668. Wie ein Dieb mit Hilfe des Teufels aus dem Gefängniß kommt.

[618] (S. Hennenberger S. 468.)


Im Jahre 1576 ist zu Waldau ein junger Knecht wegen Diebstahls gefänglich eingezogen worden, ist aber ohne Verletzung der Thüre und des Schlosses wunderlicher Weise herausgekommen. Er lief davon bis nach Hohenrad, trieb dann abermals Dieberei, ward zu Guxtern ergriffen und zum andern Mal gen Waldau in das Gefängniß gebracht. In der Urgicht aber, nachdem er gefragt ward, wie er aus dem Gefängniß gekommen, hat er bekannt, seine Mutter habe ihn von Jugend auf gelehrt, sich mit etlichen Worten dem Satan zu ergeben, und ihm zu befehlen, daß er, der Satan, wenn er in ein Gefängniß gekommen sei, dies seiner Mutter melden und sie bitten solle, sie möge zu ihm kommen und ihm aus dem Gefängniß helfen.[618] Solches habe er viel und oft versucht und seine Mutter sei zu ihm in Gestalt eines Raben gekommen und habe unvernehmliche Worte geredet, ihn aber aus dem Gefängniß herausgebracht. Das letzte Mal aber, wo er zu Waldau zum andern Male eingezogen ward, hat ihm dies nichts helfen wollen und er ist seiner Dieberei wegen hingerichtet worden. Er hat auch bekannt, daß ihm seine Mutter ein Kraut gegeben, wenn er damit verschlossene Schlösser angerührt, seien diese aufgesprungen. Er hatte von ihr auch ein Senkel, wenn er ein Ende davon in ein Schloß gesteckt hat, ist solches aufgegangen, seine Mutter hatte ihm befohlen, dies fleißig zu verwahren, allein er hat es zu Hohenrad im Kruge, wo er mit einer Magd Unzucht trieb, verloren.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 618-619.
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