andern in der See ersäuft worden, hat ihn aber nicht loslassen wollen, sondern immer festgehalten, und ist also auf ihm sitzen geblieben, hat auch, da die Fischer zu ihm gekommen, von dem andern nicht loskommen können, weil sie mit den Klauen so fest in einander verwickelt gewesen, worauf jene sich des lebendigen wiewohl mit großer Mühe bemächtigt und ihn endlich bekommen, und beide, sowohl den lebendigen (das Weibchen) als den todten (das Männchen) den 7. Januar hierher nach Danzig gebracht, wacker Geld dafür eingestrichen und sie zuletzt der Regierung verehrt haben. Ebenso sind im Jahre 1682 in der Danziger Nehrung wiederum zwei Adler, die sich beim Kampfe mit den Klauen und Schnäbeln so in einander verwickelt gehabt, daß sie lebendig zur Erde gefallen, von den Bauern gefangen und nach Danzig in das Haus des Bürgermeister Nehring gebracht worden.

Ein solcher Adlerkampf ist aber schon lange vorher den 2. April 1655 zwischen den beiden Dörfern Zitzo und Sagers, 3 Meilen von Danzig, beobachtet worden, wo von 5-6 Uhr des Nachmittags zwei Adler, der eine[589] von der Seekante her, der andere aus Kassuben auf einander zugeflogen, einander angefallen und mit ihren Schnäbeln und Klauen einander zugesetzt, dreimal gegen einander gerannt und dreimal wieder von einander losgekommen sind, bis endlich der eine den andern unter sich bekommen, eine Zeit lang in der Luft schwebend gehalten, dann aber mit ihm zur Erde hinabgefallen ist. Dort haben sich beide so fest gehalten, daß man sie nicht hat von einander bringen können, man hat also den Ueberwinder erschlagen und den Ueberwundenen beim Leben erhalten.

Auf gleiche Weise haben am 24. August des Jahres 1682 zwei Schwertfische, der eine 11, der andere 8 Schuh lang, an der Mündung der Weichsel so hart auf einander gefochten, daß man die Schwerter anschlagen gehört, der große hatte den kleinen erstochen und ist fortgeschwommen, aber später durch Fischer todt am Strande gefunden worden, denn der kleine hatte ihm die rechte Floßfeder hinter dem Auge abgehauen, und der kleine war gleich nach beendigtem Kampfe todt ans Ufer geschwommen.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 588-590.
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